Icarus
beschäftigt dich.«
»Was ist daran unfair?«
»Während du so gut wie immer weißt, was ich denke, habe ich nie die geringste Ahnung, was in deinem Kopf vorgeht.«
Das rief ein Lächeln hervor. »Endlich bin ich eine geheimnisvolle Frau«, sagte sie. »Das habe ich mir mein ganzes Leben lang gewünscht.«
»Dann erzähl doch mal, geheimnisvolle Frau. Was würdest du dir denn als erstes kaufen, wenn wir sehr, sehr reich wären?«
»Was für eine Frage ist das denn?«
»Reine Neugier. Angenommen, wir verkauften die Restaurants und erzielten einen Riesengewinn. Du könntest gehen, wohin du willst, und könntest kaufen, wonach dir der Sinn steht. Komm schon, hast du noch nie über so etwas nachgedacht?«
»Okay«, sagte sie. »Ich weiß es. Ich würde etwas unendlich Schönes kaufen.«
»Ein neues Haus?«
»Gott behüte, ich möchte niemals aus unserer Wohnung raus. Nein, ich würde mir etwas … Bleibendes kaufen. Etwas, das ich immer ansehen könnte und von dem ich wüßte, daß es zu Hause auf mich wartet. Etwas, das immer andauern und sich niemals verändern würde.« Er hob die Augenbrauen und wartete auf die Offenbarung. »Ich würde mir einen Hopper kaufen, wenn ich könnte«, sagte sie. »Eine seiner frühen Stadtansichten. Ich würde sie über den Kamin hängen, und ich würde an meiner im Laufe der Zeit wechselnden Reaktion erkennen, wie ich mich verändere. Ich würde wissen, daß ich glücklich bin, wenn ich nur die Schönheit des Gemäldes sehe. Oder ich würde erkennen, daß irgend etwas mit mir nicht stimmt, wenn sich mir am deutlichsten die Verzweiflung und Einsamkeit des Bildes mitteilt.«
»Kunst als emotionaler Kompaß?«
»Du hast mich gefragt«, sagte sie. »Du hast mich gefragt, und das würde ich mir kaufen. Und nun zu dir.«
»Das ist einfach«, sagte er.
»Aktien der Knicks?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich würde auch etwas unendlich Schönes kaufen.«
»Ein Schloß in Frankreich?«
»Nein. Dies hier.«
Er griff in die Tasche, holte eine schmale schwarze Schatulle hervor und drückte sie ihr in die Hand.
»Was ist das?«
»Mach’s auf.«
Sie tat es, und er war zufrieden – er hatte noch nie zuvor erlebt, daß ihr etwas den Atem verschlug.
»O mein Gott, Jack, das ist … das ist …«
»Überwältigend?«
»Ja. Ganz und gar. Spinnst du? Das muß ein Vermögen gekostet haben.«
»Hat es auch«, gab er zu. »Herzlichen Glückwunsch zur Eröffnung.«
Sie nahm eine Halskette aus der Schatulle, hielt sie hoch und ließ sie zwischen ihren Fingern hin und her baumeln, während sie sie andächtig betrachtete. Ein Kollier, ein perfekter Kreis aus gleich großen Brillanten, die sogar im matten Schein der Deckenbeleuchtung des Büros prachtvoll funkelten.
»Gefällt es dir?«
»Ich habe noch nie etwas so Schönes gesehen. Ich glaube es einfach nicht. Jack, du hättest nicht …«
»Reicht das als Wiedergutmachung für das nicht mitgebrachte Gewehr aus?«
»Ich kann noch immer nicht begreifen, daß du es vergessen hast. Ich habe dich daran erinnert, kurz bevor du abgefahren bist …«
»Nimmst du den Schmuck als Wiedergutmachung an?«
»Ja. Natürlich.« Sie lächelte strahlend. »Aber nur, weil ich so nett bin.«
»Mach sie um!«
Sie legte sich die Kette um den Hals und ließ den Verschluß einrasten. Dann drehte sie sich zu Jack.
»Sie steht dir perfekt.«
Sie beugten sich beide vor, und ihre Lippen trafen sich. Es sollte eigentlich ein schneller, kurzer Kuß sein, eine Besiegelung des bevorstehenden Abends, nur daß Jack den Blick hob und etwas in ihren Augen sah, er war sich nicht ganz sicher, was, aber es brachte ihn dazu, sich ihr noch weiter entgegenzubeugen und den Kuß zu vertiefen. Ihre Lippen öffneten sich, ihre Zungen trafen sich, und plötzlich legte sich eine ihrer Hände in seinen Nacken, und seine beiden Arme umschlangen sie, und sie preßten ihre Körper aneinander, als wollten sie miteinander verschmelzen. Als sie sich schließlich voneinander trennten, unterbrachen sie zuerst den Kuß, ließen ihre Lippen auseinanderweichen, dann ließen sie einander langsam, zögernd los, wobei ihre Körper sich nach und nach voneinander entfernten, zuerst die Köpfe, dann die Oberkörper und schließlich die Hüften und Beine.
»Wenn dieser Abend vorbei ist, müssen wir uns ganz ausgiebig miteinander beschäftigen«, sagte Jack.
»Das könnte eine gute Idee sein«, stimmte sie ihm zu. »Falls dieser Abend jemals zu Ende geht.«
Und dann wurde es Zeit, sich
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