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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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manchmal treten Kinder darauf.« Der Fahrer zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. »Deshalb ich mache Krücken und fahre nach Norden. So oft ich kann.«
    »Wie viele Krücken machen Sie?«
    »Ein Paar jeden Tag. Das ist mein Ziel. Ich möchte mehr machen, aber Holz ist teuer, und meine Hände sind alt.«
    »Das tut mir leid.«
    »Es ist nicht Ihre Schuld«, erwiderte Khan und kniff erneut die Augen zusammen, als sich ein Lastwagen näherte. »Wussten Sie, dass ich mit dreizehn Jahre Ho-Chi-Minh geholfen habe, gegen die Amerikaner zu kämpfen?«
    Ian drehte sich zu ihm um. »Wie?«
    »Wir legten viele geheime Wege an, damit Ho Chi Minh Nachschub aus Hanoi im Norden für seine Männer im Süden bekommen konnte, die gegen die Amerikaner kämpften. Diese Wege waren sehr wichtig, und die Amerikaner wussten das, deshalb bombardierten sie sie. Sechs Wochen lang arbeitete ich an einer Brücke über einen Fluss. Die Amerikaner kamen jeden Morgen mit ihren Flugzeugen und bombardierten sie. Wir bauten sie jeden Nachmittag neu, und dann, in der Nacht, fuhren unsere Lastwagen darüber, Richtung Süden. Dann bombardierten die Amerikaner sie am nächsten Tag, und wir bauten sie wieder auf, und so weiter und so weiter. Schließlich beschlossen wir, die Brücke unter Wasser zu bauen, damit die Amerikaner denken, dass sie weg ist. Wir brauchten elf Tage, um die Unterwasser-Brücke zu bauen. Danach haben die Amerikaner sie nicht mehr bombardiert, weil sie dachten, dass wir es müde waren, sie wieder aufzubauen. Aber wir waren nicht müde geworden. Und jede Nacht fuhren unsere Lastwagen darüber.«
    Ian versuchte sich vorzustellen, wie es war, dreizehn zu sein und Bomben fallen und Dinge explodieren zu sehen. »Und jetzt bauen Sie Krücken?«
    »Ja, weil ich weiß, wie man mit Holz arbeitet. Von damals, als ich die Brücke baute.«
    Die Straße fiel bis zum Rand des Meeres ab, das indigoblau war und flacher als die Straße, der sie folgten. »Wie wäre es, wenn ich helfe?«, fragte Ian und blickte auf Khans Hände mit den dick geschwollenen Knöcheln und den Narben.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Darf ich Ihnen Krücken aus Amerika schicken?«
    Khan drehte sich zu ihm um, hob seine Brille an und kniff erneut die Augen zusammen. »Krücken aus Amerika? Wirklich? Ist das nicht zu viel Aufwand für Sie?«
    »Keine Sorge. Ich habe die Karte ihres Chefs. Ich könnte sie an sein Büro schicken.«
    Der Transporter wurde langsamer, weil Khan den Fuß vom Gas genommen hatte. »Ich brauche … mehr Krücken. Würden Sie das tun, Mr McCray? Würden Sie mir welche schicken?«
    Ian streckte die Hand aus, und Khan ergriff sie und drückte sie fest. »Das mache ich. Ich verspreche es.«
    »Danke. Vielen Dank.«
    »Ich sollte Ihnen danken. Für Ihre Fahrten. Dafür, dass Sie versuchen zu helfen.«
    Khan nickte, und der Transporter fuhr wieder schneller. »Nach der Brücke, als ich älter war und im Krieg kämpfte … habe ich Fehler gemacht. Ich war nicht gut. Und ich gebe den Amerikanern nicht die Schuld an allem. Dafür, was ich getan habe. Deshalb tue ich jetzt mein Bestes, um zu helfen. Und ich werde Krücken machen, bis ich sterbe.«
    Ian wollte ihn nach der Vergangenheit fragen, tat es jedoch nicht. »Ich schicke Ihnen Krücken. Bald.«
    »Sie sind sehr freundlich. Freundlich zu einem alten Mann und zu den Kindern. Ich werde den Kindern von Ihnen erzählen. Von dem wunderbaren Mann, der in Amerika lebt und ihnen Krücken schickt.«
    »Danke. Aber eigentlich sind Sie der wunderbare Mann. Sie bauen immer noch Brücken, wissen Sie. Nur dass auf diesen Kinder gehen können.«
    Der Ozean wogte zu ihrer Rechten und krachte gegen schwarze Felsen, füllte die Luft mit dem Geruch von Leben und Sterben. Ian blickte Khan an, der lächelte und dessen Kopf auf und ab wippte, so als höre er Musik.
    Hinten im Transporter redete Georgia mit Mattie und Holly über Jungs. Ian hörte zu, interessiert daran, welchen Rat sie ihnen gab. Sie erzählte ihnen, dass sie sich darüber keine Gedanken machen sollten, weil sie sich noch für den Rest ihres Lebens über Jungs Gedanken machen würden und dass es keinen Grund gab, es zu überstürzen. Mattie fragte, worauf sie bei Jungs achten sollte. Georgia zögerte, aber sagte dann, dass Mattie so nach Jungs suchen sollte, wie sie am Strand nach Muscheln suchte. Such dir nicht immer die schönste Muschel, riet sie ihr, sondern die interessanteste Muschel, die Muschel, die du dir immer ans Ohr halten kannst und die

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