Hyänen
sich gleichzeitig aber aus der Affäre gezogen. Er wollte keinerlei Verantwortung übernehmen: Ohne Bypass würden er und sein Herz bald das Zeitliche segnen. Aber er hatte keine Zeit, sich einen Bypass legen zu lassen. Er schraubte die Wasserflasche auf und spülte die Pillen hinunter.
«Wir biegen ab auf den Lincoln Highway», sagte er.
Ronnie nickte.
Was für ein geiles Gefühl! So lange hatte er sich den Arsch aufgerissen und war drangeblieben, und jetzt kam die Belohnung. Diamanten. Thailand. Zwölf Jahre alte Muschis.
Little Feat! So hießen sie. Die Band, die den Song gemacht hatte, in dem Tucumcari vorkam.
I’ve been from Tucson to Tucumcari, Tehachapi to Tonopah …
I’ve been from Thailand to Tucumcari …
«Frank?», fragte Ronnie.
«Ja?»
«Die Alte, die wir plattmachen sollen?»
«Ja?»
«Meinst du, ich kann sie vorher noch ficken?»
«Das sehen wir dann.»
Ronnie grinste. Schlug mit dem Handballen aufs Lenkrad.
«Heilige Scheiße!»
«Aber der Junge ist tabu. Den rührt keiner an.»
«Kleine Jungs gehn mir am Arsch vorbei.»
Ter Horsts Handy klingelte. Dees Nummer wurde angezeigt. Seine Tochter.
«Hallo, Schatz! Brauchst du mal wieder –?» Geld wollte er sagen, denn das herzallerliebste Kind rief ihn seit langem nur aus einem Grund an: wenn sie pleite war. Aber er hörte sie weinen und sprach den Satz nicht zu Ende.
«Dee? Dee? Bist du das? Was ist los?»
Das Weinen verstummte, er hörte nur noch einzelne Schluchzer.
«Dee! Dee!»
«Frank ter Horst?»
Das war eine Männerstimme.
«Wer spricht denn da?»
Die Stimme sagte: «Lass sie noch mal schreien», und ter Horst hörte seine Tochter und griff sich keuchend an die Brust.
Ronnie blickte zu ihm hinüber. Seine kleinen Schweinsäuglein sahen verwirrt aus. «Was ist denn los, zum Teufel?»
«Bist du Frank ter Horst?»
«Ja!»
«Wir haben deine Tochter. Wenn du sie lebend wiedersehen willst, tust du am besten genau das, was ich dir sage.»
«Woher weiß ich, dass sie es ist? Das kann doch jeder sein.»
«Einen Moment», sagte Markus Groh. Er war im Dodge Neon unterwegs in Richtung Kalifornien. Sie hatten Oklahoma City verlassen und fuhren zügig den Highway 77 hinunter. Auf der Rückbank saß Bulgakov, und seine beiden Füße ruhten in Springerstiefeln auf Dee ter Horst. Sie hatten ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt, die Fußgelenke ebenfalls, so lag sie im Fußraum. Ihre Bluse und ihr BH waren hochgeschoben und entblößten ihre Brüste. Groh gab Bulgakov das Telefon.
«Sprich mit deinem Vater», sagte Groh zu Dee, und Bulgakov hielt das Telefon an ihr Ohr.
«Daddy?»
«Dee!»
«Sie tun mir weh, Daddy! Bitte tu was!»
«Das mach ich, Baby!», schrie ter Horst. Sein schwaches Herz pochte. «Keine Angst!»
Bulgakov gab Groh das Telefon zurück.
«Frank? Kann ich jetzt mit deiner Hilfe rechnen?»
«Ja, was immer ihr wollt. Was soll ich tun?»
«Ich will Gina und Luke. Weißt du, wo sie sind?»
«In L.A.»
«Gesund und munter?»
«Ja.»
«Und wo bist du?»
«Ich bin auch in L.A. Ich wollte sie gerade schnappen. Arbeitet ihr für Cicala?»
«Ich nehme an, du ortest sie mit einem GPS -Sender, der in ihrem Wagen angebracht ist.»
«Stimmt genau.»
«Dann bleib ihr auf den Fersen, aber du unternimmst nichts. So lange, bis wir da sind. Oder wir töten deine Tochter. Ist das klar?»
«Ja. Kann ich noch mal mit ihr sprechen?»
«Jetzt nicht. Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen. Wir wollen weder ihr noch dir etwas antun. Uns geht es nur um Gina und Luke. Klar?»
«Klar.»
«Ich melde mich dann mit weiteren Anweisungen.»
Groh drückte den roten Knopf. Er war erschöpft. Seit Tagen hatte er kaum geschlafen. Von Bogotá nach Miami nach Atlanta nach Oklahoma City. Und jetzt nach L.A. Er steckte sich eine 4 Ever-Fit-Koffeintablette in den Mund und kaute. Vom Rücksitz hörte er leises Weinen.
Bulgakov sah auf Dee hinab. Folter war doch so einfach. Man brauchte keine komplizierten elektrischen Geräte oder stählernen Firlefanz mit Schrauben und Nägeln. Ihm war noch kein Mann begegnet, den er nicht innerhalb von zehn Minuten mit einer Kombizange zum Reden gebracht hätte. Meistens musste er die Zange nicht einmal benutzen. Er brauchte nur die Hoden in die eine Hand zu nehmen und mit der anderen die Zange hochzuhalten, das wirkte meist Wunder. Frauen waren manchmal nicht so leicht zu überzeugen. Dann nahm man sich am besten einen Angehörigen zur Brust, Ehemann, Kind, Bruder, Mutter, oder auch
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