Ich bin dann mal alt
das Essen und Trinken gefunden wird.
Wer Lust und Freude am Essen hat, hat meist auch Freude am Leben. Und wem das Essen nicht schmeckt, dem schmeckt auch das Leben nicht. Essen und Trinken sind ein Spiegelbild der Seele.
Auch Fasten tut gut
Zum richtigen Essensrhythmus gehört auch das Fasten. Im Alter betrachten immer mehr ältere Männer und Frauen das Fasten weniger als einen Weg zur Gewichtsreduzierung, sondern als Tor zu einer Chance im Leben. Im Fasten macht nämlich der Mensch Erfahrungen, die für seinen Leib und seine Seele wertvoll sind. Dabei werden die meisten gängigen Lebenskonzepte auf den Kopf gestellt und der Mensch begreift, dass weniger oft mehr ist und dass in jeder Reduzierung eine Chance zum Wachsen liegt.
Beim Fasten macht der Mensch eine Verlusterfahrung. Er nimmt weniger zu sich, leistet also Verzicht – und erlebt am Ende
der Fastenzeit seelisches, spirituelles Wachstum. Fasten ist dabei nicht beschränkt auf die reine Essensreduzierung, sondern kann Verzicht in vielerlei Formen bedeuten: auf bestimmte Annehmlichkeiten wie Fernsehen oder Radiohören, auf Rauchen, auf Reden, auf die Erfüllung eines bestimmten Kaufwunsches. Manche verzichten sogar auf ihre Bewegungsfreiheit und ziehen sich für ein paar Tage in die Einsamkeit einer Klosterzelle zurück. Immer häufiger setzt sich auch eine Form des Fastens durch, in der man zwischen Aschermittwoch und Ostern auf Fleisch und Alkohol, vielleicht auch auf Süßigkeiten verzichtet, ansonsten aber ganz normal isst und trinkt. Es gibt viele Möglichkeiten des Verzichts.
Im Fasten kann der Mensch Verlusterfahrungen einüben, denen er im alltäglichen Leben gerne aus dem Weg geht – sei es die gescheiterte Beziehung, die man verdrängt, das Geld, das man an der Börse verloren hat, oder die schwindende Gesundheit. Verlust wird heute meist als Schwäche empfunden. In Wahrheit gehört er zum Leben – mehr noch: Ohne Verlusterfahrungen kann sich der Mensch gar nicht entwickeln. Viele registrieren in unserer Gesellschaft zwar die Wachstumsprozesse sehr aufmerksam – mehr Geld, größeres Ansehen, Orden und Ehrungen –, aber die Verluste werden gerne übersehen. Doch jeder Mensch verliert irgendwann seine Kindheit, seine Jugend und sein Erwachsensein, wenn er alt wird. Zähne und Haare fallen aus, seine Kraft lässt nach, Mitte 60 ist das Berufsleben zu Ende. Im Laufe der Jahre erlebt er den Tod der Eltern, Freunde sterben, vielleicht auch die eigenen Kinder, der Partner verlässt ihn, Beziehungen enden, der Mensch ändert seine Einsichten. Das ganze Leben besteht ununterbrochen aus Verlusten – immer wieder müssen wir uns damit abfinden, dass wir uns von lieb gewordenen Dingen trennen müssen Und die letzte große Verlusterfahrung trifft uns, wenn wir unser irdisches Leben verlieren.
In unserer Gesellschaft redet kaum jemand von Verlust, offenbar wird er als ein Makel betrachtet. Aber das ist falsch. Ohne Verlusterfahrungen kann man auf Dauer nicht vernünftig leben. Es scheint paradox zu sein: Indem der Mensch Verlusterfahrungen von seinem Leben fernhält, fördert er sein Leben nicht, sondern zerstört es. Deshalb setzen sich immer mehr Menschen im Fasten ganz bewusst einem Verlust aus – und fühlen sich hinterher gut, weil sie ihr Leben weiterentwickelt haben. Die Einübung von Verlusterfahrungen gibt dem Menschen neue Lebenskraft, beim Fasten verwandelt sich der Verzicht in Gewinn.
Fasten ist ein Reinigungsprozess an Leib und Seele. Wir scheiden mehr aus, als wir aufnehmen – durch den Darm, durch die Blase, durch die Haut und über den Atem. Manchmal braucht man dabei »Hilfsmittel«, weil viele Menschen unter Verstopfung leiden. Sie wollen alles behalten und schleppen ihren »Müll« mit sich herum, sei es im Darm oder an allen möglichen anderen Stellen im Körper, aber auch in der Seele, weil sie Ärger und Wut, Enttäuschung und Verletzungen oft jahrelang in sich »hineingefressen« haben. Dies alles loszulassen, ist das Ziel des Fastens. Dann kann der Mensch endlich zu innerer Ruhe, zum inneren Frieden kommen.
Mit dem Körper ist es wie mit einem Haus, das vor 30, 50 oder 70 Jahren gebaut worden ist: Im Keller, auf dem Dachboden, in Abstellräumen und Schränken hat sich Gerümpel angesammelt, das keiner mehr braucht. Obwohl es Platz wegnimmt und vergammelt, wirft man es trotzdem nicht weg. Mit dem eigenen Körper ist es ähnlich. Was hat man über die Jahre nicht alles an Essen in sich hineingestopft! Vieles war
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