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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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Geschäftspartner zu werden. Sie ertappten sich dabei, wie sie bis tief in die Nacht immer neue Strategien entwickelten. Sie gingen eine Pizza essen oder in ein chinesisches Restaurant, wollten anschließend noch einen Film ansehen, vertieften sich aber derart in ihre Diskussion über alle möglichen Details ihres geplanten Restaurants, daß das Kino ersatzlos gestrichen wurde. Sie blieben im Pizzarestaurant sitzen, redeten aufeinander ein, stellten Fragen, schickten die möglichen Antworten gleich hinterher, bis man sie bat, das Lokal zu verlassen, weil der Tisch gebraucht würde. Dann zogen sie um in ein Café oder eine Bar und planten weiter, bis ihnen bewußt wurde, daß es schon zwei Uhr morgens war und Zeit, nach Hause zu gehen.
    Sie fanden einen perfekten Standort. Ein kleines der für New York typischen Sandsteingebäude, dessen Parterre als gewerblich nutzbar ausgewiesen war. Es ließ sich leicht in ein Restaurant umbauen, und es gab hinter dem Haus sogar einen Garten mit einem Patio. Das einzige Problem war, daß das Haus in einer Seitenstraße in Chelsey stand. Es gab kaum Fußgängerbetrieb. Keine besonders reizvolle Gegend, jedenfalls damals nicht. Zu weit im Westen, zu nahe am Geschäftszentrum. Zu niedriges soziales Niveau, eine zu ungemütliche Nachbarschaft. Aber sie konnten es sich wenigstens leisten. Ihre erste Investition, ehe sie auch nur eine Dose Farbe oder ein einziges Stück Besteck kauften, war ein kleiner blau-weißer Baldachin. Darauf stand, in kleinen geschwungenen Buchstaben, die Inschrift Jack’s T-Bone . Der Baldachin stand ein ganzes Jahr vor dem Gebäude, ehe das Restaurant seine Tore öffnete. Jedesmal, wenn Jack das Vordach ansah, vermittelte es ihm das sichere Gefühl, daß er am Ende Erfolg haben würde, und es machte ihm klar, daß sein Traum im Begriff war, Realität zu werden.
    Caroline war es, die darauf bestand, das Objekt zu kaufen und nicht nur zu mieten. Das machte ihn nervös – Jack hatte nie etwas Wertvolleres besessen als eine Lederjacke. Aber sie meinte, sie müßten in die Zukunft blicken. Wenn ihnen das Objekt gehörte, könnten sie damit tun, was sie wollten. Sie hätten totale Kontrolle darüber. Und außerdem könnten sie über dem Restaurant wohnen. Sie hätten nicht nur ein wunderschönes Zuhause, sie könnten auch nach dem letzten Gast die Tür abschließen und schon zwei Minuten später im Bett liegen.
    »Damit ersparen wir uns jeden Tag mindestens eine Stunde Fahrzeit«, sagte sie. Und dann mit einem hinterhältig unschuldigen Blick: »Wir werden Kinder haben, Jack. Ich denke an vier oder fünf. Diese zusätzliche Stunde könnten wir im Bett bleiben und daran arbeiten.«
    Sie brachte ihr Treuhandvermögen als Nebensicherheit ein, die die Bank sofort akzeptierte, und das Stadthaus gehörte ihnen.
    Es schien bald, als gehörte ihnen auch die ganze übrige Welt.
    Das Restaurant war von Anfang an ein Erfolg. Es eröffnete als altmodisches Steakhaus, servierte die besten Stükke sorgfältig abgehangenen Fleisches, den perfekten Caesar’s Salad und die Spezialität, Jack’s Potatoes, eine runde Skulptur aus in dünne Scheiben geschnittenen Kartoffeln, mit Schalotten und Zwiebeln in einer Gußeisenpfanne gebraten. Er machte sich auch über andere Speisen kundig, eignete sich detaillierte Kenntnisse an, die für ihn das, was er machte, zu einer Kunst aufwerteten und nicht nur zu einem Geschäft. Bei den Fischhändlern auf dem South Street Seaport erfuhr er, daß geangelter Fisch besser war als im Netz gefangener – im Netz drang den Fischen fast immer Wasser ins Maul. Das blähte sie auf und minderte ihren Geschmack. Er erlernte das Backen. Jean-Guy, der weißhaarige Pariser, der als Chefbäcker in der Van Dam Street Bakery arbeitete, lehrte ihn, daß Hartweizen für Brot am besten ist, weicher Weizen für Gebäck, und es dauerte nicht lange, da konnte Jack allein am Geschmack die Brotsorten unterscheiden, die auf Sauerteigbasis hergestellt worden waren. Von den Bauern auf dem Union Square Farmers Market wurde er auf Geschmackscharakteristika der besten Tomaten, Zwiebeln und Kräuter aufmerksam gemacht. Genauso wie Jack, behutsam von Caroline angeleitet, nach und nach anspruchsvoller wurde, entwickelte sich auch das Restaurant weiter. Sie reisten nach Italien, mieteten sich ein kleines Haus in der Toskana und landeten irgendwann in einer wundervollen trattoria namens Prago außerhalb von Lucca. Sie stellten unzählige Fragen, sogen jedes Detail auf und, was am

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