Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
Vom Netzwerk:
Cassie den Horizont – und erschrak bis ins Mark. Wind peitschte ihr Gesicht, doch sie rührte sich nicht vom Fleck. Die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen, starrte sie auf einen schmutzigen Fleck, der die Ferne verdunkelte. War das etwa …
    Ja. Ja, war es.
    Die Winde brachten einen Sturm.
    Oh nein! Bitte nicht!
    Vielleicht drehte er ab. Vielleicht irrte sie sich.
    Nein, sie irrte sich nicht.
    Ihr blieb nichts anderes übrig, als weiterzugehen. An vielen Stellen bedeckten Haufen lockeren Schnees die gangbaren Pfade zwischen den Eistürmen. Oft musste sie einfach hindurchwaten und hoffen, sie würde das Knacken des Eises unter ihren Füßen noch rechtzeitig hören, um sich mit einem Sprung in Sicherheit zu bringen. Wann immer es möglich war, versuchte sie, auf dem blanken Eis zu bleiben, beständig nach dem verräterischen Quietschen und Knirschen unter ihr horchend. Nachdem sie über einen Haufen Trümmereis geklettert war, blickte sie noch einmal Richtung Süden. Die Wolken sahen jetzt aus wie eine wogende Masse aus Beulen und blauen Flecken. Der Sturm zog heran.
    Cassie ließ ihren Blick über die Wüste aus geborstenem Eis wandern und fragte sich unwillkürlich, ob sie gerade ihrem eigenen Tod ins Auge sah. Grams Worte fielen ihr wieder ein: Da stürzte sich der Nordwind mit der Kraft von tausend Schneestürmen hinunter auf das Haus, in dem seine Tochter, ihr Mann und das Neugeborene lebten. Sie könnte von denselben Kräften hinweggefegt werden wie einst ihre Mutter.
    Wäre sie doch nur vorgewarnt gewesen. Bärs Handel hatte dazu geführt, dass sie nun hier gestrandet war, allein, mitten im arktischen Packeis. Er hätte doch wissen müssen, dass sie irgendwann auf ihrem Weg in einen Sturm geraten würde. Wenn er eine Möglichkeit gefunden hätte, ihr die Wahrheit zumindest anzudeuten. Dann hätte er auch einen Weg gefunden, sie zu warnen. Oder hatte er es versucht, und sie hatte es nicht bemerkt? Während sie weiter durch das Eis ging, spielte sie in Gedanken alles noch einmal durch – und mit jeder Sekunde, die sie erneut durchlebte, vermisste sie ihn mehr, bis es sich nur noch anfühlte wie eine einzige große, schmerzende Wunde.
    Zwei Stunden später heulte der Wind durch die Pressrücken und wirbelte Schnee in die Luft. Cassie wurde von Eispartikeln bombardiert. Bei jedem zweiten Schritt musste sie ihre Schutzbrille abwischen. Sie versuchte abzuschätzen, wie weit sie wohl gekommen war. Die Eisschicht, die sich um den Kragen ihres Anoraks gebildet hatte, machte es fast unmöglich, den Kopf zu drehen. Nicht weit genug, dachte sie.
    Der Wind schleuderte immer mehr Eispartikel auf sie, und Cassie stolperte rückwärts. Die Arme schützend vors Gesicht gelegt, stemmte sie sich dem Sturm entgegen. Nur weg von den drohend aufragenden Eistürmen. Der Gedanke, unter einem besonders großen von ihnen Schutz zu suchen, schien verlockend. Aber um diese Gebilde herum war das Eis dünner. Wenn sie nicht ihr Ende im eisigen Wasser finden wollte, musste sie sich an die Stellen halten, wo es dick war. Der Schnee, den der Wind vor sich hertrieb, stach wie Moskitos. Die Sichtweite betrug fast null. Cassie kämpfte sich weiter durch die Trümmerlandschaft.
    Plötzlich traf sie auf ebenes Eis. Sie lehnte sich gegen den Wind und watete auf die Fläche hinaus. Dann kniete sie sich hin und schob mit den Händen den frisch gefallenen Schnee beiseite, um das Basiseis erkennen zu können. Grün-blau-braun. Das schien altes, dickes Eis zu sein . Bitte, lass es altes, dickes Eis sein! »Es geht gleich los, Jungs«, rief sie den Eisbären mit bebender Stimme zu. »Besser, wir machen die Luken dicht.« In dem Schneegestöber konnte sie nur die Umrisse von etwa einem Dutzend der Tiere ausmachen. Bitte, lass mich das hier überleben!
    Im Kampf gegen den Wind machte Cassie ihren Schlafsack fertig. Steif gefroren, wollte er sich erst nicht aufrollen lassen. Fluchend warf sie sich der Länge nach auf ihn und drückte ihn mit dem ganzen Gewicht ihres Körpers flach. Dann band sie ihn mit schmerzenden Händen mit Hilfe einiger überzähliger Gurte an ihrem Rucksack fest und verankerte die ganze Konstruktion mit einer Eisschraube.
    Der Wind ließ einen Moment lang nach, und sie erblickte den Sturm. In Aussehen und Klang ähnelte er einem gigantischen Schwarm wütender Bienen. »Oh, Bär«, flüsterte sie, »wie konntest du mir das bloß antun?«
    Die kochende Masse verschwand hinter einem Wall aus weißen Eisbrocken. Cassie wühlte

Weitere Kostenlose Bücher