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Ice Ship - Tödliche Fracht

Titel: Ice Ship - Tödliche Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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einzureden. Im Hafenbecken bugsierten Schlepper einen mehrstöckig mit Autos beladenen Leichter zu seinem Ziel. Im Hintergrund, hinter den rußgeschwärzten Fassaden von Bayonne, ragte – in der Sonne funkelnd, als sei sie mit Diamanten besetzt – die Skyline von Manhattan auf. Nostalgische Wehmut wehte Lloyd an. Er war seit Jahren nicht hier gewesen, aber vergessen hatte er nichts. Nicht die ärmlichen Verhältnisse, in denen er im verrufenen Rahway aufgewachsen war, und nicht, wie oft er sich den ganzen Tag hier im Hafen von Elizabeth herumgetrieben hatte. Er atmete in tiefen Zügen den vertrauten Geruch der Industriebetriebe ein, der sich mit dem der Salzmarschen und dem Teer- und Schwefelgestank mischte. Eine stille Liebe zu diesem Ort hegte er noch immer: zu den Schuppen, deren Schornsteine Dampf und Rauch spuckten, zu den silbern glänzenden Raffinerien und dem Gewirr aus Rohren und Versorgungsleitungen. Das nackte Antlitz eines Industriebezirks besaß eine ganz eigene Schönheit. Wenn die braven Bürger in den Vororten und die bunten Paradiesvögel in den Künstler-und Boutiquenvierteln die Nase über so viel Hässlichkeit rümpfen, um sich mit noch größerem Behagen in ihre vier Wände zurückzuziehen, so verdankten sie dieses Wohlgefühl Orten wie Elizabeth mit ihrer Kombination aus Kommerz und Fleiß. Merkwürdig, dass er seinen Kindertagen immer noch nachtrauerte, obwohl doch inzwischen all seine Träume wahr geworden waren. Und noch merkwürdiger, dass nun ausgerechnet hier, wo seine Wurzeln lagen, die Voraussetzungen für ein Projekt geschaffen wurden, von dem er sich die Erfüllung seines größten Wunsches versprach. Er war schon als Kind ein Sammler gewesen. Da er kein Geld hatte, musste er für sein kleines naturkundliches Museum all das zusammentragen, was irgendwo herumlag: eine Speerspitze, die bei Ebbe aus einer Uferbank ragte, Muscheln, die das Meer an den schmutzigen Strand geschwemmt hatte, und – sooft sich eine Gelegenheit bot, in stillgelegten Minen herumzustromern – Steine und Minerale. In den urzeitlichen Ablagerungen ganz in der Nähe bei Hackensack konnte er nach Fossilien graben und nur ein Stück weiter, in den Marschen, Dutzende von Schmetterlingen fangen. Er sammelte Frösche, Schlangen, Eidechsen – alles, was kreuchte und fleuchte, und konservierte es in heimlich bei seinem Vater gemopstem Gin. Und so brachte er es im Lauf der Zeit zu einer ansehnlichen Sammlung. Bis dann, an seinem fünfzehnten Geburtstag, sein Elternhaus abbrannte und alle Schätze ein Raub der Flammen wurden. Da hatte er das Sammeln aufgegeben, sich nach dem College als Geschäftsmann versucht und von Erfolg zu Erfolg nach oben gehangelt. Und eines Tages war ihm klar geworden, dass er den erlittenen Verlust spielend wettmachen und sich alles leisten konnte, was es auf der Welt an Schönem und Seltenem gab. Was als Hobby begonnen hatte, wurde zur Leidenschaft, der Traum vom Lloyd Museum war geboren. Und nun war er wieder hier auf den Docks von Jersey angelangt, wo alles begonnen hatte, und fest entschlossen, den größten Schatz bergen zu lassen, von dem er je geträumt hatte. Der Kitzel freudiger Erwartung durchrieselte ihn, er atmete tief ein und fasste nach dem Türknauf. Glinns schmale Akte hatte sich als Meisterstück erwiesen, allemal die Million wert, die Lloyd dafür hingeblättert hatte. Die skizzierte Planung war brillant. Alle Abhängigkeiten waren bedacht, alle potenziellen Schwierigkeiten berücksichtigt. Noch ehe er die Seiten zu Ende gelesen hatte, war sein Arger über den Preis vergessen gewesen. Und heute, nach zehn Tagen ungeduldigen Wartens, würde er endlich mit eigenen Augen sehen, wie weit die Arbeiten schon gediehen waren. Der schwerste Gegenstand, den Menschen je bewegt hatten. Er drehte den Türknauf und betrat die Werkhalle. Von außen hatte sie, so groß sie auch wirkte, nicht annähernd ahnen lassen, wie viel Platz sie innen bot. Ein derart riesiger Raum ohne Zwischenwände und -decken irritierte das Auge im ersten Moment so, dass man die Entfernungen kaum abschätzen konnte, aber der Länge nach musste die Halle mindestens vierhundert Meter messen. Über ihm, in schwindelnder Höhe, hing ein Irrgarten aus Laufstegen. Kreischende Schneidbrenner, ratternde Niethämmer, klirrender Stahl – eine betäubende Kakophonie. Und in der Mitte der Halle lag er – der gewaltige, auf Stützpfeilern aufgedockte Schiffsrumpf. Gemessen an den gängigen Öltankern war er keiner von den ganz

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