Ice Ship - Tödliche Fracht
Geächze und Gestöhne an. Einmal hatte sie bei einem schweren Sturm vor den Grand Banks gesehen, wie ein Schiff regelrecht auseinander gebrochen war. Der Rumpf barst mit einem scheußlichen schrillen Geräusch, das strudelnde Schwarzwasser drang sofort in den Bauch des Schiffes ein. Damals war niemand mit dem Leben davongekommen, der Sog des Strudels hatte alle mit in die Tiefe gerissen. Ein Bild, das sie noch heute bis in ihre Träume verfolgte. Sie schielte verstohlen zu Howell hinüber. Er hatte das kurze Verharren, bevor das Schiff sich wieder aufrichtete, wohl ebenfalls bemerkt. Sie sah es ihm an, als er sich zu ihr umwandte und sie schreckensbleich, mit aufgerissenen Augen anstarrte. Sie hatte nie so viel Angst in seinem Blick gelesen. »Captain ...«, begann er mit brüchiger Stimme. Britton winkte rasch ab. Sie wusste, was ihm auf der Zunge lag. Aber es auszusprechen war ihre Pflicht. Sie suchte Glinns Blick. Der Chef der EES machte einen befremdlich zuversichtlichen, beinahe heiteren Eindruck. Nun, es mochte ja vieles geben, wovon er etwas verstand, der sechste Sinn für den Zustand eines Schiffes gehörte aber anscheinend nicht dazu. Woher hätte er auch wissen sollen, dass die Rolvaag auseinander zu brechen drohte? Ihr Blick schweifte über die Gesichter auf der Brücke. Lloyd, McFarlane, Amira, Glinn – alle starrten stumm vor sich hin. Howell, Banks und die anderen Offiziere der Brückenwache hatten sich dagegen zu ihr umgewandt. Sie warteten darauf, dass sie etwas unternahm, um ihr Leben zu retten. Als sie wieder in ein tiefes Wellental stürzten und das Heulen des Windes abrupt aussetzte, nutzte sie die Gelegenheit: »Mr. Lloyd ...« »Ja?« Er kam zu ihr herüber. Vermutlich dachte er, sie brauche seine Hilfe. Britton ahnte, dass das, was sie vorhatte, nicht leicht werden würde. Sie fasste innerlich Mut und nahm einen neuen Anlauf. »Mr. Lloyd, wir müssen den Meteoriten loswerden.«
Rolvaag
19.00 Uhr
Die Worte gellten McFarlane in den Ohren wider. Sein Magen hatte sich wie bei einer Kolik verkrampft. Niemals! Niemals!, war der einzige Gedanke, den er fassen konnte. Nun ließ er die bedrückenden letzten Minuten in Gedanken Revue passieren und versuchte, sie innerlich zu verarbeiten. »Auf gar keinen Fall!«, hörte er Lloyd sagen. Ernst und so ruhig, dass die Worte fast im Tosen des Meeres untergingen. »Ich bin als Kapitän für dieses Schiff verantwortlich«, erwiderte Britton ebenso ruhig. »Das Leben meiner Besatzung hängt davon ab. Mr. Glinn, hiermit ordne ich an, dass Sie die Fallklappe betätigen. Das ist ein Befehl.« Nach einem kurzen, kaum merklichen Zögern ging Glinn zu der schwarzen Stahlkonsole der EES hinüber. »Nein!«, schrie Lloyd, fasste Glinns Arm und hielt ihn wie in einem Schraubstock umklammert. »Wenn Sie diesen Computer anfassen, bringe ich Sie mit bloßen Händen um!« Glinn schüttelte den Griff mit einer schnellen, geschmeidigen Bewegung ab. Lloyd, einen Augenblick lang aus dem Gleichgewicht gebracht, geriet ins Stolpern, fing sich wieder, stand keuchend da und stierte Glinn finster an. Abermals schlingerte das Schiff so stark, dass alle nach Halt suchen mussten. Wie erstarrt lauschten sie dem metallisch schrillen Wimmern nach, das wieder vom Bug bis zum Heck durch das Schiff drang. »Hören Sie das, Mr. Lloyd?«, rief Britton. Sie musste schreien, um das unheimliche Geräusch zu übertönen. »Dieser gottverdammte Gesteinsbrocken dort unten wird mein Schiff auf den Grund des Meeres befördern!« »Glinn, lassen Sie die Finger von dem Keyboard!«, dröhnte Lloyds drohende Stimme. Howell fahr herum. »Haben Sie nicht gehört, was der Captain befohlen hat?«
»Nein«, konterte Lloyd. »Nur Glinn kennt den Code, und er wird den Computer nicht anrühren. Er darf es nicht. Nicht ohne meine Zustimmung. Eli, haben Sie das verstanden? Ich befehle Ihnen hiermit, die Fallklappe nicht zu betätigen!« Er zwängte sich an Glinn vorbei, hastete zur Konsole und versperrte jedem, der sich ihm nähern wollte, den Weg. Howells Stimme überschlug sich fast. »Offizierswache! Ergreifen Sie den Mann und schaffen Sie ihn raus!« Aber Britton hob beschwichtigend die Hand. »Mr. Lloyd, geben Sie den Weg frei. Und Sie, Mr. Glinn, handeln bitte nach meiner Anweisung.« Das Schiff bäumte sich immer steiler auf. Jedes Mal, wenn es eine Welle erklomm, pflanzte sich das unheimliche Knacken durch den ganzen Schiffsrumpf fort, steigerte sich zu einem schrill kreischenden, an berstendes
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