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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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Sorgen.»
    «Mir passiert nichts, Mom.»
    «Na gut, aber geht nicht zu weit.»
    «Machen wir nicht», sagte Gray.
    «Und bleibt nicht so lange weg.»
    «Machen wir nicht», sagte Luke.
    Gina und ihr rumorender Magen machten sich zügig auf den Weg zum Motel, Gray und Luke bogen dagegen in eine Seitenstraße ein. Zwei- und Vierfamilienhäuser wechselten mit kleinen Gebäuden in allen Farben und Stilrichtungen ab. Die Grundstücke waren klein, meist ohne Garten, alles wirkte eng zusammengedrängt.
    Ohne es zu bemerken, kamen sie an dem ehemals gelben, jetzt weiß gestrichenen Bungalow vorbei, in dem Norman und seine Frau gelebt hatten.
    Überall herrschte eine gemächliche Sonntagsstimmung. Eine alte Dame führte ihren Hund aus. Eine dicke schwarze Katze döste auf einem Fensterbrett. Ein verkaterter Typ wusch seinen verbeulten Wagen, und das Wasser lief die Bordsteinkante entlang. Die Straße wand sich den Hügel hoch und führte sie schließlich zur Lagune. Luke sah den großen weißen Vogel im seichten Wasser nach Beute suchen.
    Seit sie sich von Gina getrennt hatten, hatten sie kein Wort mehr gewechselt.
    «Du redest nicht so viel, stimmt’s?», fragte Luke.
    Gray sah ernst zu Luke hinunter und schüttelte den Kopf; dann mussten beide lachen.
    «Stört dich das?»
    «Nein. Mom redet die ganze Zeit. Das nervt total.»
    «Deine Mom ist etwas Besonderes, das weißt du doch?»
    «Glaubst du das wirklich?»
    «O ja.»
    «Woher willst du das denn wissen? Ihr seid euch doch gerade erst begegnet.»
    «Manchmal weiß man so was eben.»
    «Wie ist deine Mom denn so?»
    «Sie ist schon vor langer Zeit gestorben.»
    «Und dein Dad?»
    «Der ist auch schon tot.»
    Drei Enten glitten zusammen mit ihrem Spiegelbild über die Lagune. Am Ufer stand hier und da Gras, zwei bis drei Meter hoch. Ein Windstoß fuhr in das Gras hinein und ließ die Schatten der Halme wie Flammen tanzen. Ein Mann in lumpiger Kleidung hatte sich zwischen ihnen schlafen gelegt. Im Wind machten die Halme ein zischendes Geräusch; die beiden gingen schweigend an dem Mann vorbei.
    «Mein Dad ist im Gefängnis», sagte Luke.
    Gray ließ den Satz sacken. Er sah Luke an.
    «Muss er lange Zeit dortbleiben?»
    «Ja.»
    «Fehlt er dir?»
    «Manchmal. Manchmal war er toll. Er konnte Witze erzählen, und wir sind zum Bowling gegangen, und er hat Videospiele mit mir gespielt. Und ich habe immer gewonnen.»
    «Aber manchmal war er nicht so toll?»
    «Er war gemein zu Mom. Wenn er wütend war, hat er sie geschlagen. Aber sie hat alles nur noch schlimmer gemacht.»
    «Wie denn?»
    «Sie hat sich gewehrt. Sie hat ihn beschimpft und ihm ins Gesicht gespuckt. Dann ist er noch wütender geworden und hat sie wieder geschlagen. Und sie hat trotzdem immer weiter geschimpft.»
    «Das tut mir leid, Luke. Muss ’ne schlimme Zeit gewesen sein.»
    Anscheinend hatte Luke noch mehr auf dem Herzen, aber er sprach nicht weiter, und Gray fand es nicht richtig, ihn zu bedrängen.
    «Gray?»
    «Ja?»
    «Diese Sache mit Dad, das soll keiner wissen. Sag Mom nicht, dass ich dir davon erzählt habe, okay?»
    «Okay.»
    Sie umrundeten die Lagune und gingen am Spielplatz vorbei; es war so schön im Park, dass sie sich an einen der Picknicktische setzten, um die Atmosphäre zu genießen. Auf den Schaukeln und Wippen saßen Kinder. Zwei schlaksige Typen warfen sich eine orange Frisbeescheibe zu. Ein halbes Dutzend Jungen spielte Fußball. Ein Latinopärchen lag schmusend auf einer Decke im Gras. Alles in der milden Novembersonne, unter einem endlos blauen Himmel.
    Dann kamen Quex und Stitch.
    In ihren Springerstiefeln gingen sie über den Rasen. Sagten etwas zu dem schmusenden Pärchen und lachten. Der Junge warf ihnen einen wütenden Blick hinterher, das Mädchen schien verängstigt. Sie hatten den Hund dabei. Den räudigen Schlittenhundmischling. Mit seinem Würgehalsband kroch er an einer langen Leine hinter ihnen her. Die beiden setzten sich in den Schatten des alleinstehenden Baumes. Sie hatten Coladosen und weiße Tragetaschen mitgebracht, aus denen sie Burger, Pommes frites und Zwiebelringe hervorholten.
    Die Teenager rollten ihre Decke auf und gingen.
    «Das ist dein Baum», sagte Luke.
    «Er gehört mir aber nicht.»
    «Aber du machst da doch dieses Qigong.»
    «Meinetwegen dürfen sie da sitzen. Ausnahmsweise.»
    Quex und Stitch schmierten Ketchup aus kleinen Aluminiumtütchen auf die Zwiebelringe und ihre Pommes. Während sie aßen, stand der Hund neben ihnen und schaute gebannt zu.

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