Hybrid
davon aus, dass Sie Tom Hiller und Juli Thomas sind. Ich wusste, dass ich wieder von Ihnen hören würde. Dass Sie es allerdings geschafft haben, diese Anlage zu finden und hier einzudringen, nötigt mir Respekt ab.« Der Mann setzte sich auf die Ecke seines Schreibtischs und zündete sich eine Zigarette an. »Wer ich bin, tut zunächst nicht viel zur Sache, Sie können mich Luc nennen. Wie ich sehe, Herr Hiller, haben Sie eine Kamera dabei, vermutlich haben Sie ein ganz besonderes Interesse an dieser Anlage. Sie haben sich ja auch schon ein wenig umgesehen, wie wir auf den Monitoren unserer Überwachungskameras beobachten konnten. Verraten Sie mir, wie Sie hier hineingekommen sind?«
Tom schwieg.
Der Mann zog an seiner Zigarette. »Nun, das klären wir vielleicht später, nicht wahr? Wie gefällt Ihnen unser Labor?«
»Es ist entsetzlich!«, platzte Juli heraus.
»So, entsetzlich?« Der Mann schmunzelte. »Dabei haben Sie nicht einmal die Hälfte gesehen. Ich gebe zu, dass es auch einige unschöne Anblicke gibt. Das hat die Biologie so an sich. Gewebe, Sekrete und so weiter. Aber wissenschaftlich betrachtet, ist diese Anlage ein Wunder. Wissen Sie, was wir hier tun?«
»Sie machen Menschenversuche«, antwortete Juli.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Nein, wir verändern die Welt. Sehen Sie, das ist der Unterschied zwischen Wissenschaftlern und normalen Menschen wie Sie, Ihr Freund dort oder ich. Ich schließe mich da durchaus mit ein, schließlich habe ich das auch erst gelernt. Während normale Menschen ihr direktes Umfeld erfassen, denkt die Wissenschaft in viel größeren Zusammenhängen.«
»So groß können Zusammenhänge nicht sein, dass sie die Moral außer Kraft setzen könnten«, hielt Juli dagegen.
»Moral?« Der Mann lachte auf. »Etwas Besseres fällt Ihnen nicht ein? Das ist es, was ich meinte, als ich sagte, Menschen beschränkten sich auf ihr direktes Umfeld. Mit Moral können Sie in jede Argumentation einsteigen, gewinnen werden Sie damit aber niemals. Ist es gegen die Moral, Medikamente an einem Dutzend Tieren zu testen, um damit Tausende von Menschen zu retten? Ist es gegen die Moral, einen Menschen zu töten, der ansonsten Zehntausende in den Krieg führen würde? Ein Dilemma, dem Sie, Frau Thomas, mit Ihrer eingeengten Betrachtungsweise nicht entfliehen können. Wie niemand in der christlichen Welt. Wäre es denn nicht auch gegen die Moral, ein Menschenopfer zu fordern, um Loyalität auf die Probe zu stellen? Und wäre es nicht auch unmoralisch, den eigenen Sohn am Kreuz sterben zu lassen, um die Menschenrasse zu erlösen?«
Luc stand auf und ging auf Juli und Tom zu.
»Nein, mit Moral werden Sie nicht weiterkommen. Wie auch die Menschheit nicht weiterkommt. Die ganze Wissenschaft wäre schon erheblich weiter, wenn wir uns nicht von moralischen Fragen bremsen lassen würden. Sie sind das Einzige, das zwischen uns und den größten Errungenschaften stehen. Errungenschaften, die unser aller Leben, das von Millionen und Milliarden Menschen verbessern könnte. Leben retten könnte. Nur, indem wir uns von moralischen Betrachtungen befreien, indem wir ungehemmt über das ›Waswärewenn?‹ nachdenken und mutig handeln, können wir unser Potenzial befreien.«
»Waren Sie früher einmal Wanderprediger?«, fragte Tom. Aber der Mann ignorierte ihn.
»Aber natürlich haben Sie keine Ahnung, was wir hier leisten, dafür war Ihr Besuch ja bisher viel zu kurz. Ich erzähle Ihnen einfach ein bisschen. Ich weiß natürlich, dass es schon spät ist. Bitte unterbrechen Sie mich, wenn Sie das Gefühl haben, ich würde Sie langweilen. Ja?«
Er lächelte und sah von einem zum anderen.
»Gut, Ihr Schweigen fasse ich als Interesse auf.« Er ging zum Schreibtisch zurück und setzte sich dort wieder auf die Ecke der Tischplatte. »Ich würde Ihnen gerne eine tolle multimediale Präsentation vorführen oder mit Ihnen eine Tour durch unsere Labore machen. Aber wie mir scheint, sind Sie beide etwas zart besaitet, sodass es vermutlich wenig gewinnbringend wäre. Bleiben wir also hier in diesem Büro. Und am Ende des Gesprächs überlegen wir gemeinsam, wie es weitergehen soll, einverstanden?«
Er drehte sich halb herum und drückte seine Zigarette in einem Aschenbecher aus.
»Angefangen hat unsere Arbeit bereits vor Jahrzehnten. Damals mit Grundlagenforschung, wenn Sie so wollen. Und noch dazu zunächst auf einem ganz anderen Gebiet: Krebsforschung. Wir investieren auch heute noch viel in diesen Sektor,
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