Hyperkode Wüstenfuchs
eine War nung, glaube mir. Du solltest zum Schein auf Rugers Forderungen ein gehen.«
Ich achtete nicht auf seine Vorschläge. Sie waren sekundär.
»Konntest du nach deinem sogenannten Unfall einen Einstich zwischen deinem zweiten und dritten Halswirbel feststellen?«
Er starrte mich fassungslos an. Ehe er antworten konnte, betraten einige Mediziner den Raum. Wir mußten uns aus der Konzentrationsstarre lösen.
Zwei Ärzte waren Häftlinge. Der dritte Mediziner gehörte zum GWA-Wachkommando. Es war ein langaufgeschossener Mann mit einer beachtlichen Hakennase. Sein Name war Dr. Franco Rigara. Auf Sohle 18 fungierte er als medizinischer Chef.
Er erkundigte sich nach unserem Befinden, untersuchte uns nochmals, aber meinen frischen Einstich bemerkte er nicht. Das wäre wohl auch zuviel verlangt gewesen.
Minuten später gab ich, von Argwohn gepeinigt, an Kiny Edwards die Anweisung durch, Rigaras Werdegang zu durchforsten, beginnend mit der Geburt und endend mit seiner Versetzung zum Mondkommando Bolloni-Krater.
»… und auch noch ermitteln lassen, wie viele der Unfalltoten er persönlich untersucht oder obduziert hat«, beendete ich mein Psi-Gespräch.
Ich wollte es wissen, weil achtzehn Kilometer unter der Mondoberfläche die meisten Unfälle registriert worden waren; nach den GWA-Unterlagen genau 88,7 Prozent. Das erschien mir zu viel!
11.
Der 31. Oktober 2011 war angebrochen. Wir befanden uns nunmehr seit sieben Tagen im Bolloni-Krater.
Ich hatte mich planmäßig angepaßt, mit Alain Ruger vorerst einen Kompromiß geschlossen und mich bereiterklärt, seinen Wünschen weitgehend nachzukommen. Das hatte er akzeptiert. Es war nichts mehr geschehen, was annähernd mit einem Attentat hätte verglichen werden können.
Dann war die Mittagsschicht des 31. Oktober angebrochen. Wir waren wie üblich eingefahren und hatten die Arbeit aufgenommen. Es hatten sich drei echte Unfälle ereignet, zwei davon mit tödlichem Ausgang. Das war aber schon am 27. Oktober geschehen.
Vor einer Stunde, um 15:09 Stationszeit, war der Bohrfahrer Jens Gonardson vom Mondgestein abgekommen und hatte mit seinem Laser eine bislang unbekannte Vorwölbung des Nickelei senmeteors angestochen. Und genau dort hatte es eine große Bla se mit extrem hochverdichtetem Knallgas gegeben. Wie es sich beim Sonnendurchgang des Meteors, vielleicht auch erst bei seinem Aufschlag in die Mondkruste, chemisch entwickelt hatte, wußte niemand. Entsprechende Theorien waren mir auch gleichgültig.
Gonardson war jener Mann gewesen, der meine Nackenwirbel angestochen und sich selbst mit Hilfe von zwei Mikro-Nasenpatronen mit Sauerstoff versorgt hatte.
Seine Maschine war wie unter dem Einschlag einer Zehnton nen-Luftmine explodiert. Trümmermassen, darunter Zehntausende von scharfkantigen Metallsplittern aus Nickeleisen, hatten den weiten Vortriebsstollen durchheult und jeden im Weg stehenden Gegenstand zerfetzt.
Am Einstich des Vortriebs war auch Golda gestorben. Ihr Körper war bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden.
Framus und ich hatten die sterblichen Überreste geborgen, sie behutsam in eine Kunststoffplane gebettet und dem Offizier des Wachkommandos überreicht. Niemals zuvor hatte ich einen harten Mann wie diesen jungen Captain derart verzweifelt weinen sehen. Er hatte sie geliebt. Ich wußte es, ohne auch nur annähernd seinen Bewußtseinsinhalt zu ergründen.
Ich hatte mich anfänglich zur Selbstdisziplin gezwungen. Als der herbeigeeilte Ruger jedoch eine ironische Bemerkung gemacht hatte, war es um meine Selbstbeherrschung geschehen gewesen. Ich hatte ihn wie ein wildes Tier angesprungen.
Ehe ich einen Totschlag begehen konnte, war ich von einem Soldaten des Wachkommandos mit einem marsianischen Strahler paralysiert worden.
Und nun, nach über zwei Stunden, hatte ich die Qual der wiedererwachenden Nervenleiter zu erdulden.
Ich ertrug es mit stoischer Gelassenheit, stöhnte nur manchmal verhalten und war Nishimura dankbar, als er mir ein schmerzlinderndes Medikament aus der Hochdruckspritze unter die Haut injizierte.
»Ruger wird es überleben, Sir«, flüsterte er mir zu. »Sie haben ihm beide Arme gebrochen, außerdem eine Rippe und den Unterkiefer. Er liegt im Biopolblastbad. Die Frakturen verheilen bereits. Der rechte Lungenflügel ist von der geborstenen Rippe durchbohrt worden, aber das haben wir ebenfalls im Griff. In wenigen Stunden ist er wiederhergestellt. Sie werden wegen erwiesener Affekthandlung im Zustand akuter
Weitere Kostenlose Bücher