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Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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– wie der Bereichsleiter hervorhob – ja »keinerlei Auslandserfahrung« hatte.
    Der Bereichsleiter machte mich und meine Qualifikation runter (»Das könnt ihr vergessen, da haben wir wieder dieselben Probleme wie mit dem Vorgänger!«), die Abteilungsleiterin nahm mich in Schutz. Die beiden unterhielten sich über mich, als wäre ich nicht anwesend! Ich fühlte mich wie ein Kandidat bei »Deutschland sucht den Superstar«, nur dass mein Vorsingen gar nicht gefragt war. Der Bereichsleiter gab den Dieter Bohlen: Er machte dumme Sprüche über mich, statt mir zuzuhören und mich wie einen Gast zu behandeln.
    Ich hatte mir für meine Anreise extra einen Urlaubstag genommen. Aber »Herrn Bohlen« hatte es an zwei Minuten gefehlt, um meinen Lebenslauf zu lesen. Dazu passte es, dass er sich 15 Minuten vor Ende des Gespräches mit Hinweis auf einen Folgetermin aus der Runde verabschiedete.
    Er ging, ohne mir die Hand zu schütteln. Aber ich schüttelte meinen Kopf. Über sein Verhalten!
    Olav Kern, Ingenieur

5.
Beraten und verkauft:
Wehe, wenn McKinsey kommt!

W as ist ein Chef, der ohne Berater ein einfacher Dummkopf wäre, mit Unternehmensberater? Ein zweifacher Dummkopf! Dieses Kapitel verrät Ihnen …
warum Berater immer die Falschen entlassen – und nie die Manager,
weshalb ein Arbeitgeber, der sonst um 50 Euro feilscht, für einen Jungberater pro Jahr eine halbe Million hinlegt,
wie Manager eigene Ideen, vor allem Massenentlassungen, als Berater-Empfehlungen tarnen
und wie aufflog, dass eine Beratungsfirma zwei Wettbewerbern exakt dasselbe Konzept andrehte.
    Der Manager und sein Kindermädchen
    Wenn ein Bäcker nichts gebacken kriegt, weil seine Rezepte ungenießbar sind, seine Brote in Flammen aufgehen und er ratlos in seiner Backstube steht – was geschieht dann mit ihm? Man wirft ihn raus, weil er sein Handwerk nicht beherrscht.
    Wenn ein Manager nichts gebacken kriegt, weil seine Strategien ins Leere laufen, seine Entscheidungen Geld kosten und er die Firma an den Rand eines Ruins treibt – was geschieht dann mit ihm? Er bleibt, was er ist: Manager.
    Und doch bleibt er nicht allein. Ein ganzer Wirtschaftszweig hat sich darauf spezialisiert, die Pannen verunfallter Manager zu sichten und (angeblich) wieder zu richten: die Unternehmensberater.
    Doch an der Wurzel des Übels, dem Management selbst, können die Berater nicht ansetzen – von dort kommt ja ihr eigener Auftrag! Statt der Irrenhaus-Direktion mitzuteilen, dass sie alles falsch gemacht hat, was falsch zu machen war, stellen die Unternehmensberater ihr sogar noch ein passables Zeugnis aus: Sie habe sich wacker in einer schweren Schlacht geschlagen! Allein für einen solchen Persilschein hat sich das Anheuern der Berater gelohnt.
    Goldene Regel für Berater: Niemals ist der Umsatz eines Unternehmens zu gering (denn er wird von Managern verantwortet) – immer sind die Personalkosten zu hoch (denn sie werden von Mitarbeitern verursacht).
    Anstelle der Manager fixiert das Entlassungszielrohr die unteren Etagen. Mit flinken Fingern schießen die Berater Planstellen weg, oft solche, die später schmerzlich fehlen. 36 Aber woher sollen die Unternehmensberater das wissen? In dem Moment, in dem sie entscheiden, kennen sie das Unternehmen kürzer als jeder Praktikant.
    Zum Beispiel weiß ich von einem Elektrotechnik-Konzern, in dem die Berater in den ersten beiden Wochen nichts anderes getan haben, als den Mitarbeitern über die Schulter zu blicken: Wer tut bei seiner Arbeit welchen Handgriff? Welche Leerläufe entstehen? Wer kann rausfliegen? Jede Bewegung, die ein Mitarbeiter im Laufe des Tages tat, und vor allem jede, die er nicht tat, wurden fein säuberlich protokolliert.
    Schon nach ein paar Wochen legten die Berater den Irrenhaus-Direktoren eine Liste mit Entlassungskandidaten vor. Zum Beispiel traf es einen langjährigen Entwicklungsingenieur, der gerade in diesen Wochen wenig zu tun gehabt hatte, weil er ein neues Produkt zurück aus dem Testlauf erwartete. Sein direkter Vorgesetzter protestierte gegen den Rauswurf. Keine Chance.
    Nur einen Wimpernschlag lang hatten die Irrenhaus-Berater die Arbeit des Entwicklungsingenieurs verfolgt – und daraus aufs ganze Jahr geschlossen. Das war so, als hätten sie eine Fußballmannschaft ein einziges Spiel lang beobachtet. Und nur, weil der Weltklasse-Tormann in

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