Icarus
Badewannenhahn zugedreht, sonst nichts.
Die Polizisten brauchten etwa zwei Stunden, um das Apartment zu durchkämmen. In dieser Zeit saß Jack im Wohnzimmer auf einem der Sofas. Niemand beachtete ihn. Er saß still da und sah ihnen zu, wie sie ihre Arbeit machten, bis, gegen halb zehn, Herb Bloomfield, Jacks Anwalt, erschien. Er begab sich mit Jack ins Schlafzimmer und stellte ihm ein paar Fragen – was genau passiert war, was, zum Teufel, er hier zu suchen hätte, was die Polizei zu ihm gesagt oder nicht gesagt hatte. Dann kehrten die beiden in den Wohnraum zurück und warteten geduldig.
Es war Viertel nach zehn, als Patience McCoy zum Sofa herüberkam. Sie nahm neben Jack Platz. Eine Weile sagte sie weder zu ihm noch zu Herb etwas. Schließlich wandte sie sich an Jack, schüttelte den Kopf und sagte: »Gibt es irgend etwas, das Sie mir mitteilen wollen?«
Herb aber ließ ihn gar nicht zu Wort kommen. Er drängte sich sofort dazwischen und erklärte mit Nachdruck, daß man damit bis zum nächsten Morgen warten könnte, aber Sgt. McCoy sah ihn nur müde an und meinte: »Ich glaube nicht, daß Ihr Mandant verdächtig ist, Counselor. Ich finde, er ist ein verdammter Narr, aber ich nehme auch nicht im entferntesten an, daß er die Kleine umgebracht hat. Und ich möchte ihn morgen früh nicht wiedersehen, weil ich morgen früh nicht mehr über diese ganze Sache hier nachdenken will. Ich möchte, daß es gleich hier und jetzt geregelt wird. Also gewähren Sie mir fünf Minuten, und dann können wir alle nach Hause gehen.«
Das brachte Herb augenblicklich zum Verstummen. Er nickte, zuerst in Richtung McCoy, dann in Richtung Jack als Zeichen für ihn, sagen zu können, was er wollte.
Jack ließ sich von McCoys zornigem Blick nicht einschüchtern. »Ich weiß nicht, was Sie als Antwort von mir erwarten«, sagte er.
»Ich möchte wissen, ob Sie irgendeinen Grund zu der Annahme haben, daß dies etwas anderes ist als ein Tod durch eine Drogenüberdosis. Wir gehen davon aus, daß dies sozusagen die Fortsetzung zu Kids Tod ist. Vielleicht waren es zwei Unglücksfälle, vielleicht auch nicht, aber beide haben zu viele Drogen genommen, und beide sind gestorben.«
»Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Ich bin so ernst, wie ich nur sein kann, Jack. Wir haben keinerlei Anzeichen dafür, daß außer dem armen Mädchen jemand hier war – und Ihnen natürlich.«
»Jemand hat mir die Haustür aufgedrückt und mich hereingelassen.«
»Das haben Sie gesagt. Aber Sie sagten auch, daß die Haustür verschlossen war.«
»Das war sie auch.«
»Hmm. Das Schloß wurde aufgebrochen. Das ist im Augenblick Ihrer Glaubwürdigkeit nicht gerade zuträglich. Vielleicht haben Sie auf die falsche Klingel gedrückt, das wäre möglich. Wir überprüfen jeden Bewohner im Gebäude. Ein paar Leute sind noch nicht zu Hause. Ehe wir uns dieser Mühe unterziehen – wollen Sie vielleicht Ihre Geschichte in irgendwelchen Punkten ändern?«
Jack war sprachlos. Er wußte, daß die Tür verschlossen gewesen war. Er hatte es doch probiert. Was, zum Teufel, ging hier vor? Konnte das Schloß aufgebrochen worden sein, nachdem er die Treppe heraufgekommen war? Und warum? Was, in Gottes Namen, ging hier vor?
»Warum sollte ich lügen?« fragte er McCoy.
»Erzählen Sie es mir«, lautete ihre Antwort. »Erzählen Sie es mir, Jack.«
»Vielen Dank, Sergeant.« Herb stand jetzt auf, ergriff Jacks Hand und zog ihn hoch auf die Füße. »Mein Mandant hat alles gesagt, was zu sagen ist.«
McCoy schüttelte den Kopf und hob die Hände, als biete sie einen Waffenstillstand an. »Ich sagte, er sei kein Verdächtiger, und er ist kein Verdächtiger.« Indem sie ebenfalls aufstand und sich vollends zu Jack umdrehte, sagte sie: »Wenn Sie irgendeinen plausiblen Grund haben, dies für einen Mord zu halten, dann nennen Sie ihn mir, denn meine Leute haben nicht das geringste Indiz. Sollte der Laborbericht nichts anderes ergeben, verschwindet diese Geschichte als normaler Unfalltod in den Akten.«
Jack versuchte, seine Gedanken zu sammeln. Wieder einmal erkannte er, daß er praktisch matt gesetzt war. Was konnte er schon sagen? Die junge Frau wurde von derselben Person umgebracht, die auch Kid getötet hat? Sie wurde von jemandem getötet, der wollte, daß sie nicht redet? Sie wurde getötet, weil sie etwas wußte, das keiner von ihnen wußte und jetzt wahrscheinlich nie erfahren würde? Nein, davon konnte er nichts verlauten lassen. Weil er keinen Beweis dafür hatte. Er
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