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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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Stufen hinauf, gefolgt von Mattie und Rupi. Der Rauch und die Hitze des Scheiterhaufens in der Nähe zogen an ihm vorbei. Er roch Blumen, Weihrauch, Sandelholz und den Geruch des Körpers, den das Feuer verwandelt hatte. Während er seine Schritte beschleunigte, blickte Ian zurück, nicht sicher, was er mit dem Jungen machen sollte, aber froh darüber, dass Mattie ihm helfen wollte.
    Nach vierzig oder fünfzig Schritten stießen sie auf eine Beerdigungsprozession – ein Toter lag unter einem Haufen Ringelblumen, umgeben von ein paar Dutzend Verwandten. Ian bog nach rechts ab, um der Prozession auszuweichen, und stieg immer weiter hinauf, bis er ganz oben auf dem Ufer stand und die Stadt sich vor ihm ausbreitete.
    Mit Matties Hand in seiner führte er die beiden weiter, froh darüber, dass Rupi nicht weggelaufen war. Varanasi wirkte von hier ganz anders als vom Fluss aus. Seit dreitausend Jahren lebten Menschen in diesem Gebiet, und die Gebäude sahen ähnlich alt aus – schmutzig und baufällig, mit verblichenen Plakaten bedeckt und von Elektrokabeln überzogen. Wo die Gebäude auf die Straße trafen, sammelten sich Dutzende von Bettlern. Leprakranke hielten weinende Kinder. Kühe lagen im Dreck. Eine Frau ohne Beine hatte sich an einen Reifen gebunden und bewegte sich, indem sie ihre Hände auf den aufgeplatzten Asphalt legte und sich selbst hochzog. Hunderte von Indern der Mittelklasse bevölkerten ebenfalls die Straße, genauso wie einige wenige Touristen mit ihren Digitalkameras und überdimensionierten Hüten.
    Rupi konnte zwar ein bisschen Englisch, aber er hatte Angst, diese Fremden etwas zu fragen. Er wollte nicht, dass sie gingen, nicht, wo er so hungrig war und sein Magen sich anfühlte, als wären zwei Schlangen darin, die gegeneinander kämpften. Er folgte dem großen Mann die Straße hinunter und fragte sich, wohin sie gingen. Mit der Hand griff er in seine Tasche und tastete nach Prem und dem silbernen Nasenring, den er am Boden des Flusses gefunden hatte. Der Nasenring würde ihn vermutlich für ein paar Wochen ernähren. Er war froh, dass er ihn unter einem alten Baumstumpf gefunden hatte, der im Schlick verrutscht war. Er würde ihn gut verstecken müssen, denn die Gangs würden ihn durchsuchen.
    Während Rupi ging, betrachtete er das Mädchen neben sich. Sie trug einfache, aber hübsche Kleider – eine rote Shorts und ein T-Shirt mit einem Delfin vorne drauf. Sie lächelte ihn oft an, und er mochte die Art, wie ihre Sommersprossen sich bewegten, wenn ihre Mundwinkel sich hoben. Er fand sie schön, schöner als alles, was er jemals gesehen hatte.
    Rupi folgte ihr in ein schmales, aber sehr hohes Gebäude. Er war noch niemals an einem solchen Ort gewesen. Normalerweise war er hier nicht willkommen, aber die Anwesenheit der Fremden änderte alles. Eine Frau begrüßte den großen Mann und führte sie zu einer Treppe. Rupi lief hinter dem Mädchen die Treppe hinauf, während er mit den Fingern über Prem rieb, und seine Nervosität ließ ihn eine Stufe verfehlen und stolpern.
    Die Treppe hörte schließlich auf, und sie befanden sich in einem Dachrestaurant. Sie gingen an einen Tisch am Rand des Gebäudes, von dem aus man über den Ganges blicken konnte. Rupi hatte den Fluss noch nie von so weit oben gesehen, und seine Augen weiteten sich. Der Fluss schimmerte, Feuer brannten am Ufer, Boote tanzten darauf. Der Mann zog einen Stuhl zurück und bedeutete Rupi, sich zu setzen. Er tat es und rückte näher an den Tisch. Zum ersten Mal, seit er den Fremden begegnet war, lächelte er. Sie würden ihm nicht wehtun, beschloss er.
    »Was für eine schöne Aussicht«, sagte Ian und deutete auf den Fluss. »Und was für ein schöner Tag.« Er sah Rupi an. »Wir sind froh, dass du bei uns bist. Es ist uns wirklich ein Vergnügen.«
    Rupi grinste erneut und nickte Mattie zu.
    »Ich mag deinen Namen«, sagte sie.
    Er tastete unter dem Tisch nach Prem und dachte daran, dass die größeren Jungen ihn Rupi genannt hatten, weil er klein war, wie eine Münze, und weil er immer um Rupien bettelte. »Mein Name wie indisches Geld«, sagte er und ließ seine Füße vor- und zurückschwingen.
    Eine Kellnerin in einem gelben T-Shirt und einer schwarzen Hose kam über die Treppe. Sie begrüßte sie, legte drei Speisekarten auf den Tisch und erkundigte sich, ob sie etwas trinken wollten. Mattie sah, wie verwirrt Rupi war, und bestellte für sie beide eine Fanta. Ian bat um eine Flasche Wasser.
    Rupi öffnete die Karte, aber da

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