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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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Zugriffs zu werden. Noch besser als der Plan.
    Aber er war nicht zu Tode gekommen. Es stand in der Zeitung. Schwarz auf Weiß. Trotz allem war Jack Kelleram Leben geblieben.
    Also war es noch nicht vorbei. Eigentlich nicht. Noch nicht.
    Jetzt war es Vorher, Während, Nachher …
    Und fing von neuem an.

BUCH DREI

    Der dritte Fall
    Ein halbes Jahr später 2000-2001

Dreizehn
    »Jack …«
    Geistesabwesend blickte er auf. Dabei spürte er, wie ein eisiger Lufthauch seinen Nacken traf, und er fröstelte.
    »Jack …?«
    Er brauchte einen Moment, um sich zu konzentrieren, verärgert, daß er es gerade einmal geschafft hatte, den Zeitungsartikel, der ihn interessierte, nur zu einem Viertel zu lesen. An dem kleinen gußeisernen Tisch auf der Terrasse seines Penthouse-Apartments sitzend, war er durch die weiche Stimme, die seinen Namen rief, aufgeschreckt worden. Irgend etwas sagte ihm, daß sein Name bereits drei-oder viermal gerufen worden war.
    »Es ist zu kalt, um da draußen zu sitzen«, sagte die Stimme. »Kommen Sie doch jetzt lieber rein.«
    Es war Mattie, die Haushälterin, die schon seit zwölf Jahren bei ihnen arbeitete. Sie redete voller Sanftheit mit ihm, so wie ein Kindermädchen zu einem geliebten, aber eigensinnigen Kind sprechen würde. Als Caroline noch lebte, kam die hagere schwarze Frau mit den runden Brillengläsern und dem silbergrauen Haar jeden Dienstag und Freitag, kümmerte sich um den Hausputz, die Einkäufe und die anderen Besorgungen, die erledigt werden mußten. Seit dem Überfall war sie jeden Tag herübergekommen, um nach ihm zu sehen. Er hatte sie nicht darum gebeten, sie war einfach an einem Montag erschienen und hatte gemeint: »Ich habe meinen Zeitplan geändert.« Sie hatte sich nie erkundigt, ob sie öfter kommen sollte, hatte nie nach mehr Geld gefragt. Sie war einfach da und fügte das Kochen ihrem Aufgabenkatalog hinzu. Während der ersten beiden Monate war jemand da, der im Hause wohnte. Ein Krankenpfleger namens Willie. Aber das war einerlei. Mattie kam jeden Morgen um neun ins Haus. Als sie mitbekam, daß Jack kaum eine Nacht durchschlafen konnte, daß er fast immer viel früher aufwachte, erschien sie um acht oder sieben, manchmal sogar schon um sechs, damit sie für ihn das Frühstück zubereiten und Kaffee kochen konnte. Sie hatte einen Wohnungsschlüssel und gelangte hinein, wann immer sie wollte. Vor kurzem hatte Jack festgestellt, daß sie ab und zu sogar mitten in der Nacht vorbeikam. Er war um zwei Uhr morgens aufgewacht und hatte sie im Wohnzimmer angetroffen, wo sie vor dem Fernseher saß, dessen Lautstärke sie so weit heruntergedreht hatte, daß kaum etwas zu verstehen war. Er war nicht aus dem Bett gestiegen, sondern hatte nur gespürt, daß außer Willie, dem Krankenpfleger, noch jemand in der Wohnung war. Als er einen Ruf ausstieß, war Mattie mit verlegener Miene ins Schlafzimmer gekommen. Sie wäre gelegentlich da, gestand sie ihm, um nach ihm zu sehen und sicherzugehen, daß es ihm gut ging. Sie wüßte schließlich, daß er sie niemals so spät anrufen würde, selbst wenn er dringend etwas benötigte. Sie wüßte sehr wohl, daß Willie in einem Notfall das Richtige tun würde, aber sie traute ihm einfach nicht zu, sich auch in den kleinen Dingen auszukennen. Die gute Mattie. Jack dachte, daß sie Caroline sicherlich genauso schmerzlich vermißte wie er. Und jetzt hatte sie solche Angst um ihn. Es war deutlich in ihren Augen zu erkennen, als sie ihn auch jetzt wieder vom Wohnzimmer aus betrachtete. Ihr Blick war so traurig.
    »Es heißt, es wird bald regnen. Vielleicht schneit es sogar, auch wenn es vorwiegend Schneematsch ist. Kommen Sie doch herein, hier ist es warm.«
    »Mir geht es gut, Mattie«, sagte er zu ihr. Aber das reichte ihr nicht. Sie blieb stehen, hatte die linke Hand in die Hüfte gestemmt und blickte mit gerunzelter Stirn durch die halboffene Glasschiebetür zu ihm hinaus. »Ich komme in ein paar Minuten rein, reicht das?«
    »Meinen Sie das auch ehrlich?« Ihre Stimme war ohne Schärfe, in keiner Weise anklagend. Sie klang beinahe singend.
    »Ich schwöre.«
    »Fünf Minuten?«
    »Ja. Nicht mehr als fünf Minuten.«
    Sie nickte, nicht hundertprozentig zufrieden, war aber immerhin bereit, diesen Kompromiß als bestmögliche Lösung zu akzeptieren.
    Sobald sie in die Küche zurückgekehrt war, widmete Jack sich wieder der Routine, die er jeden Morgen einhielt, nachdem er aus dem Krankenhaus nach Hause entlassen worden war. Es war das erste, was

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