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Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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gestiegen ist, sollten Sie fragen: Was haben Sie selbst zu diesem Anstieg beigetragen? Und wie könnten Sie mehr davon tun?
    Wenn Sie vier oder fünf Punkte vergeben, können Sie mit Ihrem Chef glücklich werden. Die Frage ist nur: Lässt die Firma es zu? Oder ist sie ein zu großes Irrenhaus (eine Frage, die Sie durch den Test aus dem ersten Band von »Ich arbeite in einem Irrenhaus« beantworten können)?
    Â§ 24 Irrenhaus-Ordnung: Wenn Ihr Chef bei diesem Test schlecht abschneidet, hat nicht er beim Führen versagt – sondern Sie beim Ausfüllen dieses Tests!

Irrenhaus-Sprechstunde 12
    Betr.: Wie mein Chef den Nachtarbeiter
mimte
    Es war Anfang der 2000er Jahre, damals gab es nur eine Möglichkeit, über unseren Firmenserver zu mailen: vom PC in der Firma. Oft überfiel mich ein schlechtes Gewissen, wenn ich morgens ins Büro kam: Während ich am Vorabend um 17.00 Uhr nach Hause gefahren war, hatte mein Chef bis in die tiefe Nacht geschuftet. Um 18.00 Uhr mailte er einem Kunden und setzte mich in den Verteiler. Um 21.00 Uhr fragte er eine Kennzahl an. Und um 23.30 Uhr forderte er mich auf, am nächsten Tag einen Richtwert für ihn zu recherchieren. Verglichen mit ihm war ich nur eine faule Socke. Diese Botschaft stand nicht in den Mails, kam aber zwischen den Zeilen bei mir an.
    Eines Tages sprach ich beim Betriebssport mit einem Kol­legen aus der IT -Abteilung. Er erzählte mir, dass er wegen der Datensicherung oft bis nach Mitternacht im Haus sei. »Wie unser Chef!« sagte ich spontan.
    Er kniff die Augen zusammen. »Euer Chef?«
    Â»Ja, der ist oft noch um 23.00 Uhr im Büro.«
    Â»Kann nicht sein«, gab er trocken zurück.
    Â»Ist aber so!«
    Â»Warum brennt dann nirgendwo mehr Licht, wenn ich um 21.00 Uhr auf dem Hof mal eine rauchen geh – auch im Büro eures Chefs nicht?«
    Â»Aber er muss in der Firma sein, er mailt mir oft noch kurz vor Mitternacht.«
    Der IT -Kollege bat mich, ihm Tage zu nennen, an denen mir mein Chef spät gemailt hatte. Diese Daten glich er mit den registrierten Zeiten ab, zu denen mein Vorgesetzter seinen Computer heruntergefahren hatte. Mein Chef hatte es fertiggebracht, um 18.45 Uhr Feierabend zu machen, aber noch vier Stunden später von seinem Firmen- PC aus zu mailen. Wie war das möglich?
    Dem IT -Kollegen kam ein Geistesblitz: »Klar doch, dein Chef verstellt an seinem PC die Uhr. Dann wird aus 18.15 Uhr mal eben 23.15 Uhr – und ihr seid alle von seiner Nachtarbeit beeindruckt …«
    Jedes Mal, wenn ich danach eine »Nachtmail« meines Chefs bekam, hatte ich ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Vielleicht hätte ich meinen Computer mal auf 0.15 Uhr zurückstellen und antworten sollen: »Bin auch noch im Haus. Komme gleich zu Ihnen rüber!«
    Uli Schipanski, Fremdsprachenkorrespondent
    Betr.: Wie ich die Liebe meines Vorgesetzen verlor
    Mein Chef ist ein launischer Mensch. Es gibt nur einen Seismographen, der seine Stimmung zuverlässig anzeigt: die Anreden in seinen Mails. Wenn alles in seinem Sinne läuft, wenn ich bis zum Umfallen schufte und meine Projekte deutlich vor Termin abschließe, dann beginnen seine Mails an mich mit: »Lieber Herr Richert …« Solche Nachrichten kann ich gelassen lesen. Der Chef teilt Lob aus, gibt Anregungen, bleibt freundlich und wertschätzend. Solche Mails sind die Ausnahme.
    Die typische Mail beginnt mit: »Hallo Herr Richert …« Damit weiß ich schon, dass eine Laus über seine Leber gelaufen sein muss. Seine Vorschläge fühlen sich an wie Nackenschläge. Und die Worte, mit denen er mich an offene Aufgaben erinnert, sind lupenreine Mahnungen. Solche Mails sind der Normalfall. Ich mag sie nicht.
    Alarmstufe Gelb bedeutet die Anrede: »Sehr geehrter Herr Richert ...« Sein Ton ist eisig wie ein Polarwind. Und jedes Wort klingt nach einer Drohung. Zum Beispiel heißt es: »Welche Veranlassung hatten Sie, dem Kunden diesen Rabatt zu gewähren?« Mit knappen Worten macht er mir klar, dass ich ein unnützer Trottel bin.
    Alarmstufe Rot setzt ein, wenn er loslegt mit: »Herr Richert, …« Dann könnte ich mir, ehe ich weiterlese, schon mal einen Termin bei der Arbeitsagentur geben lassen. Bislang hat mich erst eine solche Mail erreicht, als mir ein schwerer Fehler passiert war. Er schlug mir eine Abmahnung um die Ohren.
    Aber

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