Hype: Thriller (German Edition)
Nase.
Als Mange und er klein waren, hatten viele Leute sie für Geschwister gehalten. Manchmal hatten sie sich sogar als solche ausgegeben. Das hatte ihn jetzt auf die Idee gebracht.
Es war natürlich die reinste Lotterie gewesen, ob ArgusEye auf seinen Lebenslauf anbeißen würde, aber es hatte geklappt. Manges Lebenslauf war bleischwer, und mit etwas Tricksen und Basteln und einem Grundkurs in Photoshop konnte man die Welt verblüffen. Dazu die eigene überzeugende Persönlichkeit in die Waagschale werfen, und der Erfolg war vorprogrammiert.
Im Hinblick auf das Spezialgebiet der Firma hatte er sich aus gerechnet, dass sie ihn googeln würden, und daher bei Face book, Myspace, Spotify und LinkedIn Benutzerkonten eröffnet.
Sämtliche Profile waren mit seinem eigenen, leicht verzerrten Gesicht versehen, sodass niemand sein Foto taggen konnte. Der wahre Mange Sandström war viel zu ultravorsichtig, als dass man ihn mit richtigem Namen und Bild im Netz finden würde. Außerdem war Mangelito passenderweise out of office – dem pickligen Praktikanten im Computerladen zufolge, war der kleine Konvertit mit seinem Schwiegerpapa auf Pilgerfahrt in Saudi-Arabien.
Eigentlich hatte HP keine Ahnung, was er mit seiner kleinen Scharade bezwecken wollte. Er wusste nur mit gewisser Sicherheit, dass Anna Argus’ Tod mit ihrer Firma zusammenhing – warum sonst hätte Moussad ihm die Visitenkarte gegeben und ihn gebeten, die Augen offen zu halten?
Der Exmann stand ganz oben auf der Liste der Verdächtigen, kein Zweifel. Aber nicht immer waren die Dinge so, wie sie schienen. Es gab keine einfachen Wahrheiten – man konnte nichts als gegeben voraussetzen.
Vor allem nicht, wenn das Spiel beteiligt war …
*
Eine halbe Stunde googeln hatte Rebecca nicht viel klüger gemacht. MayBey war offenbar eine Anlehnung an das englische Wort maybe . Eine bewusste, da war sie überzeugt, was heißen dürfte, dass die Signatur eine gewisse Bedeutung hatte. Leider war Google nicht sehr hilfreich gewesen. Die ersten Treffer auf der Suchliste führten zu Leuten, die den Begriff ganz einfach falsch buchstabiert hatten, dann kamen eine Umzugsfirma in Albanay, New York und einige Menschen auf Facebook, die tatsächlich MayBey mit Nachnamen hießen. Keiner davon war jedoch Schwede oder Schwedin, sofern Rebecca das feststellen konnte.
Also wechselte sie zu Wiktionary und schlug dort das Wort maybe nach.
Maybe [meibi]
Vielleicht – Etwas, das möglicherweise wahr ist (Adv.)
Zeigt einen Mangel an Gewissheit an (Adv.)
Synonym von perhaps, mayhaps, possibly
Außerdem konnte man durch das Umsetzen der Buchstaben drei weitere Worte bilden.
beamy – das bedeutete strahlend
embay – etwas umschließen, einsperren oder fangen
abyme – das war offenbar ein veralteter Begriff für Abgrund
Wie gesagt, bislang war sie nicht viel klüger geworden.
*
»Darf ich vorstellen? Das ist Mange, unser neuer Troll.«
Drei Köpfe blickten vom Kaffeetisch auf und nickten zur Begrüßung, während sein neuer Chef ihm reihum die neuen Kollegen vorstellte.
»Dejan leitet den Filter, das ist die Bande mit den Bildschirmen und Projektorwänden drüben in der Glaskammer.«
HP’s Chef wies mit dem Daumen über die Schulter auf den rechten Bereich des Büros.
»Hi, freut mich«, grüßte Dejan, ein kleiner Typ mit lichtem Haar und um die dreißig.
»Rilke herrscht über die Blogs, und Beens leitet die Waschstube.«
HP schüttelte den beiden die Hand. Sein Mund war wie ausgetrocknet, und sein Herz schlug noch immer wie verrückt vor Angst und Aufregung, aber er tat sein Bestes, um cool und entspannt zu wirken. Die Frau und die beiden Typen vor ihm waren alles andere als Furcht einflößend.
Beens sah aus wie ein dicklicher kleiner Computernerd und benahm sich auch so. Glatter Seitenscheitel, Hornbrille und eine Kaffeetasse mit Bladerunner-Zitat. Aber seltsamerweise trug er weder ein ausgewaschenes T-Shirt noch eine zu kurze Jeans. Hier schienen alle in Businessuniform zu erscheinen. Anzug, Krawatte und ordentlich gebügeltes Hemd für die Herren, und Ähnliches galt auch für die Damen. Das Ganze hatte einen Touch von den Zeugen Jehovas …
Rilke hätte er lieber zur Chefin gehabt als den grinsenden Schönling, der ihn an der Rezeption abgeholt hatte. Olivenfarbene Haut, dunkle Augen und dazupassendes Haar. Rilkes Händedruck war sanft und ihre Stimme leicht aufreizend, genau richtig ausbalanciert.
»Ich hoffe, Frank hat dich noch nicht total abgeschreckt
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