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Ice

Ice

Titel: Ice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka Loreen Minden
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zwinkere ich eine aufsteigende Träne weg, danach überreiche ich ihm meine Waffe. »Du warst schon immer ein Idealist.«
    »Realist«, erwidert er grinsend.
    Ich umarme ihn, wobei ich mir fest wünsche, ihn bald wiederzusehen. »Ich hab solche Angst.«
    Er küsst meine Wange und flüstert in mein Ohr: »Ich weiß. Aber das brauchst du nicht. Du bist nicht allein.«
    »Wie meinst du das?«, wispere ich an seinem Hals.
    »Es wird alles gut, zumindest für dich. Vertrau mir einfach.« Ich glaube, er möchte mir noch etwas sagen, dann wendet er jedoch hastig den Blick ab.
    Seufzend fahre ich durch sein Haar, bevor ich ihn loslasse und murmele: »Sag ich doch, Idealist.«

***

    Drei Minuten später klopfe ich an die Glastür des Hochhauses.
    Der Pförtner schüttelt den Kopf und sagt durch die Sprechanlage: »Ich darf keinen reinlassen, der nicht hier wohnt.«
    »Aber ich wohne hier!« Ich schiebe meine Haare vor dem Gesicht zur Seite.
    Die Augen des alten Mannes werden groß. »Ms. Murano!« Sofort macht er die Tür auf und schließt sie hastig wieder hinter mir ab. »Sie leben?! Ich dachte, Sie wurden entführt?«
    In der Eingangshalle ist es totenstill, niemand ist hier, dennoch lege ich einen Finger an meine Lippen. »Pst, niemand darf wissen, dass ich zurück bin.«
    Der Portier nickt eifrig. »Geht es Ihnen gut? Was haben die Rebellen Ihnen angetan?«
    »Mir geht es gut, aber ich kann jetzt nicht reden, ich muss zu meinem Vater. Ist er da?«
    »Er ist vor wenigen Minuten angekommen. Er hat mich angewiesen, niemanden nach oben zu lassen, aber Sie hat er gewiss nicht gemeint.« Er begleitet mich zum Aufzug und drückt auf den Knopf. »Soll ich Sie raufbringen?«
    Ich schlucke hart. Er ist hier … »Nein, Danke, halten Sie hier die Stellung.«
    »Da draußen braut sich was zusammen«, sagt er mit düsterem Gesicht, während sich die Lifttüren öffnen. »Vielleicht sollten Sie die Stadt verlassen, solange das noch geht.«
    Ich weiß, dass der alte Mann mich mag, er hatte jeden Tag ein warmes Lächeln für mich übrig, wenn ich an der Rezeption vorbeigelaufen bin, um im Park eine Runde joggen zu gehen.
    Ich bin hier, um das Unheil abzuwenden, möchte ich sagen, aber ich bezweifle, dass ich das schaffe.

***

    Ich lege den Daumen auf den Scanner an der Wohnungstür. Sie springt auf, und ich nehme all meinen Mut zusammen, bevor ich eintrete. Aber ich komme nicht weit, ein großes Ungetüm stürzt sich auf mich und begräbt mich unter seinem Körper, presst mir sämtliche Luft aus den Lungen. Das Ungetüm ist Vaters Bodyguard, der ehemalige Warrior mit der Adlernase! Als ich ihn erkenne, stoße ich hervor: »Was soll das? Ich will zu meinem Vater!«
    »Ethan!«, höre ich seine Stimme. »Wer ist der Eindringling?«
    Der Kleiderschrank geht von mir herunter, und ich bekomme endlich wieder Luft. Stöhnend strecke ich mich auf dem Rücken aus.
    »Ist Ihre Tochter, Sir«, erklingt es ein wenig reumütig.
    »Veronica?« Sofort kniet er neben mir und reißt mir die Perücke vom Kopf. Ich habe vergessen, dass ich sie trage. Nun fühle ich mich nackt und verwundbar, wie Vater auf mich herabsieht und mich mit skeptischen Blick mustert. »Was machst du hier?«
    Mein Herz rattert gegen meinen Brustkorb. »I-ich konnte fliehen.«
    Als er in die Hocke geht, mich plötzlich in die Arme reißt und an sich drückt, überrumpelt mich das. »Ich bin so glücklich, dass du wieder hier bist«, murmelt er.
    Vater und glücklich? Zeigt er wirklich Gefühle oder ist das alles ein Spiel, um mich zu verunsichern?
    Vorsichtig lege ich die Arme um seinen Rücken. Er ist der Mörder meines Liebsten, er hat Ice töten lassen! Obwohl ich das weiß und ich ihn hassen will, verwirrt mich seine Umarmung. Jahrelang habe ich darauf gewartet. Warum ausgerechnet jetzt? Freut er sich tatsächlich, mich zu sehen?
    »Wie konntest du entkommen?«, will er wissen.
    Ich habe mir den perfekten Text zurechtgelegt, bin ihn hundert Mal in meinem Kopf durchgegangen, trotzdem purzelt jetzt alles durcheinander. »Hab so getan, als wäre ich schwer krank und ich kam auf die Krankenstation. Dort wurde ich nicht mehr so streng bewacht und als mein Aufpasser eingeschlafen ist, bin ich davongelaufen und …«
    Er hilft mir auf die Beine, dann wird sein Blick wieder kühl und er lässt mich so hastig los, als hätte ich eine ansteckende Krankheit. »Lass uns später reden.«
    Später, wenn er mich zu den anderen Senatoren bringt. Sie werden mich ausquetschen, das ist sicher.

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