Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
Theorie.
Doch das Hauptproblem ist, wie gezeigt, theoretischer und nicht experimenteller Art. Wären wir intelligent genug, könnten wir für die Theorie die exakte, die wahre Lösung finden, die nicht auf der Störungsrechnung beruht. Das entbindet uns jedoch nicht von der Notwendigkeit, irgendein Mittel zu finden, um die Theorie experimentell zu verifizieren. Doch dazu müssen wir auf Signale aus der zehnten Dimension warten.
8 Signale aus der zehnten Dimension
Wie seltsam es wäre, fände man die endgül-
tige Theorie noch zu unseren Lebzeiten!
Die Entdeckung der endgültigen Naturge-
setze wird eine Zäsur in der Geistesge-
schichte bedeuten, und zwar die tiefste, die
es seit den Anfängen der modernen Natur-
geschichte im iy. Jahrhundert gegeben hat.
Können wir uns heute überhaupt vorstel-
len, wie das wäre?
S T E V E N W E I N B E R G
Ist Schönheit ein physikalisches Prinzip?
Obwohl uns die Superstringtheorie eine überzeugende Formulierung für die Theorie des Universums liefert, stehen wir vor dem grundlegenden Problem, daß ein experimenteller Test der Theorie offenbar die Möglichkeiten unserer heutigen Technik überschreitet. Tatsächlich sagt die Theorie vorher, daß die Vereinigung aller Kräfte bei der Plancksche’n Energie – 10 19 Milliarden Elektronenvolt – stattfindet, die ungefähr eine billiardemal größer ist als alle Energien, die wir gegenwärtig in unseren Beschleunigern erzielen können.
Zu den Kosten, die die Erzeugung dieser unvorstellbaren Energie verursachen würde, sagt der Physiker David Gross: »Die Schatzkammern aller Länder der Welt zusammen würden dafür nicht ausreichen; die Kosten wären im wahrsten Sinne des Wortes astronomisch.« 1
Das ist enttäuschend, bedeutet es doch, daß die experimentelle Verifizierung – der Motor, der den physikalischen Fortschritt antreibt – mit der heutigen Generation von Beschleunigern oder mit einer der Generationen, die in absehbarer Zukunft vorstellbar sind, auf keinen Fall möglich sein wird. Und das wiederum heißt, daß die zehndimensionale Theorie keine Theorie im üblichen Sinne ist, weil sie beim gegenwärtigen technischen Entwicklungsstand unseres Planeten nicht zu überprüfen ist. So stellt sich die Frage: Ist Schönheit allein ein physikalisches Prinzip, das den Mangel an experimenteller Überprüfbarkeit wettmachen kann?
Manch einer wird diese Frage mit einem überzeugten Nein beantwor-
ten. Spöttisch bezeichnet man solche Theorien als »Theaterphysik« oder »Freizeitmathematik«. Besonders sarkastisch äußert sich der Nobelpreisträger Sheldon Glashow von der Harvard University. Er hat sich in der Debatte zum Wortführer der Kritiker gemacht, die die Existenz höherer Dimensionen bestreiten. Kein gutes Haar läßt Glashow an den Stringtheoretikern und vergleicht die gegenwärtige Epidemie mit dem Aidsvirus, das heißt, er hält sie für unheilbar. Für ihn hat die augenblickliche String-Euphorie Ähnlichkeit mit der Begeisterung, die man einst dem SDI-Programm von Präsident Reagan entgegengebracht hat:
Ein Rätsel: Nennen Sie zwei große Entwürfe, die unglaublich komplex sind, Jahrzehnte der Forschung und Entwicklung brauchen und in der realen Welt vielleicht nie funktionieren? Das SDI-Programm und die Stringtheorie … Keines der beiden ehrgeizigen Vorhaben läßt sich mit den vorhandenen technischen Möglichkeiten verwirklichen und keines wird wohl seine erklärten Ziele erreichen. Beide Abenteuer kosten einen hohen Preis an knappen menschlichen Ressourcen. Und in beiden Fällen versuchen die Russen verzweifelt, Schritt zu halten. 2
Alles andere als konfliktscheu, hat Glashow diesem Thema auch ein Gedicht gewidmet, dessen letzte Zeilen lauten:
The Theory of Everything, if you dare to be bold,
Might be something more than an string orbifold.
While some of your leaders have got old and sclerotic,
Not to be trusted alone with things heterotic,
Please heed our advice that you are not smitten –
The Book is not finished, the last word ist not Witten.3
Glashow hat den (vergeblichen) Schwur geleistet, diesen Theorien den Zugang zur Harvard University, der Stätte seines Wirkens, zu verwehren. Aber er gibt zu, daß er sich mit seiner Position häufig in der Minderheit befindet. Bedauernd stellt er fest: »Ich bin ein Dinosaurier in einer Welt, in der die Säugetiere auf dem Vormarsch sind.« (Andere Nobelpreisträger wie Murray Gell-Mann und Steven Weinberg teilen Glashows
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