Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus
verkauft.
Was niemand bedacht hatte, waren die Nebenwirkungen. Zwar wurden die Entwurfs-Drucker regelmäÃig mit einseitig bedrucktem Papier gefüllt â vor allem von den eifrigen Chefsekretärinnen. Aber offenbar wurde das Papier wahllos gegriffen. Bald sprang ein Kollege zu mir ins Büro und sagte: »Schau mal!« Auf der Rückseite eines Briefentwurfs, den er gerade ausgedruckt hatte, war ihm die Abmahnung eines Kollegen ins Auge gesprungen. Niemand hatte davon gewusst. Das Dokument enthielt einen Tippfehler, deshalb hatte die Sekretärin es wohl als »Schmierpapier« entsorgt. Nun wanderte der vertrauliche Vorgang von Tür zu Tür.
Ein anderes Mal â nun auf der Rückseite einer Excel-Tabelle â tauchte eine Spesenabrechnung der Geschäftsleitung auf, aus der hervorging, dass drei Herren an einem einzigen Abend über 400 Euro verpulvert hatten. Und das, obwohl sie uns ständig zum Sparen aufforderten!
Irgendwann ertappten wir uns dabei, dass wir den Entwurfs-Drucker gar nicht mehr zum Drucken verwendeten, sondern seine Papierstapel nach interessanten Dokumenten durchwühlten. Schon Mitte Dezember kannten wir die Weihnachts ansprache unseres Chefs. Und die Tatsache, dass wieder mal ein Einstellungsstopp im Anmarsch war, lieà sich dem Drucker Wochen vor der offiziellen Verkündigung entnehmen.
Was jedoch misslang, war das Sparen: Offenbar setzte sich die Tinte der bereits einseitig bedruckten Blätter mit der Zeit im Drucker ab. Die Geräte streikten am laufenden Band und mussten schnell ersetzt werden.
Lars Kaiser, Betriebswirt
Betr.: Wie sich unsere Pausen in Rauch auflösten
Seit knapp 20 Jahren arbeite ich als Bürofachkraft für eine mittelständische Firma in der Abfallwirtschaft. Traditionell haben wir drei Pausen am Tag: eine Mittagspause, dazu zwei kurze Pausen um 10.00 und um 15.00 Uhr. In den letzten Jahren hat der Arbeitsdruck aber so zugenommen, dass wir die kurzen Pausen oft ungenutzt verstreichen lassen mussten. Nur ein paar starke Raucher rissen sich noch für ein paar Minuten von der Arbeit los und standen auf dem Hof zusammen.
Bei diesem Anblick kam die Geschäftsleitung offenbar ins Grübeln: Was nahmen sich diese Raucher eigentlich heraus? Als hätte das Unrecht darin bestanden, dass sie die Pause in Anspruch nahmen, und nicht darin, dass der Rest der Belegschaft die Pausen durch den hohen Arbeitsdruck versäumte.
Die Konsequenz war eine Mail mit dem Betreff »Gleichbehandlung«: Der Geschäftsführung sei aufgefallen, dass ledig lich die Raucher die »kleinen Pausen« in Anspruch nähmen. Aus Gründen der Gleichbehandlung sei daher beschlossen wor den, diese Pausen »probeweise« abzuschaffen.
Seither sind die starken Raucher so stinkig, dass man sie kaum ertragen kann. Junkies auf Entzug. Und auch ich als Nichtraucherin bin sauer, wenn ich nachmittags mal kurz aus den Arbeitsfluten auftauchen und durchatmen will, aber nicht mal mehr auf den Hof darf. Unter fadenscheiniger Begründung ist uns allen die Pause gestohlen worden.
Die Rache der Raucher: Seit die kleinen Pausen abgeschafft sind, hatten wir immer wieder falsche Feueralarme im Haus. Denn einige Raucher frönen ihrem Laster offenbar heimlich in den Toiletten und toten Flurwinkeln. Das entgeht der Geschäftsführung. Nicht aber den Rauchmeldern!
Sabine Schäfer, Bürofachkraft
Betr.: Warum ich meiner Firma bald eine goldene Uhr schenke
Woran erkennt man auf einen Blick, ob ein Mitarbeiter schon über 20 Jahre in unserer groÃen Reederei arbeitet? An seiner Armbanduhr! Alle, die vor 2002 ihr zehnjähriges Jubiläum hatten, wurden mit einer hochwertigen Schweizer Uhr belohnt. Unser alter Chef, Gründer der Firma, hielt jedes Mal eine Rede und bedankte sich für die Treue der Mitarbeiter.
2002 übernahm sein Sohn das Ruder. Die Jubiläumsuhr wurde sofort gestrichen. Stattdessen »schenkte« er den Jubilaren einen Urlaubstag. Das kostete die Firma keinen Cent, denn aufgrund der dünnen Personaldecke musste jeder die liegenÂgebliebene Arbeit an den nächsten Tagen nachholen. Urlaubs-Placebo statt Uhr â Jubilare zweiter Klasse.
Doch auch dieses Geschenk schien dem neuen Chef so übertrieben, dass er es 2005 halbierte: Wer nun sein Zehnjähriges feierte, bekam nur noch einen halben Arbeitstag geschenkt. Vormittags durfte er die ganze Mannschaft einladen,
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