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Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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zur Firma selbst aus. Ich habe auf meine Einsatzorte keinen Einfluss.«
    Er schwang väterlich den Zeigefinger. »Dafür stellt Ihnen die Firma ein Dienstfahrzeug. Ihre Fahrten kosten Sie keinen Cent.«
    Ich atmete tief durch. »Sie kosten mich ein Drittel meines Gehalts – so viel Zeit brauche ich zusätzlich, um meine Vergütung zu bekommen.«
    Â»Das ist doch Quatsch«, schimpfte er, »wenn Sie auf der Autobahn Musik hören oder mit Ihrer Frau telefonieren, kann man das nicht als Arbeitszeit bezeichnen.«
    Â»Und wenn ich im Stau stehe, den Elternabend meiner Tochter verpasse und mal wieder bei einem Treffen meiner Freunde fehle – wie bezeichnen Sie das?«
    Am Ende rang ich ihm das Versprechen ab, meine Einsatzorte künftig dichter an meinen Wohnort zu legen. Was er unter »dichter« verstand, wurde beim nächsten Auftrag klar: 300 Kilometer Autobahn!
    Eike Ober, Software-Berater

Die Untreue-Prämie
    Wie gelingt der perfekte Gehaltsraub? Der Mitarbeiter steuert nicht seine Hausfiliale an, die aktuelle Firma, sondern ein Konkurrenz-Unternehmen – als Bewerber. Was jetzt passiert, gleicht einem Wunder: Dieselben Irrenhaus-Direktoren, die ihren eigenen Mitarbeitern jeden Cent verwehren, springen fröhlich an den Tresor und lassen die Scheinchen regnen. Ein Gehaltsplus von 10, 15 oder 25 Prozent – bei einem Wechsel kein Problem.
    Ist das nicht ein Witz? Wer sich über Jahre in einer Firma bewährt hat, wer ihr viel Geld gebracht hat und perfekt ins Team passt, der muss in der Gehaltsverhandlung um jeden Cent kämpfen. Hat er Pech, bekommt er eine völlige Abfuhr.
    Aber nun kommt jemand von außen gesprungen, ein Fremder. Nicht einen Kunden hat er für die Firma gewonnen, nicht einen Cent umgesetzt, nicht eine Aufgabe bewältigt. Niemand weiß, ob er ins Team passt. Niemand weiß, ob er gut in der Arbeit ist – oder nur darin, sich als Bewerber zu verkaufen. Und was tun die Irrenhaus-Direktoren? Sie sehen den Einsteiger als Erlöser. Sie werfen ihm Summen hinterher, von denen ihre etablierten Mitarbeiter nur träumen können.
    Ehe der neue Mitarbeiter das kleine Einmaleins der Firma, die Namen der Kollegen, geschweige denn seine tägliche Arbeit beherrscht, zieht sein Gehalt auf der Überholspur an den Alteingesessenen vorbei. Ich kenne Fälle, in denen langjährigen Mitarbeitern eine Gehaltserhöhung mit Verweis auf die »Gehaltsstruktur« verweigert wurde: »Das wäre ungerecht gegenüber Ihren Kollegen!« Doch als ein neuer Mitarbeiter anfing, kam durch eine Indiskretion der Personalabteilung heraus: Er bekam 25 Prozent mehr als die langjährigen Angestellten. Neuer Mann – neue Struk­tur!
    Wie irrational die Irrenhäuser ticken, zeigt Ihnen dieses Gedankenspiel: Nehmen wir an, Sie würden von Ihrem Chef fordern, er solle Ihr Gehalt bis in zehn Jahren verdoppeln – welche Reaktion wäre wahrscheinlich? Er würde Sie auslachen, ausschimpfen, für verrückt erklären! Aber wenn Sie alle zwei Jahre Ihren Arbeitgeber wechseln und dabei Ihr Gehalt jedes Mal um 20 Prozent steigern, haben sich Ihre Bezüge in zehn Jahren verdoppelt. Das erscheint den Irrenhäusern »ganz normal«.
    Dieselben Firmen, die von ihren Insassen »ewige Treue« fordern (es selbst damit bei Entlassungswellen aber nicht so genau nehmen!), belohnen das Gegenteil: die Untreue. Sie machen ihren Mitarbeitern vor, was sich wirklich rechnet: die Sprunghaftigkeit, der ständige Wechsel. Wer lange in derselben Firma bleibt, bleibt lange auf demselben Gehalt sitzen; wer rasch wechselt, erklimmt Gehaltsgipfel.
    Die Irrenhäuser verhalten sich nach Art des Hauses: völlig irrational. Ihr kostbarstes Gut, den langjährigen Mitarbeiter, treiben sie in die Flucht. Sein Wissen und seine Erfahrung, seine Kontakte und seine (von der Firma bezahlten) Fortbildungen: All das kommt jetzt der nächsten Firma zugute. Man spart ein paar Cent – und verschleudert ein Vermögen!
    Zumal der Sparvorsatz doppelt scheitert. Denn was muss das Irrenhaus tun, um die vakante Stelle zu besetzen? Einen neuen Mitarbeiter einstellen. Je besser der alte Mitarbeiter war, desto höher die Ansprüche. Und wie gelingt es, einen Erst-Liga-Spieler aus einem bestehenden Vertrag zu locken? Richtig, man muss ihm den Wechsel durch ein Spitzengehalt versüßen!
    Gerade vor ein paar Monaten

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