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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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kommen. Natuerlich werde ich euch ueber alles auf dem Laufenden halten. Drueckt mir die Daumen!

Kapitel 5
    D iese Geschichte erfuhr Adrian nicht, als er am nächsten Vormittag wie vereinbart zum Helfen hochkam, Deal hin oder her. Jennifers Blog war nur über ein Passwort zugänglich, das Paulinchen offensichtlich kannte und benutzte – vermutlich ohne dass Jennifer davon wusste. Ich hatte bereits ein schlechtes Gewissen, dass ich die Einträge gelesen hatte. Es wäre mir wie eine Art Verrat vorgekommen, auch noch Adrian davon zu erzählen. Es ging ihn schlicht nichts an. Außerdem musste ich das alles erst mal selber verdauen.
    Olga war gleich nach dem Frühstück mit meinem Zweitschlüssel losgezogen, um einkaufen zu gehen. Was mir nur recht war, denn die Vorräte, die Jennifer mitgebracht hatte, gingen zur Neige, ein bisschen Nachschub konnte nicht schaden.
    »Ich würde sagen, ich baue dir erst mal den Kleiderschrank zusammen, bevor wir uns überlegen, welche Arbeit wir als Nächstes in Angriff nehmen«, erklärte Adrian, nachdem er sich mit einer Tasse Kaffee gestärkt hatte.
    Gegen diese Reihenfolge hatte ich keine Einwände. Ich wollte endlich meine restlichen Sachen auspacken und ordentlich verstauen, statt aus dem Karton zu leben.
    »Während ich schraube, kannst du mir was über dich erzählen«, sagte Adrian. »Um eine Filmfigur dramaturgisch abzurunden, ist eine vollständige Biografie wichtig.«
    Ich war der Meinung, ich hätte ihm schon alles dramaturgisch Wissenswerte über mich erzählt, aber das wollte Adrian nicht gelten lassen.
    »Du hast mir zum Beispiel noch nichts über deine Jugendzeit erzählt. Da haben wir noch ein Defizit in der Figurenentwicklung.«
    »Meine Jugendzeit ist so lange her, dass ich mich daran gar nicht mehr erinnere.«
    »Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder?« Er warf mir einen skeptischen Blick zu, worauf ich so tat, als müsste ich mich um die Kinder kümmern, obwohl die ungewöhnlich brav am Küchentisch saßen und mit Wachsstiften malten.
    »Ehrlich, da gibt es nichts zu erzählen. Oder höchstens Dinge, die so langweilig sind, dass du schon beim Zuhören einschlafen würdest.«
    Ich sah nicht ein, warum man bis zur Steinzeit zurückgehen musste, um einen Filmcharakter plastischer zu machen. Außerdem war mein Leben wirklich keins, wo jeder gleich sagte: »Oh, darüber könnte man ja einen Film drehen!«
    Meine Jugendzeit war ungefähr so glamourös wie Kassel-Niederzwehren, wo ich aufgewachsen und zur Schule gegangen war. Das Spektakulärste, was ich damals erlebt hatte, war während einer Klassenfahrt in den Schwarzwald passiert, bei einer Skifreizeit. Damals hatte ich im Alter von siebzehn Jahren etwas unfassbar Bescheuertes getan. Natürlich nicht grundlos, sondern weil ich eine leichtsinnige Wette abgeschlossen hatte. Wozu es nur deshalb kam, weil ich mir beim Après-Ski so viel Kirschwasser hinter die Binde gegossen hatte, dass ich nicht mal mehr das Wort Piste sagen konnte (stattdessen sagte ich ungefähr hundertmal Pisse und lachte mich dabei halb tot). Als Folge dieser Enthemmung kam es zu jenem Vorfall, über den noch Jahre später in Niederzwehren getuschelt wurde und für den man mich garantiert von der Schule geworfen hätte, wenn irgendwer rausgekriegt hätte, dass ich dabei die Hauptakteurin gewesen war.
    »Na ja, eine Sache gab es da vielleicht«, begann ich.
    Adrian legte zwei Schrankbretter nebeneinander und suchte die passenden Schrauben heraus. »Fang ruhig an, ich kann mich auf mehrere Sachen gleichzeitig konzentrieren.«
    Ich hätte am liebsten einen Rückzieher gemacht und so was gesagt wie: »Ich habe mal bei einer Wahl zur Miss Disco mitgemacht und bin Dritte geworden« (was sogar stimmte) oder »Ich hatte mal fünf Richtige mit Zusatzzahl im Lotto, aber dann den Schein verloren« (was leider ebenfalls zutraf), aber irgendein Teufelchen trieb mich, die geheimste aller Jugendsünden zu verraten.
    »Als ich siebzehn war, bin ich mal um Mitternacht eine Skipiste runtergebrettert, bestimmt mit hundert Sachen. Na ja, sagen wir, fünfzig. Jedenfalls war ich wahnsinnig schnell unterwegs.«
    Adrian schraubte fleißig. Er hatte nicht übertrieben, er konnte gleichzeitig zuhören und arbeiten. Wenn er in dem Tempo weitermachte, hatte ich in einer Viertelstunde einen neuen schwedischen Hausgenossen namens Pax.
    »Mitten in der Nacht und bei Dunkelheit? Klingt ziemlich unvernünftig. Und waghalsig. Muss eine tolle Abfahrt gewesen sein.«
    »Ja. Und ich

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