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Hypnose

Hypnose

Titel: Hypnose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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Bewegung zu erwecken. Sie hielt unentwegt ihren Blick gesenkt. Selbst beim Hereinkommen hatte Annabel nicht die kleinste freudige Regung über ihren Besuch gezeigt, und jetzt, nachdem die Justizbeamtin die Tür hinter sich verschlossen hatte, erwartete Inka von Annabel we nigstens ein kleines Zeichen der Erleichterung darüber, ver traute und geliebte Menschen zu sehen. Doch ihre Miene blieb wie versteinert.
    »Oh meine Kleine«, brach es aus Evelyn hervor. »Annabel … wie geht es dir? Ich bin so froh, dich zu sehen!«
    Keine Reaktion. Sie sah nicht einmal auf.
    »Ich habe Kleidung für dich abgegeben, alle deine Lieblingsoberteile sind dabei. Und ich habe zwei bequeme Hosen gekauft. Oder wolltest du lieber deine Röcke haben?« Es machte den Anschein, dass Evelyn einfach irgendetwas sagte, wie unangemessen es auch war. Sie beugte sich vor, suchte Annabels Blick. »Ich liebe dich, kleine Schwester. Hörst du? Egal, was passiert ist, und ganz gleich, ob du schuldig bist. Du bist und bleibst meine Schwester, und ich werde für dich kämpfen.«
    »Wie geht es ihm?«, flüsterte Annabel unvermittelt. Ihre Stimme klang belegt, beinahe erstickt.
    » Ihm? «, fragte Evelyn und sah verwirrt drein. »Annabel … Jannis ist tot, das musst du doch wissen.«
    Jetzt kam Bewegung in Annabel. Sie schlug die Hände vors Gesicht, ihre Schultern zuckten, und es war, als würden buchstäblich alle Dämme brechen. Sie war keine Armlänge entfernt, und trotzdem durften sie sie nicht trösten.
    Plötzlich riss Annabel den Kopf hoch. »Ich will wissen, wie es ihm geht, und wo er ist, verdammt noch mal!«, schrie sie und sackte danach wieder kraftlos in sich zusammen.
    Evelyn schaute sich Hilfe suchend um, aber Andi hob nur die Augenbrauen. Inka wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr ging nur ein Gedanke durch den Kopf: Annabel ist krank, sie hat genauso den Verstand verloren wie ihr Vater. Oder ihre Frage war berechtigt, und dann stimmte hier etwas ganz und gar nicht …
    »Pscht, meine Kleine«, versuchte Evelyn sie zu beruhigen. »Du musst doch wissen, was passiert ist …«
    »Annabel, du hast ein Geständnis abgelegt …«, brachte Inka sich ins Geschehen ein.
    Annabel schaute auf. Jetzt hatten sie zum ersten Mal direkten Augenkontakt. Sie nickte.
    »Du hast es wirklich getan? Kannst du dich an die Tat erinnern? Hast du Jannis getötet?«, fragte Inka.
    »Bitte keine Fragen zur Tat«, wandte Andi ein. »Wir müssen das Gespräch sonscht abbrechen.«
    Da ging ein Ruck durch Annabel. »Ist er bei ihr?«, fragte sie ihre Schwester. Ihre Augen waren glasig vor Tränen.
    Inka kombinierte blitzschnell, und ihr wurde siedendheiß. Also hatte Jannis doch eine Geliebte gehabt. Und Annabel war an jenem Abend, nachdem sie sich gesehen hatten, dahintergekommen. Das könnte tatsächlich der Auslöser gewesen sein, weshalb sie buchstäblich rotgesehen hatte.
    Annabel und Jannis waren von Anfang an unzertrennlich gewesen, außer im Frühjahr und Herbst, wenn Jannis wochenlang auf Kreta war und die Führung von Reisegruppen übernahm. Erst noch vor vierzehn Tagen war Jannis allein nach Kreta geflogen. Vielleicht hatte er dort eine Frau kennengelernt? Jannis war kein Kind von Traurigkeit. Er wollte Annabel treu sein, aber konnte er es auch? Vielleicht hatte er sich ein einziges Mal Fremdgehen vor der Hochzeit zugestanden, nur ein einziges Mal, und der One-Night-Stand hatte nichts mit Liebe zu tun gehabt. Nach dem Motto, einmal ist keinmal?
    Nur warum war Annabel der Meinung, Jannis würde noch leben?
    »Er ist nicht bei ihr«, sagte Evelyn gefasst und warf Inka einen vielsagenden Blick zu. Es wurde deutlich, dass sie durch den Umgang mit ihrem Vater bereits in Übung war, sich in die befremdliche Gedankenwelt eines Kranken hineinzuversetzen und darin mitzuspielen. »Du musst dir keine Sorgen machen. Es geht ihm gut, und er kommt dich bald besuchen. Er ist doch dein Liebling.«
    Gewagt, das war sehr gewagt. Hoffentlich konnte Evelyn ihre Schwester auch in dieser Ausnahmesituation richtig einschätzen.
    »Gut«, sagte Annabel erleichtert und entspannte sich sichtlich. »Dann ist ja alles gut.« Sie stand langsam auf und wandte sich an Andi. »Ich möchte jetzt gehen.«
    Inka war verblüfft, es waren kaum zehn Minuten seit Besuchsbeginn vergangen. »Aber Annabel, wir dürfen dich erst in zwei Wochen wieder für eine halbe Stunde besuchen!«
    »Das macht nichts«, sagte Annabel entschieden und war tete an der Tür, bis die Justizbeamtin sie wieder

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