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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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das musste Olga sein. Sie sah aus wie das wandelnde Klischee eines russischen It-Girls. Kaugummi kauend blickte sie sich um, einen Ausdruck verdrossener Langeweile im Gesicht, der jedoch schlagartig einem verführerischen Lächeln wich, als zwei Anwälte in schwingenden Roben vorbeikamen. Die Köpfe der beiden wandten sich wie von einem Magneten gezogen zu ihr hin. Olga ging langsamer und strahlte sie an, worauf einer der zwei über seine Füße stolperte und ein dickes Gesetzbuch fallen ließ. Jennifer zuckte von dem Knall zusammen und blickte sich entnervt zu ihrem Aupair-Mädchen um.
    »Wo ist Paulinchen?«, wollte sie wissen.
    »Eben war sie noch da«, erwiderte Olga mit kaum merklichem slawischem Akzent.
    »Geh sie suchen«, befahl Jennifer.
    Olga machte ein mürrisches Gesicht und stöckelte den Gang entlang zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war, während Jennifer zu mir kam.
    »Hallo«, sagte sie. Es klang unfreundlich.
    »Guten Tag«, erwiderte ich höflich.
    »Sie sind wohl auch geladen worden«, stellte sie überflüssigerweise fest. »Mit anderen Worten, Sie erwarten jetzt, dass Sie was erben, oder wie?«
    »Keineswegs«, widersprach ich.
    Jennifer runzelte ungläubig die Stirn, doch bevor sie Fragen stellen konnte, meldete sich ihr Sohn. »Das ist die Frau vom Friedhof, Mama.«
    »Ich weiß.«
    »Ssalotte«, sagte Mäxchen mit allerliebstem Lispeln. Ich war gerührt, dass er sich an meinen Namen erinnerte. »Spielen wir wieder hoppeldihopp?«, wollte er wissen.
    »Heute nicht«, sagte seine Mutter kurz angebunden.
    Gleich darauf öffnete sich die Tür zu dem Amtszimmer, und der Beamte rief die Erbschaftssache Klaus Pieper auf.
    Gefolgt von Jennifer und dem Kleinen betrat ich den Büroraum, wo uns der Beamte an einem Tisch Platz nehmen ließ, auf dem ein zerfledderter Aktenstapel lag. Er setzte sich uns gegenüber, prüfte unsere Ausweise, notierte meine neue Anschrift und fing dann an, in einem Ordner zu blättern.
    Ich deutete auf Jennifers Bauch. »Wann ist es denn so weit?«, fragte ich, um das unangenehme Schweigen auszufüllen.
    »In vier Wochen.«
    »Wissen Sie schon, was es wird?«
    »Nein, ich hab’s mir nicht sagen lassen«, kam es knapp zurück. Sie hatte ganz offensichtlich keine Lust auf Smalltalk.
    Der Beamte erlöste uns aus der zähen Unterhaltung. In umständlichem Juristendeutsch erläuterte er, dass dies eine Testamentseröffnung sei und dass der Erblasser Jennifer als Erbin eingesetzt habe und mich als Vermächtnisnehmerin. Ungläubig starrte ich ihn an, als er mit seinen staubtrockenen Erklärungen endlich auf den Punkt kam: Das mir zugedachte Vermächtnis war das Haus.
    Jennifer saß mit schockierter Miene da. »Heißt das, sie kriegt das ganze Haus? Aber sie war schon von meinem Vater getrennt, als er starb! Schon seit Monaten! Damit ist doch die wichtigste Bedingung weggefallen, oder etwa nicht?«
    »Das Vermächtnis ist an keinerlei Auflagen und Bedingungen geknüpft«, erklärte der Beamte.
    Die Tür ging auf, und Olga streckte den Kopf herein. »Ich hab Paulinchen gefunden.«
    »Wartet draußen«, fuhr Jennifer sie an. Zu dem Beamten sagte sie: »Aber sie hat doch bloß ein paar Monate mit ihm zusammengewohnt! Wie kann sie da so ein Riesenvermächtnis kriegen?«
    »Es waren nur zwei Wochen«, warf ich ein. »Und ich will das Vermächtnis überhaupt nicht.« Ich sah auf meinem Spickzettel nach. »Ich gebe hiermit zu Protokoll, dass ich alle Zuwendungen von Todes wegen ausschlage.«
    »Oh!« Jennifer sah mich an und schluckte. »Sie wollen es gar nicht?« Ein unsicheres Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Das finde ich irgendwie … nobel von Ihnen.« Ihre Miene hellte sich auf. »Wir sollten eigentlich Du sagen. Schließlich sind wir so was wie Familie. Oder wären es beinahe geworden.«
    Ich nickte stumm.
    Jennifer wandte sich an den Beamten. »Bekomme ich dann das Haus, wenn Charlotte es nicht will? Zusammen mit dem restlichen Vermögen?«
    »Das Haus wird keiner von uns kriegen«, sagte ich. »Du leider auch nicht, Jennifer. Und ich bezweifle sehr, dass es noch ein restliches Vermögen gibt. Das Haus ist auf alle Fälle weg. Beziehungsweise, es ist zwar noch da, aber es gehört jetzt anderen Leuten. Es ist unter den Hammer gekommen, die Bank hat es zwangsversteigern lassen. Letzte Woche war die Räumung.«
    »Ich muss Pipi«, sagte Mäxchen.
    »Zwangsversteigert?«, stieß Jennifer hervor.
    Ich sah ihren fassungslosen Gesichtsausdruck und beeilte mich,

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