Hymne an Die Nacht
nicht schmutzig machen wollte. Er hatte keine weiteren Angaben gemacht außer einer Handynummer, die sich nicht orten ließ. Bei solchen Kunden verlangten sie immer eine Vorauszahlung, die bei Nichterfolg – natürlich abzüglich der Spesen – rückerstattet wurde. Aber das kam sehr selten vor, die Firma arbeitete sehr effizient. Weshalb die Wahl wohl auf sie gefallen war.
Bei ihrem Auftrag handelte es sich um das Aufspüren, Identifizieren und weitere Überwachen von zwei Personen. Ein Graf von Lugosy, Vorname Stanislaw, und dessen Tochter Joanna Bedford. Die Tochter war an der Costa del Sol ansässig, über den Wohnort des Grafen war nichts bekannt. Die Vita der Tochter konnte schnell erfasst werden, beim Grafen verhielt es sich anders. Ein Lebenslauf schien nicht zu existieren, doch es gab ein paar sehr interessante Einträge im Internet.
Demzufolge hatte der Graf bis vor kurzem in Zürich einen Club betrieben, Gastronomie in großem Stil, mit Restaurant, Bar und Veranstaltungssaal für unterschiedliche Events. Der Club war äußerst erfolgreich gewesen, bis auf einem Kostümfest des Grafen ein Gast überfallen worden war. Ein unbekannter Täter hatte die Frau im Dunkeln in die Halsschlagader gebissen und versucht, ihr Blut auszusaugen. Als er gestört wurde, flüchtete er, und die Frau überlebte den Anschlag. Zu diesem Zeitpunkt hatte es in Zürich bereits mehrere solche Überfälle gegeben, doch die Polizei ermittelte vergeblich. Irgendwann war die Akte geschlossen worden. Der Graf verschwand aus der Stadt, der Club wurde fortan von seinem Geschäftsführer geleitet.
In der Bukarester Filiale hatten sie vor einem Rätsel gestanden, weil es nicht mehr als diese paar Angaben über den Mann gab. Eine Spur in dessen Vergangenheit fand sich nicht, auch in keinem Polizeicomputer.
Es war, als habe der Graf davor nicht existiert, und das konnte einen tüchtigen Profi schon sehr irritieren. Da half nur noch die Ermittlung direkt vor Ort, und seit zwei Tagen gab es Ergebnisse.
Wieder im Hotel in Brasov angekommen, setzte sich der Ermittler sofort an seinen Laptop und fing an zu tippen:
Die Zielpersonen (
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) sind am 25. November 2013 gemeinsam in einem gemieteten schwarzen Geländewagen der Marke Mercedes von Bukarest nach Transsylvanien gereist. Seit vier Tagen wohnen sie in nebeneinanderliegenden Zimmern im Hotel »Aro Palace« in der Stadt Brasov. In ihrer Begleitung befindet sich ein großer irischer Wolfshund, der auf den Namen Igor hört. Beide
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haben seitdem Ausflüge in die Umgebung unternommen, zuerst am Tag nach ihrer Ankunft in das Städtchen Rasnov. Am Abend desselben Tages trafen sie in der Hotelbar auf eine Frau namens Ewa Lakatos, die in Rumänien offiziell als Hexe sehr bekannt ist. Worum es bei dem Treffen ging, darüber ist nichts bekannt, es liegt nur die Beobachtung eines Hotelangestellten vor. Er sagte aber, die männliche
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1 und jene Ewa hätten sehr vertraut miteinander gewirkt.
Am selben Abend lernten die
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den Regisseur Radu Nicolescu kennen, dessen Filmcrew im »Aro Palace« untergebracht war. Man sah sie in angeregter Unterhaltung miteinander. Kurz nach Mitternacht verließ
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1 mit dem Hund das Hotel und begab sich zu der direkt vor dem Hotel liegenden Parkanlage, wenig später folgte die weibliche
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2. Eine unauffällige Observierung war wegen der guten Einsehbarkeit des Parks nicht möglich. Gemeinsam kehrten beide etwa 30 Minuten später zusammen mit dem Hund ins Hotel zurück.
Der Detektiv unterbrach seinen Bericht, fischte in der Tasche seines Sakkos nach einer Zigarette und zündete sie an. Danach schrieb er weiter:
Auffällig ist, dass die
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1 das Hotel bisher nicht vor dem frühen Nachmittag verlassen hat. Bei der Reservierung hat er wegen angeblicher Schlafstörungen auf vollkommener Verdunkelung seines Zimmers bei Nacht bestanden.
Am Tag nach der Begegnung mit dem Regisseur verließen beide
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gegen 13 Uhr gemeinsam das Hotel, früher, als es dem Bewegungsprofil der
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1 bisher entsprochen hatte. Sie fuhren direkt nach Bran und gingen zu Fuß zur Burg hinauf, wo sie eine Mitarbeiterin der Filmcrew in Empfang nahm. Nach etwa einer Stunde kehrten sie ins Hotel zurück.
Erneut machte der Detektiv eine Pause. Er holte sich ein Bier aus der Minibar und fuhr fort:
Am Abend desselben Tages brachen die
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nach Poiana Brasov auf. Im Haus des rumänischen Schauspielers Vadim Lupescu fand eine Party statt. Dort blieben sie bis Mitternacht und fuhren dann gemeinsam
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