Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus
damit?«
»Leider wurde bei unserem letzten Umzug versäumt, die Schlüssel den richtigen Schränken wieder zuzuordnen â¦Â«
Wahnsinn! Ich sollte durch Versuch und Irrtum herausfinden, welcher Schlüssel zu welchem Schrank in dem vierstöckigen Haus passte. Jeder Raum stand voll mit Aktenschränken.
Und so wanderte ich von Büro zu Büro und machte mich wie ein Panzerknacker an den Schlössern zu schaffen. Ich probierte Schlüssel für Schlüssel für Schlüssel, drehend, fluchend, bohrend, bis ich, oft erst nach einer Viertelstunde, den richtigen gefunden hatte.
Mehrere Stammmitarbeiter der Zeitarbeitsfirma, für die ich ein Unbekannter war, sprachen mich an: »Sind Sie der neue Gehilfe unseres Hausmeisters?«, fragte einer. Und eine ältere Sachbearbeiterin sagte: »Das finde ich richtig gut, dass Sie in Ihrem Alter noch ein Praktikum machen. Sie sollten meinen Sohn sehen! Der ist auch schon 35, aber hängt nur rum!«
Hatte ich wirklich Betriebswirtschaft studiert und mich im Auftrag dieser Zeitarbeitsfirma bei Weltkonzernen bewährt â was übrigens viel Geld in die Kasse geschwemmt hatte! â, nur um jetzt eine Idiotenarbeit zu verrichten?
Hat sich mal jemand überlegt, als welche Demütigung ich diese Aktion empfinden musste? Meine Motivation legte einen Sinkflug hin.
Nach zwei Arbeitstagen steckte jeder Schlüssel wieder dort, wo bei dieser Firma ein paar Tassen fehlten: im Schrank.
Dirk Vorhand, Controller
Betr.: Warum ich niemals übernommen
wurde
Eigentlich suchte ich nach einer Festanstellung. Doch die nette Dame von der Arbeitsagentur gab mir einen Tipp: »Versuchen Sieâs doch mal als Leiharbeiter â dann haben Sie gute Chancen, dass Sie bald übernommen werden.«
Das klang gut! Ich stellte mich bei einer Leiharbeits-Firma vor. Der Chef erwartete einen ungelernten Arbeiter â umso begeisterter war er, als er hörte, dass ich meine Lehre als Zimmermann erst kurz vor der Gesellenprüfung abgebrochen hatte (damals hatte ich einen Todesfall in der Familie gehabt und war danach für längere Zeit in der Türkei geblieben). »Dann werden wir Sie bald vermittelt haben«, sagte er.
Ich schenkte ihm reinen Wein ein: »Die Leiharbeit stelle ich mir nur als Ãbergang vor. Es geht mir letztlich um eine Festan stellung. Wie groà ist die Chance, dass ich von einer Firma über Ânommen werde?«
»Das liegt an Ihnen! Wenn Sie zeigen, dass Sie wirklich was auf dem Kasten haben, dann können Sie schon nach ein paar Wochen einen Festvertrag angeboten bekommen. Die besten Leute sind immer am schnellsten weg.«
Wunderbar! Schon bei meinem ersten Einsatz klotzte ich ran. Der Vorarbeiter auf der Baustelle merkte gleich, dass ich ein Mann vom Fach war. Er lobte mich und sagte nach ein paar Tagen: »Solche Spitzenkräfte wie dich bekomme ich selten vermittelt.« Zur gleichen Zeit stellte die Firma neue Leute in Festanstellung ein. Dennoch zogen ein, zwei Monate ins Land, ohne dass der Vorarbeiter mir gegenüber je das Wort »Festvertrag« in den Mund nahm.
Doch dann fand ein Richtfest statt. Der Vorarbeiter saà neben mir am Tisch, wir prosteten uns zu. Zwei Flaschen Bier hatten meine Zunge gelockert: »Sag einmal, wäre es nicht möglich, dass mich deine Firma als feste Arbeitskraft übernimmt?«
»Das würde ich zu gerne«, sagte er. »Doch es geht nicht.«
»Aber warum? Ihr habt doch in den letzten Monaten zwei Leute fest eingestellt. Sind die so viel besser als ich?«
»Nein, du bist natürlich besser. Aber du wärst zu teuer.«
»Woher weiÃt du das? Wir haben doch noch gar nicht übers Gehalt verhandelt!«
Er nahm einen kräftigen Schluck Bier, als bräuchte er jetzt Mut. »In dem Vertrag mit deiner Firma steht: Wenn wir dich fest übernehmen wollen, müssen wir eine âºÃbernahmegebührâ¹ von fünf Monatsgehältern bezahlen â auf einen Schlag!«
»Fünf Monatsgehälter? Das zahlt doch kein Mensch!«
»Eben! Dein Chef verdient besser, wenn er dich dauerhaft verleihen kann.«
Durch diese überzogene »Headhunter-Gebühr«, im Handwerk ohnehin unüblich, verhinderte die Leiharbeits-Firma, was sie mir in Aussicht gestellt hatte: eine feste Ãbernahme. Mein Vorarbeiter reichte mir ein weiteres Bier: »Spül deinen Frust runter!« Ich trank mindestens noch
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