Hype: Thriller (German Edition)
sprechen.«
*
»Du musst nicht aufstehen«, sagte sie und marschierte schnurstracks in sein Büro.
»Aha, welch eine schöne Überraschung«, brummte Runeberg und nahm seine Füße langsam vom Schreibtisch. »Was machst du denn hier, Normén, du solltest doch erst nächste Woche zurück sein?«
»Ich wollte dir nur das hier geben.« Sie legte einen dünnen Stapel Papier vor ihn auf den Tisch. »Außerdem wirst du auch den hier haben wollen, wenn du mit Lesen fertig bist.« Sie wühlte in ihrer Hosentasche und reichte ihm dann langsam ihren Polizeiausweis.
»Was zum Henker hat das zu bedeuten, Normén?« Runeberg richtete sich in seinem Sessel auf. »Du wurdest doch in allen Punkten freigesprochen. Das ganze Darfur-Szenario war vermutlich arrangiert, irgendeine Art von Hinterhalt. Dein Handeln hat euch allen wahrscheinlich das Leben gerettet, aber das weißt du ja schon. Also warum willst du …«
»… vom Dienst befreit werden?«, unterbrach sie ihn. »Weil ich eine Weile Abstand brauche.«
»Hat das mit … du weißt schon … zu tun?«
»Mit der Webseite, meinst du? Ja und nein. Aber es geht in erster Linie um mich selbst.«
Sie holte tief Luft.
»Mein Lebensgefährte arbeitet in einem IT-Sicherheitsunternehmen. Sie wurden neulich von einem größeren Unternehmen aufgekauft, das expandieren will. Ich werde ihnen beim Aufbau ihrer Personenschutzabteilung helfen. Man lässt mir freie Hand und stellt viele Mittel zur Verfügung …«
Runeberg schwieg eine Weile, dann nickte er. »Ich verstehe. Das klingt wie ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann. Aber du bringst mich echt in Schwierigkeiten. Uns fehlt es derzeit hinten und vorn an Leuten. Die Gruppe …«
»Ich schlage vor, dass du David Malmén zum neuen Gruppenchef ernennst.«
Er bedachte sie mit einem langen Blick.
»Irgendetwas sagt mir, dass du mit Malmén bereits darüber gesprochen hast.«
Sie antwortete nicht.
»Okay, Becca. Ich werde mich nicht in den Weg stellen. Aber du musst mir eine Sache versprechen …«
»Was denn, Ludde?«
Sie rang sich ein kleines Lächeln ab, das er sofort erwiderte.
»Dass du gut auf dich aufpasst …«
»Das verspreche ich«, erwiderte sie lächelnd.
Er ergriff einen Stift, unterzeichnete die Papiere und reichte ihr dann je ein Exemplar.
»So. Jetzt bist du offiziell für ein Jahr vom Dienst befreit. Viel Glück, darf man wohl sagen …«
»Danke.«
Sie nahm die Unterlagen entgegen, faltete sie zusammen und stopfte sie in ihren Rucksack.
»Aber eine Frage habe ich noch«, rief er ihr hinterher, als sie fast schon zur Tür hinaus war.
»Ja?«
»Wie heißt die Firma, bei der du anfangen wirst?«
»PayTag«, rief sie und winkte zum Abschied.
*
»Ein Anruf, Madame«, sagte der kleine Mann in Uniform und hielt ihr den Hörer hin. »Ich habe dem Anrufer gesagt, Sie ruhen sich aus, aber er hat darauf bestanden, dass ich sie wecke.«
»Kein Problem, Sridhar«, antwortete sie. »Ich habe auf diesen Anruf gewartet.«
Sie holte tief Luft, lehnte sich auf der Sonnenliege zurück und versuchte sich zu sammeln.
Hoch über ihr schwebten ein paar Vögel.
Wüstenraben, genau wie in ihrem Traum.
»Hallo?«
»Guten Abend, meine Liebe, oder ist es bei Ihnen noch Nachmittag?«
Sie hob die Hand und blickte mit zusammengekniffenen Augen in die Sonne.
»Später Nachmittag. Aber Sie haben mich doch nicht angerufen, um nach der Uhrzeit zu fragen, oder?«
»Nein, das stimmt. Ich habe gute Nachrichten. Sehr gute Nachrichten …«
Ein paar Sekunden lang brachte sie kein Wort hervor. Ihr Herz trommelte so fest gegen ihre Rippen, dass sie fast zu spüren glaubte, wie sich der Stoff ihres Bikinis bewegte.
»Lief alles …«, setzte sie an.
»Genau wie geplant, auch wenn die Ereignisse manchmal Wege genommen haben, die wir nicht vorhersehen konnten. Aber das ist ja das Verlockende an unserer Tätigkeit. Sie bekommen in den nächsten Tagen einen vollständigen Bericht. Bis dahin wünsche ich Ihnen weiterhin einen angenehmen Urlaub.«
»Gut, danke …«
»Wir bedanken uns, meine Liebe. Vielen Dank, dass Sie sich für unsere Dienste entschieden haben. Leben Sie wohl, und passen Sie gut auf sich auf, Mrs. Argus.«
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