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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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aber als er es betrat, wurde er von den gräßlichen Bildern überwältigt, die für immer in seiner Erinnerung bleiben würden. Während er im großen Speisesaal stand, konnte er die Stimmen hören, erlebte er den Streit am Tisch hinten in der Ecke, als fände er in diesem Moment statt. Als er sich zur Bar umdrehte, konnte er die maskierte Gestalt erkennen, die Caroline die Treppe hinaufstieß. Er erinnerte sich an seine Panik und seinen verzweifelten Versuch, sie zu retten.
    Jack zwang sich, zum Büro hinaufzugehen. Er ging langsam, nicht so wie an dem Abend, als er, zwei oder drei Stufen auf einmal nehmend, hinaufgestürmt war. Er sah sich in das Zimmer platzen, spürte den Schlag, der ihn traf, und wie er zusammenbrach. Als er jetzt den kleinen Raum betrat, konnte er alles sehen und hören, als geschehe es in diesem Moment vor seinen Augen: die Angst in Carolines Gesicht, die unverständlichen Wortfetzen, das Durcheinander von Worten, die durch seine Gedanken wirbelten.
    Reiß die Wolle runter.
    Was, zum Teufel, hatte das bedeutet?
    Wollig hier … der Wille ist stark … Wolle candy brechen …
    Das war etwas, das ihn all die Monate gequält hatte. Es quälte ihn noch immer. Wenn er doch nur einen Sinn in das Gehörte bekäme. Er war doch dabeigewesen! So nah! Aber er hatte seine Schmerzen, diesen Nebel, dieses Grauen nicht besiegen können, um zu verstehen, was er gehört hatte.
    Er war ganz dicht bei ihr und konnte sie nicht retten.
    Er war auch dicht bei dem Mörder und konnte ihn nicht identifizieren.
    Bella, die Geschäftsführerin des Restaurants, fragte ihn etwas.
    »Wollen Sie einen Drink, Jack? Das muß für Sie ziemlich schlimm sein.«
    Jack schüttelte den Kopf. Er saß jetzt wieder unten an der Bar. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, das Büro verlassen zu haben. »Ich möchte nur reden und schnellstens von hier verschwinden, wenn Sie die Wahrheit wissen wollen.«
    »Ich weiß nicht, was ich Ihnen erzählen soll. Ich habe der Polizei alles gesagt.«
    »Gehen Sie einfach noch mal die Einladungen durch. Für die beiden Footballspieler, Haywood und Neufield.«
    »Caroline hatte sich um die letzten Einladungen gekümmert. Einige von uns hatten Vorschläge, die sie mit mir besprach. Ein paar Leute strichen wir von der Liste, dann hatten wir keinen Platz mehr für ein paar Geschäftsleute aus dem Ort, nichts Besonderes oder Ungewöhnliches. Ein oder zwei Tage ehe wir sie abschickten, bekam ich die endgültige Liste zu Gesicht, und Caroline hatte eingetragen: ›Raymond Kutchler und Begleitung‹. Es stellte sich heraus, daß sie die Football-Spieler waren und der Name falsch war, aber so standen sie auf der Liste. Ich fragte sie, wer sie wären, und sie meinte, niemand Besonderes, sie täte nur einem Freund einen Gefallen. Sie sagte außerdem, sie würde die Einladungen persönlich abliefern, wir brauchten sie nicht mit der Post zu schicken.«
    »War es ein Gefallen für Kid Demeter?«
    Bella schaute unbehaglich drein. »Das weiß ich nicht, Jack. Dazu hat sie sich mir gegenüber nicht geäußert.«
    »Sie standen Caroline sehr nahe. Das weiß ich. Sie hat ständig von Ihnen gesprochen und erzählte, Sie beide hätten sich angefreundet, während sie hier unten war.«
    »Das haben wir auch. Aber sie war noch immer meine Chefin. Sie war ein Vorbild an Diskretion, vor allem gegenüber den Angestellten. Es ist alles, was ich über Kid weiß, und mehr gibt es nicht, ich schwöre. Caroline erzählte mir, er wäre wie ein kleiner junger Hund, wenn er bei ihr war. Er war schrecklich in sie verliebt, das war er schon als Junge, und das konnte man erkennen, so wie er sie immer anschaute …«
    »Als wäre sie absolut vollkommen.«
    »Als wäre sie mehr als vollkommen. Ich glaube nicht, daß sie es allzu ernst nahm, aber irgendwie freute es sie, wenn Sie verstehen, was ich meine. Er war schließlich eine tolle Erscheinung und hatte nur Augen für sie.«
    »Glauben Sie …«
    »Ob ich glaube, daß sie eine Affäre mit ihm hatte? Ja. Ich sage es Ihnen ungern, aber ja. Er war das wunderbare junge Ding, das sie sich immer gewünscht hat. Aber ich weiß auch, egal, wie ihre Beziehung aussah, sie beendete sie, ehe Sie hierherkamen. Sie war sehr gereizt. Aber nicht traurig. Irgendwie erleichtert und verrückterweise glücklich. Wissen Sie, wie bei einer Entscheidung, die man lange vor sich herschiebt, aber wenn man sie getroffen hat, erscheint plötzlich alles ganz einfach, weil man erkennt, daß es die einzig

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