Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus
16.14 Uhr gehst, wird 16.00 Uhr erfasst.«
»Das ist doch Betrug! Warum lasst ihr euch das gefallen?«
»Frag mal die Kollegen, die dagegen protestiert haben! Einer wurde entlassen, einer aus der Firma gemobbt, und einer macht jetzt die Drecksarbeit im Lager. Es hat schon seinen Grund, warum wir bei uns keinen Betriebsrat durchsetzen können!«
Jeder Mitarbeiter unserer Firma weiÃ, dass diese Zeiterfassung ein groÃer Schwindel ist. Aber wer sein Recht durchsetzen will, holt sich eine blutige Nase.
Meine Gegenwehr sieht so aus: Morgens tue ich alles, um kurz vor der vollen Viertelstunde in der Firma aufzutauchen â und abends alles, um kurz nach der vollen Viertelstunde zu gehen. Meine Kolleginnen halten es ebenso. Das ist der Grund, warum in der letzten Viertelstunde kaum mehr gearbeitet, sondern nur noch auf die Uhr geschaut wird.
Unterm Strich verliert die Firma Arbeitszeit. Aber um das zu erfassen, bräuchte man nicht nur Chipkarten, sondern gesunden Menschenverstand. Und daran mangelt es offenbar!
Bianca Lange, Einzelhandelskauffrau
Betr.: Warum ich mit Prämie weniger
verdiene als ohne
Was die Geschäftsleitung ankündigte, klang vorzüglich: Jeder Mitarbeiter sollte ab dem kommenden Jahr eine »Erfolgsprämie« ergattern können, in Höhe des eigenen Monatsgehalts. In Gedanken rechnete ich mir schon aus, was ich mit dem zusätzlichen Geld anstellen würde. Vielleicht eine Winterwoche im Süden?
Der Pegel meiner guten Laune sank, als mein Chef die drei Prämien-Ziele definierte: das für die 100-Prozent-Prämie war nahezu unerreichbar und das für 50 Prozent war nur mit Glück zu erreichen. Das für 25 Prozent aber traute ich mir zu.
Immerhin stand fest: Ich würde mehr als im Vorjahr verdienen. Diese Aussicht motivierte mich. Ich stürzte mich in die Arbeit und schaute abends nicht auf die Uhr â schlieÃlich war die Firma auch groÃzügig zu mir. Dachte ich.
Gegen Jahresende kam eine Mitteilung der Geschäftsleitung: Dieses Jahr müsse das Weihnachtsgeld, eine freiwillige Zahlung, »leider entfallen«. Man jammerte uns vor, wie schlecht die Geschäfte liefen. »AuÃerdem haben Sie durch Ihre individuellen Prämien die Chance, dennoch Ihren alten Verdienst zu erhalten.«
Völliger Quatsch! Die Ziele waren so hoch gesteckt worden, dass kein Mitarbeiter mehr als 50 Prozent davon erreichte. Den meisten ging es wie mir: Anstelle eines ganzen Monatsgehalts als Weihnachtsgeld bekamen sie nur ein Viertel davon â als »Erfolgsprämie«. Offenbar war diese Radikalkürzung von langer Hand beschlossen und uns Trotteln auch noch als Gehaltschance verkauft worden.
In den folgenden Jahren zog das Geschäft wieder an. Doch das Weihnachtsgeld haben wir nie wieder gesehen. Meine Lehre: Glaub niemals an den Weihnachtsmann â und noch weniger an freiwillige Gehaltserhöhungen!
Tobias König, Fachinformatiker
Betr.: Warum ein Drittel meiner Arbeitszeit nicht bezahlt wird
Ich bin überzeugter Familienvater und lege groÃen Wert darauf, dass ich genug Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern verbringe. Ehe ich meinen Vertrag als Software-Berater unterschrieb, habe ich gefragt: »Welche Arbeitszeit pro Woche erwartet mich?« Antwort: »40 Stunden. Das ist vertraglich geregelt. Ãberstunden sind freiwillig.«
Doch schon in meiner Probezeit merkte ich, dass die meisten Einsätze bei Kunden ein bis zwei Tage dauerten. Deshalb musste ich pro Woche den Einsatzort etwa dreimal wechseln. Aber wie schafft man es, um 17.00 Uhr noch in Frankfurt zu sein (und Feierabend zu machen) und am nächsten Morgen um 8.00 Uhr in München einen neuen Auftrag anzunehmen? Richtig, indem man mit seinem Dienstwagen nach Feierabend über die Autobahn brettert, dass die Kilometer auf dem Tacho nur so purzeln.
Im Schnitt bin ich pro Woche inklusive Fahrtzeiten 60 Stun den auf Achse. Nicht einmal ins Wochenende komme ich pünktlich, denn oft liegen zwischen meinem Einsatzort und meinem Heimatort mehrere Hundert Kilometer stauverseuchter Autobahnen.
Als ich meinen Vorgesetzten bat, meine Fahrtzeit als Arbeitszeit anzuerkennen, bekam er einen Lachanfall. »Dann müsste ich allen Mitarbeitern hier in der Zentrale auch ihre Anfahrt bezahlen. Viele sind morgens ein bis zwei Stunden unterwegs!«
»Aber diese Mitarbeiter suchen sich ihren Wohnort und die Entfernung
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