Hutch 06 - Hexenkessel
er andere. Als er endlich wieder im Büro war, waren bis auf Emma und den technischen Analysten längst alle fort.
Emma steckte den Kopf zu ihm herein, erkundigte sich, wie es gelaufen sei, und meinte, sie sei mit seiner Leistung zufrieden. Und tatsächlich war es ein guter Tag gewesen. Zwar waren keine Käufe abgeschlossen worden, aber gleich zwei standen auf der Schwelle zum Abschluss. Und ein Kunde, von dem sie gedacht hatten, er würde abspringen, hielt doch weiter durch. Dennoch hing noch immer eine düstere Wolke über Matts Kopf, und er war nicht sicher, ob das an Reyna lag oder an dem Debakel mit der Happy Times. Schlimmer noch, er verstand einfach nicht, warum der Fehlschlag des Locarno-Tests ihm so zu schaffen machte.
Wieder und wieder sagte Matt sich, dass dies ein guter Tag war. Aber er empfand nicht eine Spur von Hochgefühl. Er war zwar durchaus imstande, ein Wohlgefühl zu entwickeln. Aber ein Hochgefühl? Hochgefühle waren ein Relikt der Vergangenheit. Eine Frau beispielsweise, die ihm den Atem raubte. Oder vielleicht ein Flug durch ein System von Monden und Ringen und spektralen Lichterscheinungen. Im Lauf der Jahre war Matt nach einem erfolgreichen Tag meist ausgegangen und hatte mit Emma und den anderen gefeiert. Sie waren zu Christy’s gegangen und hatten miteinander angestoßen, wie es die Forscher stets getan hatten, wenn sie lebendige Zellen auf einer fernen Welt entdeckt hatte. Matt hatte bei diesen Feiern nur nie viel empfunden.
»Ich muss los«, sagte Emma. »Wir haben Karten für Gruppensex.« Die Show, natürlich. Ein Live-Musical im Carpathian. »Übrigens, haben Sie heute irgendwelche Nachrichten verfolgt? Anscheinend wollen sie den neuen Raumschiffantrieb aufgeben.«
»Warum?«, fragte er. »Haben sie das gesagt?«
»Ich schätze, weil alle sagen, er werde wohl nicht funktionieren.« Sie sagte gute Nacht. Minuten später war sie fort. Matt schaltete die Nachrichten ein, wies die KI an, ihm Beiträge über den Locarno zu zeigen, und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein.
SILVESTRI BEHARRT AUF FUNKTIONSTÜCHTIGKEIT, meldete der Capital Express.
Die Post- Schlagzeile lautete: LOCARNO MACHT BRUCH.
Die London Times schrieb: AMTRIEB EIN FIASKO.
Der Kommentar war entsprechend: RAUMANTRIEBSSYSTEM SOLLTE VERSCHROTTET WERDEN. WOHIN FÜHRT DER WEG VON NUN AN?
Matt fand ein Interview mit einem Sprecher von Prometheus. Der Kerl war klein, ausgezehrt und sah müde aus. Aber er behauptete, die Foundation habe noch keine Entscheidung getroffen. »Wir sind immer noch dabei, unsere Möglichkeiten zu prüfen. «
Werde denn die Foundation ihr verbliebenes Schiff bei einem weiteren Testflug riskieren? »Möglich ist alles.«
Der Mann von Prometheus konnte sagen, was er wollte, die Signale waren doch zu leicht zu verstehen. Solange niemand zu Hilfe eilte, war der Locarno tot.
Zwei Personen, Männlein und Weiblein, diskutierten den Antrieb selbst auf The Agenda. Beide wurden als Physiker vorgestellt und behaupteten, sie hätten sich die Theorie zu Gemüte geführt. Beide bezeichneten sie als fehlerhaft. Oberflächlich betrachtet, so resümierte die Frau, sehe diese Theorie ja gut aus, aber sie vernachlässige den Magruder-Effekt. Die Frau war allerdings nicht imstande, den Magruder-Effekt auf eine Weise zu erklären, die für Matt durchschaubar gewesen wäre. Ihr Kollege aber gab ihr Recht und fügte hinzu, Silvestri habe auch keine ausreichende Flexibilität für den erforderlichen Level interdimensionaler Konnektivität berücksichtigt. »Man könnte ein Schiff schon zum Pluto schicken«, sagte er. »Aber man würde es nicht mehr erkennen, wenn es dort ist.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte der Interviewer.
»Es würde von den hypertronischen Kräften verbogen werden. Genau das ist der Happy Times widerfahren.«
»Jenny«, sagte Matt zu seiner KI, »gib mir alles, was du über Jonathan Silvestri hast. Über seinen Ruf als Wissenschaftler.«
»Einen Moment«, sagte sie. Dann: »Wo möchten Sie beginnen?«
Der einzige Physiker, den Matt kannte und der seinen Beruf auch ausübte, war Troy Sully. Matt hatte ihm zwei Jahre zuvor eine Villa außerhalb von Alexandria verkauft. Sully arbeitete bei Prescott Industries, einem Unternehmen, das eine Vielzahl verschiedener elektronischer Geräte herstellte. Er war aus Nordfrankreich in die NAU gekommen in der Erwartung, nur ein Jahr zu bleiben. Stattdessen hatte er seine Seelenverwandte getroffen – so hatte er die Frau seines Lebens genannt, Matt
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