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Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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Sekretärin durch, nachdem ich über die Zustände in meiner Pension berichtet hatte. Doch schon Minuten später rief sie zurück: »Tut mir leid, Sie müssen in der Pension bleiben. Befehl vom Chef.«
    Und so ging es weiter: Immer wenn ich auf eine neue Baustelle kam, wurde ich in die schlimmsten Spelunken der ganzen Region gebucht – die einheimischen Kollegen kondolierten mir zu meiner Unterkunft. Oft mutete man mir Fahrtwege von 20 oder 30 Kilometern zu. Das musste ich aus eigener Tasche bezahlen.
    Warum war die Firma so blöd, mir Kraft und Motivation durch schäbige Unterkünfte und weite Fahrten zu rauben? Ein Kollege öffnete mir die Augen: »Was kostet die Übernachtung in solchen Absteigen? Rund 20 Euro. Und was darf man uns pro Nacht vom Lohn abziehen? Genau 20 Euro. Für ein Zimmer, das besser wäre, müsste die Firma ein paar Euro von ihrem fetten Gewinn rausrücken. Das will sie natürlich nicht – da lässt sie uns lieber weite Fahrten zu Kaschemmen mit unserem Benzingeld finanzieren.«
    Ja, wir wurden stets in die schäbigsten Unterkünfte im Umkreis von 30 Kilometern gesteckt – auf unsere Kosten. Später habe ich meist in meinem Auto übernachtet und auf Campingplätzen geduscht. Luxus war das auch nicht. Aber wenigstens sauber.
    Tom Krüger, Maurer
    Betr.: Wie ich gekündigt wurde, ehe ich
meine Zeitarbeit begonnen hatte
    Der Mann beim Arbeitsamt schaute grimmig: »Tut mir leid, aber wenn Sie dieses Angebot ablehnen, dann müssen wir Ihnen die Leistungen kürzen.« Tatsächlich hatte ich bereits einige Angebote abgelehnt, weil sie mit meiner Qualifikation als Germanistin nichts zu tun hatten. Diesmal kam ich aus der Nummer nicht raus. Ich sollte über eine Zeitarbeitsfirma als »Marktforscherin« einspringen. Meine »Forschung« sollte darin bestehen, die Passanten in einer Fußgängerzone mit Fragen nach ihren Einkaufsgewohnheiten zu belästigen. Mir graute davor.
    Aber mein Sachbearbeiter nickte mir aufmunternd zu. »Vielleicht haben Sie die Chance, von dieser Agentur übernom­men zu werden und einen besseren Arbeitsplatz zu bekommen – bei Ihrer Qualifikation.«
    Die Zeitarbeitsfirma war nicht wählerisch. Bereits am Telefon sagte man mir die Stelle zu. Allerdings sollte ich nicht im heimischen München, sondern in Nürnberg für eine Marketing-Agentur eingesetzt werden. Am nächsten Montag, Punkt acht Uhr, wurde ich erwartet. Die »Marketing-Agentur« saß in einem schäbigen Hinterhaus. Ich klingelte. Durch die Sprechanlage knackte eine Frauenstimme: »Ja, bitte?«
    Â»Ich bin Daniela Eilbert aus München. Ich soll im Auftrag meiner Zeitarbeitsfirma heute bei Ihnen als Marktforscherin anfangen.«
    Â»Moment, da muss ich mal fragen.«
    Schlotternd stand ich im Herbstwind und wartete, dass man mich hereinbat. Das Schweigen währte so lange, dass ich schon dachte, sie hätten mich vergessen. Dann knackte die Sprechanlage wieder: »Tut mir wirklich leid, aber diese Interviewer-Stelle haben wir am Freitag selbst vergeben.«
    Â»Aber ich habe den Auftrag doch gerade erst erhalten!«
    Â»Wir hatten Ihre Firma informiert, dass die Anfrage hinfällig geworden ist.«
    Â»Und wofür bin ich dann extra aus München nach Nürnberg gefahren?!«
    Ohne dass ich einen Vertreter dieser Firma gesehen, ja nur einen Fuß über die Türschwelle gesetzt hatte, musste ich wieder abziehen. Ich kam mir vor wie ein Paket, dessen Annahme verweigert worden war. Und so ging’s zurück zum Absender: zu meiner Zeitarbeitsfirma.
    Dort löste meine Geschichte hektische Aktivität aus. Meine Betreuerin sprach beiläufig von einem »bedauerlichen Miss verständnis«, während sie auf ihrer Tastatur klimperte und einen Druckbefehl gab. Sie unterschrieb ein Dokument und drückte es mir in die Hand. Ich schaute zweimal hin: Es war meine Kündigung in der Probezeit! Ehe ich angefangen hatte, war ich schon wieder gefeuert.
    Eine Umfrage darüber, welche Sitten in dieser Firma üblich waren, erübrigte sich!
    Daniela Eilbert, Germanistin
    Betr.: Wie mich mein Chef zum
Privatsklaven macht
    Der Vorarbeiter hatte wieder mal einen Spezialauftrag für mich: »Am Samstag, 8 Uhr, brauche ich dich für meinen Umzug.« Es war Donnerstag, eigentlich hatte ich mein Wochenende schon verplant. Als er sah, dass ich

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