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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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Verkehrsunfällen dienen sollte, zeigte, schien er sich geschlagen zu geben.
    Doch plötzlich zog er ein weiteres Register seiner verliehenen Staatsmacht und beschuldigte uns der Geschwindigkeitsübertretung.
    Ich musste beinahe laut loslachen, weil er einfach nicht aufgab. Ich schaute ihn an: »Okay, wenn wir etwas falsch gemacht haben, dann zahlen wir selbstverständlich die Strafe. Im Gegenzug erwarte ich allerdings, dass Sie uns dieses Formular für die Deutsche Botschaft ausfüllen.«
    Ich reichte ihm das angebliche Formblatt. Es sollte seine Personalien, den Grund des Bußgeldes und noch weitere Informationen für die deutsche Botschaft erfassen. Mittlerweile konnte jedes Computerprogramm aus einfachen Papierfetzen wichtige und vor allem offiziell wirkende Schreiben machen. Die Illusion eines amtlichen Dokuments lag bei nahezu hundert Prozent. »Oben schlägt unten« funktionierte besonders in hierarchischen Strukturen. Unser freundlicher obrigkeitshöriger Polizeiterrier ließ nun endlich von uns ab. Zähneknirschend gab er uns ein Zeichen zur Weiterfahrt.
    Ich stieg zurück in den Wagen und wir fuhren mit einem breiten Grinsen weiter.
    »Das war doch ein wirklich netter Polizist«, sagte Ingo und lachte dabei. »Weißt du eigentlich wie Argentinier Selbstmord begehen?«
    »Indem die uniformierten Männer an ihrem extrovertierten Machogehabe ersticken?«, antwortete ich leicht genervt.
    »Gar nicht so schlecht. Nein, sie steigen auf ihr großes Ego und springen herunter.«
    Wir hatten noch zwei weitere Herausforderungen an diesem Tag und mussten uns erneut Verkehrskontrollen stellen. Aber auch diese blieben für die Uniformierten erfolglos.
     
    Einer unserer letzten Abschnitte der zweieinhalbjährigen Auszeit führte uns in die nordöstlichen tropischen Regionen Argentiniens. Wir machten einen Abstecher nach Paraguay, fuhren weiter durch Südbrasilien an den Atlantischen Ozean, schlängelten uns an der schönen Küste Uruguays entlang bis in die argentinische Hauptstadt Buenos Aires.
    Nachdem wir in der Stadt eingetroffen waren, fuhren wir in den Hafen, um unser Fahrzeug für die Verschiffung abzugeben. Unser fahrbares Zuhause sollte auf ein Schiff nach Hamburg verladen werden; wir würden von hier aus nach Deutschland zurückfliegen.
    Wir verbrachten Stunden in diversen Hafenbüros, bis unser Agent alle Papiere abgestempelt in seinen Händen hielt und der Camper auf Drogen, Geld, Waffen und andere potentielle Schmuggelobjekte kontrolliert war. Dieses Mal hatte kein Zollhund angeschlagen. Und auch das Großröntgengerät zeigte bei der Durchleuchtung des gesamten Fahrzeugs nichts Zweifelhaftes an.
    Unser Camper hatte ohne nennenswerte Pannen oder technische Zwischenfälle sein Ziel erreicht. Mit sechsundsiebzigtausend Kilometern mehr auf dem Tachometer.
    Nachdem alles im Hafen erledigt war, wollte Ingo in unserer Unterkunft bleiben. Ich nutzte am späten Nachmittag die Gelegenheit mich allein durch die Straßen von Buenos Aires treiben zu lassen.
    Ich schlenderte durch die »Calle Florida«, die Haupteinkaufsstraße im Zentrum von Buenos Aires und nahm für mich allein Abschied. Nicht nur von Argentinien, sondern auch von den vergangenen zweieinhalb Jahren unserer Reise. Ich ließ mich mitreißen vom Strom der belebten Geschäftsstraße, ohne selbst die Richtung bestimmen zu wollen. Ich suchte nichts. Ich wollte einfach nur stille Beobachterin sein und zum letzten Mal die Eindrücke einer anderen Kultur einsaugen.
    Der Feierabend begann. Angestellte verließen allmählich ihre Büros, um die Angebote der Stadt zu nutzen. Große Einkaufstaschen mit edlen Kordeln und Goldaufdrucken, aber auch schnöde Plastiktüten hingen trophäenartig in den Armbeugen ihrer neuen Besitzer.
    Die argentinische Mentalität ließ es anscheinend nicht zu, Neuanschaffungen und Prestigeobjekte mit einer Kultur der »leisen Töne« zu präsentieren. Jede Chance wurde genutzt, um aufzufallen und sich die Bewunderung von Nachbarn und Freunden zu sichern. Bescheidenheit schien keine argentinische Tugend zu sein, zumindest ab einer sozialen Gesellschaftsschicht, die nicht mit Armut kämpfen musste. Konnte ein Fuß auf die Sonnenseite des Lebens gestellt werden, wurde vor allem in materieller Hinsicht alles ausgekostet und überreizt. Viele Einheimische griffen dabei jedoch nach den Sternen und verloren schnell den Boden unter ihren Füßen.
    Das Resultat konnten wir nach Auszahlung der monatlichen Löhne in den Supermärkten beobachten.

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