Iacobus
zur Heilung von Krankheiten anwenden, enthalten Gift in Mengen, die die Kräuterkundler und Medizi sorgfältig abwägen müssen, um damit nicht den gegenteiligen Effekt zu erzielen. Wenn deshalb diese beiden Ärzte Templer waren und man die umfassenden medizinischen Kenntnisse in Betracht zieht, über die der Orden aufgrund seines langjährigen Aufenthalts im Orient verfügt …«
»Dasselbe kann man auch von den Hospitalitern behaupten.«
»… also, aufgrund der vielen Jahre, die sie im Orient verbracht haben, ist es fast unmöglich herauszubekommen, welche Substanz sie in den Mörser des Wirts getan haben, während sie die Smaragde zerstießen. Was wir aber sehr wohl daraus folgern können, ist, daß es ein sehr starkes und schnellwirkendes Gift gewesen sein muß. Der Wirt erzählte uns, das Blut sei schwarz, jedenfalls sehr dunkel gewesen … Wenn das Blut von den durch die Smaragde verursachten inneren Verletzungen hergerührt hätte, so wäre es rot gewesen.«
»Warum?«
»Der menschliche Körper birgt große Geheimnisse, und das Blut ist eines davon. Man weiß es schlichtweg nicht. Sicher ist jedoch, daß das Blut, je nachdem, wo es aus dem Körper herausströmt, unterschiedlich gefärbt ist. Daher weiß ich, daß die Smaragde nicht seine Gedärme verletzt haben, denn dann müßte das Blut rot gewesen sein, rot und glänzend, so wie das Blut, das aus deinem Arm flösse, wenn ich ihn dir jetzt mit einem Messer aufritzen würde. Clemens' Blut war aber schwarz, das heißt, es stammte nicht von Schnitten, weshalb das Mittel irgendeine Substanz enthalten haben mußte, welche die Farbe veränderte, das Blut verschmutzte. Allerdings werden wir wohl nie erfahren, was dies für eine Substanz war.«
»Und die Templer? Wie konnten sie sich als Mauren ausgeben?«
»Ich habe dir doch gerade erzählt, daß die Templer sich eingehende Kenntnisse über die maurische Welt und ihre Sekten erworben hatten, über die Sufis zum Beispiel oder die Ismailiten. Sich als sarazenische Ärzte auszugeben, war für sie ein leichtes. Nehmen wir also an, es waren zwei Templer. So erfüllt sich damit zuerst einmal das kabbalistische Gebot der beiden Eingeweihten …«
»Worauf spielt Ihr an?«
»Das wirst du schon noch lernen, Jonas. Du kannst nicht verlangen, dir gleich am ersten Tag die tiefsten, geheimnisvollsten und ehrwürdigsten Kenntnisse des Menschen und der Mutter Natur anzueignen. Es reicht vorerst zu wissen, daß die Tempelherren immer zu zweit auftreten: Auf ihrem Siegel sind sogar zwei Templer abgebildet, die auf demselben Pferd sitzen; es ist dies der allegorische Sattel des Wissens, der den adeptus auf dem Weg der Initiation leitet.«
»Ich verstehe kein Wort von dem, was Ihr da gerade sagt.«
»So muß es augenblicklich auch noch sein, mein Junge. Laß mich jetzt aber mit meinem Gedankengang fortfahren: Es waren also zwei, und sie lieferten ein so getreues Abbild ihrer arabischen Herkunft, daß sie sogar den einfältigen Sohn des Wirts glauben ließen, er habe sie durch Zufall entdeckt, als sie in Richtung Mekka ihre Gebete verrichteten. Alles tadellos. Die Templer sind indessen eitel. Sie sind von ihrer Überlegenheit, ihrer Leistungsfähigkeit und Tapferkeit so überzeugt, daß sie für gewöhnlich kleine Spuren hinterlassen, winzige Zeichen, die jahrelang darauf warten, von jemand entschlüsselt zu werden.«
»Und welche haben sie dieses Mal hinterlassen, Bruder?« fragte Jonas nun ganz aufgeregt.
»Ihre falschen Namen. Weißt du sie noch?«
»Ja. Adab Al-Acsa und Fat Al-Yedom.«
»Erinnere mich daran, daß ich dir als erstes die arabische und hebräische Sprache beibringen muß. Ohne deren Kenntnis kann man heutzutage die Welt nicht bereisen.«
»Diese Namen verbergen sicherlich etwas, was ich zu begreifen nicht in der Lage bin.«
»Genau. Schau, zunächst einmal muß man ihrem Klang lauschen. Du mußt bedenken, daß wir nur über die Transkription eines ungebildeten Mannes verfügen, dessen Gehör nicht an die Kadenzen der arabischen Sprache gewöhnt ist. Deshalb muß man zunächst auf den Klang horchen.«
»Adab Al-Acsa und Fat Al-Yedom.«
»Sehr gut. Und jetzt Wort für Wort. Adab: Adab steht unbestritten für Adâb , was ›Strafe‹ bedeutet, du siehst also, wir sind auf dem richtigen Weg. Auch Al-Acsa stellt kein Problem dar, handelt es sich hier offensichtlich um die Al-Aqsa-Moschee – was soviel heißt wie ›die Einzige‹ –, die im Innern des Tempelviertels von Jerusalem liegt und die
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