Ich bin dann mal alt
von sich – und vorne auf der Bühne spielten die Musiker so empfindsam, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören.
Georg betete, dass endlich die Trompeter aktiv werden und ganz hinten der Schlagzeuger auf seine Trommel schlagen würde, damit er und seine Frau aus der Schusslinie kamen. Aber vergeblich. Die Stücke an diesem Abend waren alle leise und lange. Der Georg, heilfroh, als endlich alles vorbei war, schwor sich, so schnell in kein Konzert mehr zu gehen. Eine Lehre war ihm dieser Abend dennoch, hatte er doch am eigenen Leib erfahren, welche Folgen es haben kann, wenn man beim Essen das rechte Maß vergisst und zu sehr über die Stränge schlägt.
Kranksein und Gesundwerden – ein normaler Rhythmus im Leben
Für meine Gesundheit sorge ich jeden Tag mit Zinnkraut, Brennnesseln und Melissen – Kräuter halt. Krankheiten haben wir ja alle, damit muss man leben. Wichtiger aber ist, auf das Innere zu achten. Man soll darauf achten, dass man höflich und anständig ist und so durch das Leben kommt – nicht mit groben Geschützen! Und man muss vor allem auf den Mund achten, was da herauskommt, denn mit dem Reden kann man den Menschen am meisten wehtun. Reden kann mehr verletzen als ein Messer. Deswegen ist es oft besser, den Mund zu halten, als g’scheit daherzureden.
Lindenwirtin Josefine Wagner
Man kann es gar nicht oft genug betonen: Alter ist keine Krankheit – auch Sterben nicht! Beides, Kranksein und Sterben, gehört zum Leben. Gefährlich ist es allerdings, wenn sich alte Menschen ununterbrochen mit ihrer Gesundheit und mit dem Tod beschäftigen, dann werden sie zu Hypochondern, die nur noch in sich hineinhorchen. Voller Angst nehmen sie die Medikamente wie Nahrung zu sich, um bloß nicht krank zu werden.
Natürlich wird die Verantwortung für die eigene Gesundheit im Alter höher und jeder muss gut aufpassen, dass er sich geistig und körperlich nicht überfordert. Doch diese Achtsamkeit soll auch nicht dazu führen, dass man wegen jeder kleinen Beschwerde überreagiert und sofort zum Arzt rennt. Genauso falsch ist es, bestimmte Krankheitssymptome zu ignorieren. Selbstverantwortung ohne Hypochondrie – das ist vor allem im Alter der Königsweg zwischen Gesundheit und Kranksein.
Oft sieht man es alten Menschen an, dass sie vom Leben müde sind. Vielleicht »wollen« sie nicht mehr und bereiten sich auf
ihren Abschied vor. Diese Haltung muss man respektieren und dem Menschen zugestehen, dass er sich bewusst und in Würde auf seinen Tod vorbereitet. Ein Zeichen für eine solche innere Entscheidung ist meistens, dass diese Menschen aufhören zu essen. In solchen Fällen ist die häufig vorgenommene Zwangsernährung vielleicht der falsche Weg, weil er den Willen des Betroffenen missachtet. Meistens ist eine Krankheit der Grund für den Wunsch, aus dem Leben zu scheiden. Nicht immer geschieht dies friedlich und schmerzfrei, und manchmal ist es für den Betroffenen selbst schwer, sein Leiden anzunehmen. In diesen schweren Stunden hilft der Glaube an Gott, weil er über den Tod hinaus eine Perspektive gibt.
Wer am Ende seines Lebens eine tödliche Krankheit in sich trägt, beschäftigt sich naturgemäß mit seinem Sterben. Wenn dann auch noch starke Schmerzen auftreten, kann sogar der Gedanke an aktive Sterbehilfe verlockend sein: Der organisierte Freitod erscheint vielleicht als echte Alternative zu einem leidvollen Siechtum. Trotzdem ist das die verkehrte Lösung. Aus gutem Grund sind in fast allen Ländern die Organisationen verboten, die – gegen stolzes Honorar, versteht sich – den tödlichen Cocktail mixen und verabreichen.
Was habe ich, was fehlt mir?
Wenn ein Patient vom Arzt gefragt wird, was ihm fehlt, dann antwortet er meistens: »Ich habe Kopfweh, habe Bauchschmerzen, habe Depressionen …« Der Kranke berichtet von dem, was er hat, und nicht davon, was ihm fehlt.
Es gehört heute offenbar zum guten Leben, dass es uns an nichts mangeln darf. Modische Kleidung, ein Handy, der
Zweitwagen, dreimal im Jahr in den Urlaub – um in der Gesellschaft anerkannt zu sein und sich wohlzufühlen, rackert sich der Mensch ab, damit er auch alles hat. Mit diesem Anspruch, der meist sogar mit dem Streben nach Perfektion verbunden ist, setzt sich der Mensch Lebensziele, die ihn von seinen echten Bedürfnissen entfernen. Viele brüsten und bespiegeln sich in ihrer Eitelkeit, sie flüchten in Träume, oft sogar in Krankheiten – stets auf der Suche nach Anerkennung, nach Leben, nach Liebe. Doch
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