Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
Vom Netzwerk:
durch die Nacht zu hallen.
    Bald kehrte ihre Kellnerin mit Tellern voller dampfendem Essen zurück. Die Reisegefährten teilten sich ihre Vorspeisen, als wären sie Einheimische, reichten Teller herum und mischten Soßen, die von allen probiert wurden. Während des Mahls flackerten ihre Glühwürmchen. Erst als der Nachtisch serviert wurde, kippten Mattie und Holly die Laterne zur Seite, öffneten die Tür und sahen zu, wie die Glühwürmchen davonflogen.
    Während Holly sie zu einem Taxi führte, stimmten alle darin überein, dass das Restaurant von nun an einer ihrer Lieblingsplätze war. Georgia schien besonders guter Laune, was Ian zu seiner Überraschung tröstete. Er hatte nicht erwartet, noch einmal eine andere Frau glücklich zu machen, und das Wissen, dass er es konnte, wärmte ihn. Er war nicht zerbrochen, wie er befürchtet hatte. Noch nicht ganz verloren.
    Als er sich auf dem vorderen Sitz umdrehte, wurde ihm klar, dass ihn kein Bild hätte glücklicher machen können als das von Mattie, die zwischen Holly und Georgia saß und lächelte, während Georgia sie fotografierte und sie fragte, was ihr an dem Tag am besten gefallen hatte. Natürlich war Matties Antwort die Glühwürmchen, die sie gefangen hatten, und dass sie Rupi ein Bild davon malen würde. Mattie war nicht sicher, ob es in Indien Glühwürmchen gab, und sie wollte, dass Rupi sah, was sie gesehen hatte. Während Mattie sprach, glaubte Ian, eine neue Selbstsicherheit in ihrer Stimme zu hören. Er wusste nicht, ob dieses Selbstvertrauen durch ihre Zeit mit Holly und Georgia entstanden war oder durch etwas ganz anderes. Aber es schien aufzutreten, wenn Georgia ihr Fragen stellte, wenn die beste Freundin ihrer Mutter Mattie genauso behandelte wie Holly.
    Ian war sich bewusst, dass Georgia während ihrer gemeinsamen Zeit versucht hatte, eine Beziehung zu Mattie aufzubauen und sie zum Lächeln zu bringen. Und er war dankbar für diese Versuche, so dankbar vielleicht, dass er ihre Hand geküsst hatte, dass er sein Glück mit ihr hatte teilen wollen. Abgesehen von den Momenten mit Mattie war Georgia zu küssen das Schönste gewesen, was er seit Monaten getan hatte. Er wollte es wieder tun.
    Er lächelte über etwas, das Mattie gesagt hatte, und betrachtete sie, dann drehte er sich weiter herum, damit er Georgias Gesicht sehen konnte, das nicht nur Lachfältchen aufwies oder von der Weichheit eines einfachen Lebens definiert wurde. Ihr Gesicht war nicht stolz oder allwissend oder frei von Zweifeln. Es strahlte eine Kombination von Mitgefühl und Weisheit und Hoffnung aus. Plötzlich sehnte Ian sich danach, ihre Lippen so zu küssen, wie er ihre Hand geküsst hatte. Er wollte sich nicht allein fühlen, obwohl er versucht hatte, diese Einsamkeit tief in sich zu verbergen. Er hatte so viel für Mattie getan, aber jetzt, als er Georgia neben seinem kleinen Mädchen sitzen sah, wusste er, dass er versagt hatte. Sosehr er Mattie auch liebte, er brauchte mehr, als sie ihm geben konnte. Und er wusste, dass sie glücklicher wäre, wenn er nicht mehr so traurig war.
    Das Taxi bog in das Herz von Dalat, fuhr durch einen alten Teil der Stadt. Hier war er damals mit Kate gewesen. Obwohl sich einige Dinge verändert hatten, kamen ihm die meisten der verwitterten Gebäude bekannt vor. Ian wollte gerade den Blick abwenden und sich wieder zu Georgia umdrehen, als er eine alte Steinbrücke sah, die einen Fluss überspannte. Eine Erinnerung kam plötzlich zurück – ein Bild, wie Kate und er spätabends am Geländer der Brücke gestanden hatten. Sie hatte an einem Gedicht über die Brücke geschrieben, etwas darüber, dass sie müde war von den Tausenden von Flüssen, die sie schon überquert hatten. Er hatte sie umarmt, bevor sie fertig war, hatte sie festgehalten und gelacht, als sie versuchte, ihr Gedicht zu beenden. Als sie protestierte, hatte er sie hochgehoben und über die müde Brücke zurück in ihre Pension getragen, die Zementtreppen hinauf und in ihr Zimmer. Sie hatten sich auf der dünnen Matratze geliebt, umgeben von einem Moskitonetz und einem Deckenventilator, der über ihnen schaukelte.
    Er starrte die Brücke an, bis sie in der Dunkelheit verschwunden war. Dann blickte er nach vorn. Die Stadt, die ihm noch vor einer Minute so lebendig vorgekommen war, wirkte jetzt tot. Alles war dunkel und trostlos und alt. Ian rieb sich über die Stirn und wünschte, er hätte Kate ihr Gedicht beenden lassen. Er wollte es jetzt hören, wollte noch einmal ihrer Stimme

Weitere Kostenlose Bücher