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Hymne an Die Nacht

Hymne an Die Nacht

Titel: Hymne an Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Madsack
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wollte. Außerdem bewegte sie sich jetzt auf heiklem Terrain.
    Vadim trank einen Schluck und sagte leichthin: »Diese Filme spielen viel Geld ein, denn das Publikum liebt sie nach wie vor. Die überlieferten Mythen sind hier eben nicht totzukriegen.«
    Er machte eine Pause und schob den Teller zur Seite. Während er nach seinen Zigaretten griff, fuhr er fort: »Ich sollte dir das eigentlich nicht verraten, aber ich selbst kann mit dem Thema nichts anfangen, für mich ist das alles Schall und Rauch. Für die Medien tue ich so, als sei ich irgendwie fasziniert davon, aber ich lebe im Hier und Jetzt, nicht in irgendwelchen alten Geschichten, von denen die Tourismusbranche profitiert. Und ich natürlich auch, wie ich zugebe. Nicht gerade konsequent, ich weiß.«
    Joanna schluckte trocken und blickte aus dem Fenster, damit er im Widerschein des Windlichts ihre Augen nicht sehen konnte. Plötzlich fühlte sie sich elend, der Zauber des Moments schien gebrochen. Doch dann rutschte er zu ihr herüber, nahm sie in die Arme und flüsterte: »Was ist mit dir? Haben dich meine offenen Worte verstört?«
    Bevor sie etwas erwidern konnte, vernahm sie von draußen ein Geräusch. Etwas, das nicht hierhergehörte, hatte sich bewegt, so kam es ihr zumindest vor, aber vielleicht waren es nur ihre überreizten Sinne, die ihr etwas vorgaukelten. Behutsam befreite sie sich aus Vadims Umarmung, spähte hinaus und lauschte, doch da war nichts.
    Sie kuschelte sich wieder in seine Arme, froh über seine Nähe. »Es sind nur die Geräusche der Nacht«, murmelte sie, »noch dazu in den Karpaten.«
    Seine Hände strichen über ihr Haar. »Kann es sein, dass meine kleine Joanna sich tatsächlich vor Vampiren fürchtet?« Sanfter Spott war aus seiner Stimme herauszuhören.
    Nur vor einem, dachte sie, und der ist hoffentlich sehr weit weg. Sie wandte ihm das Gesicht zu. »Hör auf damit«, sagte sie leise, »küss mich lieber im Hier und Jetzt!«
    Er nahm ihren Kopf zwischen beide Hände, sah sie an und teilte ihre Lippen mit seinen. Es war der erste richtige Kuss zwischen ihnen, ein erstes Erleben von ganz anderer Nähe nach der fiebrigen Vereinigung ihrer Körper an diesem Nachmittag. Langsam und zögernd, als seien sie sich ihres Tuns noch nicht sicher, lösten sie sich wieder voneinander.
    Joanna zuckte zusammen, als das Summen von Vadims Mobiltelefon die nächtliche Stille durchbrach.
    »Das war Cornel«, sagte Vadim, nachdem er die Nachricht gelesen hatte, »er will wissen, ob alles in Ordnung ist.« Er tippte eine kurze Antwort ein. »Lass uns zurückfahren«, schlug er vor, »die Nacht wird jetzt immer kälter.«
    »Einverstanden«, erwiderte sie, »obwohl ich mich am Anblick dieses Mondes nicht sattsehen kann.«
    »Mondsüchtig, meine Süße?«, fragte er. Gemeinsam verstauten sie alles wieder im Picknickkoffer, und Vadim klappte den Tisch zusammen. Sie stiegen aus, um sich nach vorne zu setzen, und in dem Moment sah sie den Wolf.
    Es war ein sehr großes Tier, vermutlich der Rudelführer. Er war weniger als fünfzig Meter von ihnen entfernt. Reglos und mit erhobenem Kopf stand er unter einem einzelnen Baum und blickte zu ihnen herüber. Der Geruch des Essens musste ihn angelockt haben.
    »Ein Wolf«, murmelte sie.
    Vadim erstarrte, dann spannte sich sein Rücken.
    »Bleib ganz ruhig stehen«, flüsterte er ihr zu. »Steig erst wieder ein, wenn ich es dir sage.« In Zeitlupe langte er in seine Weste. Joannas Augen begegneten denen des Tieres, die im Mondlicht glitzerten. Aus einem Schulterholster zog Vadim langsam eine Pistole und richtete sie direkt auf den Wolf, aber im Moment, als er abdrücken wollte, wurde seine Hand von einem Krampf durchzuckt. Die Kugel löste sich zwar, verfehlte jedoch ihr Ziel und landete seitlich im Schnee, während der Wolf zwischen den Bäumen verschwand.
    »Das ist mir noch nie passiert«, schimpfte Vadim und massierte seine steifen Finger, »aber das war knapp.«
    Ja, dachte Joanna, das war knapp gewesen. Für den Wolf.

Fünfundzwanzig
    Fluchend drückte Kyrill auf die Hupe, doch es nützte nichts. Er steckte im Stau fest. Auf der Schnellstraße von Bukarest nach Brasov hatte es einen Unfall gegeben, und die Autokolonne bewegte sich nur noch in Schrittgeschwindigkeit vorwärts.
    Bei einer Raststätte fuhr er raus aus dem Stau. Nachdem er getankt hatte, erkundigte er sich, wie er am schnellsten nach Poiana Brasov komme. Der Tankwart erklärte in einigermaßen verständlichem Englisch, er könne bei der

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