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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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krümmte sich innerlich bei dem Wort Selbstmord, sagte aber nichts. Sekunden später kam eine junge Schwarze mit unreiner Haut an McCoys Schreibtisch und legte einen dünnen Schnellhefter darauf ab. McCoy murmelte ein knappes Dankeschön, holte ein paar lose Blätter
    – dem Aussehen nach amtliche Formulare – aus der Hülle und studierte sie kurz. »Ich liefere Ihnen einen anderen Beweis, Mr. Keller. Möchten Sie wissen, was in diesem Bericht steht?« Jack nickte, aber sie sah ihn nicht an, daher mußte sie hochschauen. Er nickte abermals und sagte: »Ja.«
    »Ich fange mit den Untersuchungsergebnissen des ärztlichen Leichenbeschauers an. Sie müßten diese Prozedur kennen, wenn Sie im Fernsehen regelmäßig NYPD Bitte verfolgen.« Sie warf einen Blick auf den Bericht und schüttelte den Kopf. »Ihr Freund ist nicht nur vom Balkon gesprungen – er ist geflogen. Zumindest hatte er genug LSD intus, um zu glauben, daß er fliegen konnte.«
    »Das muß ein Irrtum sein …«
    »Kein Irrtum. Wir haben in seinem Medizinschrank auch ein Dutzend weitere Löschblatt-Trips gefunden.«
    Jack schüttelte ungläubig den Kopf. Er wurde allmählich wütend. »Kid war ein Gesundheltsfreak. Er hat nichts anderes gegessen als Grünzeug! Er war total gegen Drogen. Er hat noch nicht mal Bier getrunken.«
    »Wieder falsch. Wir haben in seinem Körper auch Bier gefunden. Nicht viel, aber einiges. Woraus sich eine zweite Möglichkeit ergibt. Vielleicht wollte er springen, hatte aber nicht den Mut und mußte sich diesen erst antrinken, wenn Sie so wollen. Oder vielleicht haben Sie auch recht, und er hat sich nicht selbst umgebracht. Vielleicht hat er zuviel von dem Zeug geschluckt und geglaubt, er könnte einen Spaziergang auf einer tiefhängenden Wolke machen. Unfalltod durch vorherigen Drogenkonsum. Das würde ich in den offiziellen Bericht schreiben, wenn sich alle damit besser fühlen.« Sie hob die Hand, damit Jack sie nicht unterbrach, und schaute wieder auf den Bericht. »Ich nenne Ihnen gleich die Details, wenn Sie sich einen Moment gedulden können.«
    Jack hielt sich mühsam zurück.
    »Kurz vor seinem Tod hatte er außerdem Sex gehabt«, fuhr sie fort. »In seiner Wohnung. Auf den Laken fanden wir Spuren von Sperma und Vaginalsekreten. Ein schlimmes Wort, nicht wahr? Vaginalsekrete. Wie dem auch sei… wenn Sie wissen wollen, was wir annehmen, so ist das ziemlich einfach. Er hatte eine Frau bei sich, und wer immer sie war, sie machte ihm ein Abschiedsgeschenk. Vielleicht hat sie ihm erklärt, die Affäre wäre vorüber. Was auch immer, sie sagt etwas, das bei ihm nicht so gut ankommt. Sie geht, er ertränkt seinen Kummer, wirft einen Monstertrip ein und macht den Abflug. Ob gewollt oder ungewollt, tut jetzt nicht mehr viel zur Sache, oder?«
    Jack hob die Hand in einer Geste, als säße er in der Schule und wartete darauf, eine Frage stellen zu können. Als Sgt. McCoy nickte, sagte Jack: »Ist es nicht möglich, daß jemand nachgeholfen hat?«
    »Wer?« fragte sie. »Ein Einbrecher? Wir machen unsere Hausaufgaben, wissen Sie. Es gibt keine Anzeichen für ein gewaltsames Eindringen. Die Brieftasche des Mannes war gefüllt, Stereoanlage, Fernseher und alles andere intakt. Oder nehmen Sie an, daß es die Frau war? Auch da ein klares Nein. Es gab keinerlei Anzeichen für einen Kampf. Keine Kratzer, keine Hautreste unter den Fingernägel… außerdem, ob Einbrecher oder Sexpartnerin, Sie können es sich aussuchen … er sah aus, als hätte er sich ganz gut wehren können.«
    »Aber das konnte er nicht«, sagte Jack. Und seine Worte klangen nicht mehr wütend. Sie kamen ruhig und mit Nachdruck aus seinem Mund. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft ich ihn retten mußte, als er noch ein Junge war. Sergeant, ich kannte ihn. Ich kannte ihn, als wäre er mein eigener Sohn gewesen. Sie verstehen nicht.«
    »Beweise, Jack. Das ist es, was ich verstehe.«
    Jack griff wieder nach der Einladung, aber McCoy ließ ihn nicht zu Wort kommen.
    »Nein, nein, nein. Das ist kein Beweis. Das ist nur ein Stück Papier.« Sie klopfte auf ein Notizbuch auf ihrem Schreibtisch, nahm es hoch und blätterte darin. »Das ist mein kleines Arbeitsbuch. Wissen Sie, was darin steht? Da ist ein Überfall auf einen Schnapsladen, der blutig endet. Wissen Sie, was meine Beweise sind? Ein toter Angestellter und eine leere Registrierkasse. Und ich habe eine Videoaufnahme von allem … Zwei Blocks von hier wurde eine Nutte erstochen. Man fand sie in einem

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