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Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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Wellen eines cremeweißen Ozeans. Sie ertrank in einem Meer von Raubtieren.
    Langsam wurde ihr die Luft knapp. Bären versammelten sich nicht auf diese Weise. Es war nicht ihre Art. Lauf weg!, rieten ihre Instinkte Cassie. »Bleib ruhig!«, flüsterte sie vor sich hin.
    Einer der Eisbären wandte ihr den Kopf zu. Seine Schnauze war nur wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. Er stupste ihren Anorak mit seiner Nase an. Als er an ihrer Gesichtsmaske schnupperte, konnte sie seinen Atem spüren. »Friss mich nicht!«, bat sie. Ihre Stimme brach.
    Doch den Klang ihrer Worte hatten auch andere Bären gehört. Sie wandten sich zu ihr um und starrten sie an.
    Schauer krochen über Cassies Rücken.
    Eins der Raubtiere schnaubte, und noch mehr von ihnen drehten sich um. Und noch mehr. Und noch mehr, bis die undurchdringlichen Blicke Hunderter pechschwarzer Augenpaare auf sie gerichtet waren. Nicht bewegen, dachte Cassie. Einfach nicht bewegen. Doch auf ihrer Haut kribbelte es, und ihre Füße setzten sich wie von allein in Bewegung. Jetzt sahen alle Eisbären sie an. Es mussten Tausende sein. Das Knirschen ihrer Mukluks verschmolz mit dem Atem der Raubtiere. Nicht rennen, dachte Cassie, doch ihre Füße wurden schneller und schneller. Die Menge der Bären teilte sich wie auf ein geheimnisvolles Kommando, während sie mit dem Rücken voran durch sie hindurchging, hinaus aus der erdrückenden Masse und auf das offene Eis. Dort angekommen, drehte sie sich um und rannte los, so schnell sie nur konnte. Der Rucksack schlug gegen ihren Rücken. Ein scharfer Wind blies ihr ins Gesicht. Mit aller Kraft lief sie über die gefrorenen Wellen gegen ihn an.
    Und die Eisbären bildeten eine unnatürliche Herde und folgten ihr.

Kapitel Sechzehn
    Geografische Breite: 88° 51 ' 42 " N
    Geografische Länge: 151° 25 ' 50 " W
    Höhe: 3 m
    ÜBER IHR SPANNTE SICH EIN ZARTBLAUER, FAST WEISSER Himmel. Nicht ein einziger Vogel oder ein einziges Flugzeug waren weit und breit zu sehen. Cassie checkte ihr GPS : 88° 51 ' 42 " N, 151° 25 ' 50 " W. Seit fünf Tagen wanderte sie nun schon über den gefrorenen Ozean. Sie hätten sie längst finden müssen.
    »Komm schon, Max«, flüsterte sie, während ihr Blick erneut suchend über den Himmel wanderte. »Rette mich!« Das Licht der tief hängenden, nie untergehenden Sonne stach in ihre Augenwinkel.
    Warum war er nicht gekommen?
    Gemächlich zog die Sonne weiter ihre Bahn am Horizont. Als sie ihren südlichsten Punkt passierte, wurde das blendende Weiß des Nachmittags noch intensiver. Immer noch trotteten Hunderte Eisbären hinter ihr her, vielleicht auch Tausende. Ein Kribbeln fuhr ihre Wirbelsäule hoch, als sie an diese stillen weißen Schatten dachte, die ihr folgten. Dad und sein Team mussten doch die Abwesenheit so vieler Eisbären inzwischen bemerkt und Max zu einem Erkundungsflug losgeschickt haben. Er musste doch den Signalen gefolgt sein, die die Halsbänder der Bären aussandten – oder auch nur dem eines einzigen, das hätte schon genügt. Es hätte ihn direkt zu ihr führen müssen.
    Es wurde Abend, und die Sonne stand jetzt zu ihrer Rechten. Leuchtende Eiskristalle bildeten eine glitzernde Korona um die Sonne und legten überall goldene Teppiche aus. Pudriger Dunst schränkte die Sicht noch weiter ein. Cassie zwang sich, ihre Konzentration ganz auf das Eis zu richten, das unmittelbar vor ihr lag. Doch wie sehr sie auch aufpasste, immer wieder übersah sie gefrorene Wellenkämme und stolperte. In der blendend weißen, ewigen Weite versagte das räumliche Sehen. Die wenigen Wimpern, die Cassie noch hatte, säumten als winzige Eiszapfen ihr Bild von der Welt. Auch ihre Nasenhaare waren vereist. Sie atmete durch die Nase aus, um sie etwas anzuwärmen. Ihre Gore-Tex-Hose raschelte, während sie sich vorwärtsschleppte, neben dem keuchenden Atmen der Eisbären das einzige Geräusch in der endlosen Leere.
    Selbst wenn alle Halsbänder auf einmal ausgefallen waren – irgendjemand musste doch inzwischen das Verschwinden Hunderter von Eisbären bemerkt haben. Sie drängten sich meilenweit auf den umgebenden Eisfeldern, und doch hatte Cassie seit fünf Tagen nicht ein einziges Mal das Geräusch eines Motors gehört, weder aus der Richtung der Eastern Beaufort Research Station noch aus irgendeiner anderen.
    Vielleicht dachten die ja alle, ihre Geräte hätten eine Fehlfunktion. Auf keiner der Stationen würde man das Risiko eingehen, aufgrund einer fehlerhaften Anzeige eine Twin Otter so weit

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