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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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verblüffende Eigenschaft von ihr war, daß sie immer alles über mich wußte. Du hast doch sicher diesen Film Taxi gesehen, wo Latka mit einer Frau schläft, um sein Leben zu retten, damit er nicht erfriert, und dann kommt er durch die Tür herein, und – wie heißt sie noch – Carol Kane sieht ihn an und schreit: ›Du hast es mit einer anderen Frau getrieben!‹ Caroline war genauso. Und ein anderer Punkt war … Als ich aus London zurückkam, hatte sich einiges verändert. Sie hatte ein Baby verloren und …« Jack schüttelte den Kopf und versuchte, seine Erinnerungen zu ordnen. »Aber wenn sie etwas wußte, dann hat sie nie darüber gesprochen. Letztendlich glaube ich, daß sie wußte, weshalb ich es getan und weshalb ich es abgebrochen habe, und das war für sie dann okay.«
    »Dann laß mal hören. Wenn alles so perfekt war, warum?«
    »Weil ich es nicht aufhalten konnte. Nicht, ohne mich selbst zu hassen. Und vielleicht sogar Caroline ein wenig zu hassen. Und wenn ich es nicht aufhalten konnte, dann mußte es richtig sein.«
    »Aber du konntest Schluß machen.«
    »Genau.«
    »Und du kannst mit dieser Sache nicht Schluß machen, ich meine mit dem, was du im Augenblick tust … Ist es das, was du sagen willst?«
    »Du bist gar nicht so dumm, hmm?«
    »Da ist auch noch was anderes, das du mir nicht erzählst. Etwas anderes geht durch dein kleines stures Hirn.«
    »Neulich habe ich an Emma gedacht. Ich glaube, sie ist mir in fünf Jahren nicht einmal durch den Kopf gegangen, vielleicht sogar noch länger, auf keinen Fall so wie jetzt.« Jack schaute durch die große Schiebetür der Fleischfabrik. Sah, daß die Sonne am Himmel zu verblassen begann, und erkannte, daß er nach Hause gehen sollte. »Die Sache ist die, ich habe mit niemandem mehr geschlafen, seit Caroline gestorben ist. Um ganz ehrlich zu sein, habe ich sogar so gut wie gar nicht daran gedacht.«
    »Und jetzt denkst du daran.«
    »Ich brauche etwas, um mich wieder lebendig zu fühlen. Anderenfalls vergeude ich das Privileg, daß ich derjenige bin, der überlebt hat. Je tiefer ich in Kids Welt eindringe, desto lebendiger fühle ich mich.«
    »Eine Sache noch, Jackie. Dann lasse ich dich gehen. Ich dachte immer, das Leben hätte es nicht so gut mit mir gemeint. Ich habe mir niemals selbst leid getan, das ist nicht mein Stil, aber ich würde nicht behaupten, daß ich es einfach hatte. Aber auf eine Weise hatte ich es so. Auf eine Weise hatte ich es viel leichter als du. Ich habe meine Gespenster gefunden. Ich habe sie gefunden und mich, verdammt noch mal, davon befreit. Aber du hast jetzt deine eigenen Gespenster, Kleiner, doch ich weiß nicht, wie, zum Teufel, du sie finden willst. Und wenn du sie findest, glaube ich nicht, daß sie zu der Sorte gehören, von der man sich ganz einfach befreien kann.«
    Am nächsten Morgen gegen acht Uhr rief Elmo, der Portier, bei Jack an, um Bescheid zu sagen, daß Bryan in der Lobby warte und ob er raufkommen könne.
    Als Bryan aus dem Fahrstuhl stieg, fielen ihm fast die Augen aus dem Kopf. »Donnerwetter«, sagte er. »Hier läßt es sich leben, Mr. Keller.«
    Jack hatte es bereits aufgegeben, Bryan dazu zu bringen, ihn beim Vornamen zu nennen, daher lächelte er nur. Er begleitete Bryan zur Terrasse, wo die Geräte aufgestellt waren. »Donnerwetter«, war auch diesmal alles, was dieser hervorbringen konnte.
    Das Training war okay. Jack war steif und wie gerädert
    – nicht unerwartet, da er sich seit Kids Tod kein einziges Mal mehr richtig gefordert hatte. Bryan war bestimmend und seiner Sache sicher, aber gleichzeitig behutsam, und wußte, was er tun mußte. Jack brauchte nur ein paar Minuten, um sich innerlich zu entspannen und sich ihm anzuvertrauen. Er war nicht Kid, hatte nicht diese besondere Qualität, dieses nicht genau definierbare inspirierte Geschick, über das Kid verfügte, aber Bryan war gut. Sehr gut. Jack war mehr als zufrieden und sagte es ihm.
    Sobald er Bryan dieses Kompliment gemacht hatte, glitt ein leicht gequälter Ausdruck über Bryans Gesicht. Er kam mit Komplimenten nicht zurecht und wechselte augenblicklich das Thema.
    »Wie ist es im Saddle gelaufen?« erkundigte er sich. »Haben Sie Kim gefunden?«
    »Ich habe ihn gefunden«, sagte Jack. »Und ich habe auch die Entertainerin gefunden.«
    Bryan sah aus wie vom Donner gerührt. »Das faß ich nicht«, sagte er. »Wie haben Sie das geschafft?«
    Also schilderte Jack es ihm, sogar den Teil mit seinem Besuch in ihrem Apartment und dem

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