Icarus
betrachtete Oberkellner als geldgierige Leibwächter – gebieterisch und bestechlich. Statt dessen gab es bei ihm, was er Restaurantchefs nannte, und sie steuerten den Betrieb. Sie wußten, wie man die Platzverteilung, die Überbesetzung, die Laufkundschaft organisierte, und sie wußten außerdem, wie man mit dem Streß fertig wurde, der sich automatisch einstellte, wenn man den Restaurantbetrieb jeden Abend neu planen muß. Jack und Caroline ließen ganz besondere Sorgfalt walten, wenn es darum ging, Restaurantchefs einzustellen. Diese Leute mußten clever und souverän sein, sie mußten einen ausgeprägten Stolz haben, und sie mußten von dem inneren Bedürfnis beseelt sein, die Gäste zufriedenzustellen. Der Ruf eines Restaurants hing davon ab, wie das Personal mit den Gästen umging. Und das nicht nur in den oberen Rängen. Deshalb hatten sie für die neue Filiale auch Kellner und Hilfskellner eingestellt, die erfahren waren, die sich darüber freuten aufzusteigen und die sich noch mehr darüber freuten, einen Arbeitgeber zu haben, der ihnen auch eine Krankenversicherung bot. Als er sie jetzt beobachtete – wie sie Staub saugten, die Tische polierten, Servietten falteten, die Speisekarten bereitlegten und die Lautstärke der Stereoanlage justierten, die für die musikalische Untermalung des Abends sorgen würde –, war Jack zufrieden und stolz. Caroline schien in diesem Bereich Ungewöhnliches geleistet zu haben. Er ging seine übliche Checkliste durch, suchte nach irgendwelchen Punkten, die fehlten, Dingen, die noch nicht erledigt waren. Er fand nichts dergleichen.
17:00 Uhr:
Sie veranstalteten die erste Betriebsversammlung.
»Ich möchte nur kurz einige Dinge ansprechen«, begann Jack, »ehe Dave, unser Chefkoch, das Personalessen serviert. Ich habe es übrigens probiert und kann Ihnen versichern, daß es wirklich nicht übel ist.« Das wurde mit einem zufriedenen Kopfnicken zur Kenntnis genommen. »Heute abend erwarten wir einige VIPs. Sie verdienen besondere Aufmerksamkeit und einen besonderen Service, aber ich möchte betonen, daß Jack’s sich seinen Ruf nicht dadurch erworben hat, wie wir die VIPs unter unseren Gästen behandeln. Der Ruf basiert auf unserem Umgang mit unseren ganz normalen Gästen. Heute abend, zum Beispiel, sind die Tische draußen für nicht geladene Gäste reserviert, denn wenn wir eins sind, dann demokratisch. Wir haben einen schönen Abend vor uns, und ich rechne damit, daß die Tische draußen stark frequentiert sein werden, und zwar nicht nur zum Essen, sondern auch als Freiluftbar. Ich möchte, daß diese Gäste genauso aufmerksam bedient werden wie der Bürgermeister, der Gouverneur und all die anderen wichtigen Leute, die, das kann ich Ihnen versprechen, lausige Trinkgelder geben werden.« Die Reaktion darauf war abermals ein allgemeines Kopfnikken, begleitet von spöttischem Gemurmel und Kichern. Jack bedankte sich bei allen für die geleistete Arbeit, dann sagte Caroline ein paar Worte. Sie teilte ihnen mit, daß sie sich gerade mit der besten Reinigung des Ortes geeinigt hätte, so daß sie sich wegen möglicher Flecken auf ihrer Arbeitskleidung keine allzu großen Sorgen machen müßten. Sie kam dann auf ein kleineres Problem, den Platz für die Kaltluftkühlung und einen der drei Kühlräume betreffend. Danach kündigte sie an, daß sie alle sich im Laufe der kommenden Monate einer Ausbildung in Erster Hilfe unterziehen müßten. Ihnen wurde demonstriert, wie sie am besten die Spiegel nutzten, die an strategisch geeigneten Punkten überall im Speisesaal angebracht waren – Sex unter dem Tisch war die beliebteste Unart, der die Gäste frönten und die schon im Ansatz unterbunden werden sollte –, und sie alle wußten, daß sie auf Krakeeler, Betrunkene und Randalierer achten mußten. Und ihnen wurden die »wichtigen« Tische gezeigt, die allseits sichtbaren für die VIPs, die ihren Erfolg zur Schau stellen wollten, und die beiden Tische im hinteren Teil des Saals für die, die unerkannt bleiben oder ihre Ruhe haben wollten.
Dann brachten Dave und die Kellner und Kellnerinnen das Essen heraus. Das Personalessen war an diesem Tag die Spezialität des Tages. Jack kostete einen Bissen, und es war köstlich, doch obgleich er all das schon des öfteren durchgemacht hatte, war er viel zu nervös, um einen weiteren Bissen hinunterzubekommen. Mit einem Lächeln nahm er zur Kenntnis, daß Caroline sich einen Nachschlag nahm.
17:30 Uhr:
Caroline besprach mit den beiden
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