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Hymne an Die Nacht

Hymne an Die Nacht

Titel: Hymne an Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Madsack
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klingelte. »Ja, Maria?«
    »Es gibt eine Unwetterwarnung«, sagte sie. »Man erwartet Schneefall in den höheren Lagen. Haben Sie einen Geländewagen? Sie könnten sonst auch mit dem Bus mitfahren, der die Crew nach oben bringt, es gäbe noch Platz.«
    Er lächelte. »Danke, Maria, aber wir haben einen Geländewagen.«
    »Was wollte sie?« Joanna legte erneut die Stirn in Falten.
    »Sie wollte mich darauf vorbereiten, dass es oben in Poiana Brasov schneien könnte.«
    »Sehr fürsorglich von ihr.« Joanna verzog ironisch den Mund.
    »Ja, das finde ich auch«, erwiderte er lediglich.
     
    Um halb acht klopfte Stanislaw bei Joanna. »Bist du bereit?«, fragte er durch die Zimmertür.
    »Ich komme gleich«, rief sie, »fahrt schon mal nach unten.«
    Achselzuckend wandte er sich zum Lift, Igor tänzelte voraus. Auf dem Weg nach unten schärfte Stanislaw ihm ein, dass ihm der Ruf vorauseile, ein besonders gut erzogener irischer Wolfshund zu sein, und dass genau das an diesem Abend im Kreis von fremden Menschen von ihm erwartet werde. Als Zeichen, dass er verstanden hatte, klappte Igor die fellbedeckten Spitzohren nach vorne.
    Während Stanislaw am Eingang wartete, kamen einige jüngere Leute an ihm vorbei, die offensichtlich zum Filmteam gehörten, denn vor der Tür wartete ein Bus mit dem Signet von Radu Nicolescus Produktionsfirma. Alle wirkten ausgelassen und heiter, man merkte ihnen die Erleichterung über die vollendete Arbeit deutlich an.
    Im nächsten Moment öffnete sich der Lift, und Joanna trat heraus. Igor lief ihr entgegen, blieb aber auf halbem Weg stehen. Stanislaw schnupperte. Seine Tochter hatte ein Parfüm aufgelegt, das ein ganzes Rudel Wölfe in die Flucht geschlagen hätte.
    »Was ist denn?«, fragte sie verwundert, als sie die Eingangstür erreicht hatte.
    Er verzog das Gesicht.
    »Du riechst wie ein orientalischer Basar, wie heißt denn dieses Gift?«
    »L’heure obscure«, erwiderte sie mit verdrossener Miene und nannte den Namen eines bekannten französischen Parfümherstellers. »Ich habe es vor dem Abflug nach Bukarest im Duty-free-Shop gekauft.«
    »Ah, die dunkle Stunde, sehr passend für so einen nächtlichen Ausflug, aber vielleicht nicht ganz so passend für jemand wie dich, wenn ich mir diese kritische Bemerkung erlauben darf.«
    »Darfst du nicht«, grollte sie. »Lass uns gehen.«
    Er musterte sie von oben bis unten, und sein Blick zwang sie stehen zu bleiben. Die rotblonden Locken kringelten sich im Nacken zu einem scheinbar nachlässig arrangierten Gebilde, die rauchig umschatteten Augen schimmerten wie tiefes grünes Wasser. Noch nie hatte sie ihn so sehr an ihre Mutter Clarice erinnert wie in diesem Moment.
    Stanislaw deutete auf ihre hochhackigen Stiefel. »Damit wirst du im Schnee nicht weit kommen.«
    »Muss ich auch nicht. Entweder fahren wir direkt bis vor die Tür, oder du trägst mich, was dir mit deinen Vampirkräften ja nicht schwerfallen dürfte.«
    Stanislaw verdrehte die Augen und fragte sich, was sie unter dem Steppmantel trug.
     
    Die Straße nach Poiana Brasov führte direkt von der unteren Stadt hinauf und wand sich in langen Serpentinen bis zur Anhöhe. Es war eine Neumondnacht, in der nur die wenigen entgegenkommenden Fahrzeugen etwas Licht spendeten, sonst war es sehr dunkel und sehr still. Schneeflocken tanzten wie zarte Federn vor der Windschutzscheibe.
    Joanna rutschte in ihrem Sitz hin und her. »Was ist?«, fragte Stanislaw.
    Sie deutete nach draußen. »Diese Wälder machen mir Angst, sie wirken so undurchdringlich. Hoffentlich sind wir bald da.«
    Fröstelnd kuschelte sie sich in ihren Mantel, und Stanislaw schaltete die Sitzheizung ein. »Es ist nicht mehr weit«, murmelte er. Bald darauf tauchte ein Straßenschild auf. Bis nach Poiana Brasov waren es noch drei Kilometer.
    Joanna atmete auf. »Gott sei Dank, ich dachte, diese Fahrt würde niemals enden. Hoffentlich finden wir Vadims Haus dort oben.«
    »Bisher habe ich noch alles gefunden, was ich suchte.«
    »Falls nicht, kannst du ja deine neue Freundin Maria anrufen.«
    Er zog die Brauen hoch, sagte aber nichts. Dann beschleunigte er kurz, nahm die letzten Kurven und ließ den Wagen sachte ausrollen. »Wir sind da. Das ist Poiana Brasov.«
    »Wie?« Sie blickte hinaus in die Dunkelheit.
    »Was hast du erwartet? Es ist noch tote Saison, fast alle Hotels und Restaurants sind zurzeit geschlossen. Und die wenigen privaten Eigentümer, die hier ihren Feriensitz haben, werden auch erst gegen Ende des Monats

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