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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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bot. Ein Trio, zwei Schwarze in dunklen Anzügen und mit Krawatte und ein Weißer mit einem Bürstenhaarschnitt und bekleidet mit einem Hawaiihemd, spielte gerade, als sie eintraten – Gitarre, Baß und Klavier. Grace holte sich zwei Plastikbecher von der Bar, und sie setzten sich an einen Tisch.
    »Ich sehe keinen Barkeeper«, meinte Jack. »Wie werden wir …«
    »Bleiben Sie ganz ruhig«, sagte Grace. »Trinken Sie ein Bier, und warten Sie eine Weile. Es ist noch früh.«
    Sie lauschten der Musik, die hervorragend, rhythmisch, kompliziert und aufreizend genug war, um dem kahlen Raum und der späten Stunde gerecht zu werden, und tranken von ihrem Bier. Um halb drei wimmelte es in dem Club nur so von Menschen. Bis dahin hatte Jack auch mehrere Leute, insgesamt etwa zehn, beobachtet, die nacheinander hinter die Bühne gegangen und hinter einem Vorhang, der die Wand abschirmte, verschwunden waren. Er blickte fragend zu Grace, deutete mit einem fragenden Kopfnicken auf die Wand, und sie schaute auf die Uhr. Sie sah hinüber zu einem jungen Schwarzen mit perlengeschmückten Dreadlocks, der jetzt hinter der Bar stand. Sie deutete mit zwei Fingern auf den Vorhang, und der Mann nickte.
    »Wieviel Geld haben Sie bei sich?« fragte sie Jack.
    »Warum?«
    »Haben Sie fünfhundert Dollar?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Dann sollten wir losziehen und Samsonite suchen.«
    Sie stand auf und ging zur Stirnseite des Raums, und er folgte ihr. Während sie die Bühne passierten, hielt Grace die Hände halb hoch und applaudierte, und die Musiker warfen ihr dankbare Blicke zu. Dann waren sie hinter der Bühne und tauchten in die Vorhangfalten ein, Jack dicht hinter ihr.
    Der Vorhang hing nicht direkt auf der Wand, wie Jack angenommen hatte. Zwischen dem Vorhang und der Wand war ein Abstand von ungefähr einem Meter. In dem schmalen Gang roch es schwach nach Urin. Rechts war eine Tür mit der Aufschrift »Toilette« zu sehen. Grace ging zu der anderen Tür und drehte den Knauf. Er rührte sich nicht, aber sie wartete geduldig, dann hörte Jack ein leises Summen, und sie versuchte es erneut. Diesmal gab der Knauf nach, und plötzlich standen sie in einem Hinterzimmer, eher ein Saal, der zweimal so groß war wie der Raum, den sie gerade verlassen hatten. Hier gab es keine Live-Musik, sondern gedämpften Jazz von CDs. Dieser Raum war noch dunkler, und Jacks Augen brauchten einige Sekunden, um sich diesem matten Licht anzupassen. Danach sah er rund zwanzig Menschen in kleinen, gemütlichen Sesseln oder auf Zweiersofas. Die meisten rauchten Tabak wie auch Marihuana. Eine kleine Bar war zu sehen, die zur Abwechslung recht gut mit alkoholischen Getränken ausgestattet war. Zwei Frauen standen hinter der Theke, eine blond, die andere brünett, und beide trugen enge Jeans und noch engere schwarze TShirts. Die Blonde schenkte aus einer Flasche Bourbon ein. Die Brünette benutzte ein Tranchiermesser, um auf einem flachen Teller ein kleines Häufchen weißes, glitzerndes Kokain aufzuteilen.
    »Ich glaube, ich spinne«, murmelte Jack. »Solche Läden gibt es doch gar nicht.«
    Grace erwiderte nichts darauf. Sie ging nur hinüber zur Bar und kletterte auf einen Hocker. Er stellte sich hinter sie.
    »Wieviel?« fragte sie die Brünette.
    Die Frau schaute schnell hoch, dann konzentrierte sie sich wieder auf ihre Tätigkeit. »Dreihundert«, sagte sie.
    Grace nickte Jack zu. Er griff in die Tasche, holte drei Einhundert-Dollar-Scheine hervor und reichte sie ihr.
    »Zum Mitnehmen oder für hier?«
    »Zum Mitnehmen. Und zwei Bier, bitte.«
    Sie holte zwei Flaschen New Amsterdam unter der Theke hervor. Beide Flaschen waren kalt und triefnaß. Die Barkeeperin öffnete sie und stellte sie hin. Dann wischte sie sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und begann wieder, das Kokain aufzuteilen. Jack verfolgte, wie sie kleine Häufchen bildete, jedes etwa ein Gramm schwer. Als sie mit ihrem Werk zufrieden war, holte sie eine Tüte aus einer Schublade, wischte eines der Häufchen hinein, klopfte das Pulver auf den Boden der Tüte, faltete sie zu einem kleinen Quadrat zusammen und reichte sie Grace. Dann befeuchtete sie mit der Zungenspitze ihren Finger, tupfte damit die restlichen Kokainkristalle auf. Sie hielt Grace einladend den Hnger hin, diese schüttelte jedoch den Kopf. Die Barkeeperin zuckte die Achseln, rieb sich mit dem Finger über ihr Zahnfleisch und lächelte zufrieden.
    »Ich hab dich lange nicht gesehen«, sagte sie zu Grace.
    Jack glaubte, daß Grace

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