Ich bin dann mal alt
überflüssig, unverdaulich und hat sich irgendwo im Gewebe und in den Organen abgelagert. Jeder trägt solchen »Müll« mit sich herum. Deshalb wollen die Menschen beim Fasten nicht nur abnehmen, sondern sich vor allem von ihren Ablagerungen befreien. So wird das
Fasten zum »Hausputz« für den eigenen Leib und für die Seele. Nach dieser Entrümpelung kann der Mensch frei durchatmen, er genießt die neue Harmonie und bekommt wieder Lust und Freude am Leben. Durch das Fasten erweitern wir unser Bewusstsein, weil wir nicht nur den Leib »aufräumen«, sondern auch unsere Seele.
In fast allen Religionen und bei den meisten Naturvölkern findet man eine jährlich wiederkehrende Fastenzeit, weil diese offenbar den Menschen guttut und die Erkenntnis bringt, dass man durch Verzicht Freude erleben kann. Die Reduzierung des Essens steigert die Wahrnehmung und Aufmerksamkeit des Menschen und schenkt ihm eine neue Lebensperspektive. Er fühlt sich wie neugeboren. Wer fastet, macht sich bewusst auf die Suche nach Spiritualität.
Kein eintöniger Abend
Essen und Trinken spielten in Georgs Leben schon immer eine große Rolle. Nur mit dem rechten Maß nahm er es dabei nicht immer so genau.
Angefangen hatte es damit, dass Georgs Schwager zum Dienstjubiläum zwei Eintrittskarten für ein Sinfoniekonzert geschenkt bekam. Und weil der Schwager von ernster Musik wenig hielt, schenkte er dem Georg die Karten. »Da kannst du dir mit deiner Frau einen schönen Abend machen«, sagte er. Georgs Freude hielt sich ebenfalls sehr in Grenzen – auch er war kein Freund von Sinfonien, sondern fühlte sich viel wohler bei zünftiger Blasmusik, bei der man im Festzelt mit den Nachbarn schunkeln und zum Mitsingen auf die Bänke steigen konnte.
Aber Kultur ist halt Kultur, da kannte der Georg nichts! Außerdem konnte er das Geschenk seines Schwagers nicht ablehnen – der war nämlich ziemlich schnell beleidigt und hätte sonst geglaubt, dass der Georg etwas gegen ihn hat. Also nahm der Georg die Karten dankend an.
»Das ewig lange Zeug mit den Geigen macht mich schwermütig«, klagte er am Abend vor seiner Frau. »Meistens kämpfe ich mit dem Schlaf, wenn die Musiker vorne auf der Bühne alles zu sehr in die Länge ziehen.« Doch er beschloss, das Beste aus dem Abend zu machen.
Von seinen Nachbarn wusste er, dass vornehme Leute vor einem solchen Konzert immer erst gepflegt miteinander essen gehen. So sagte er zu seiner Frau: »Martha, ich lade dich vorher zum Schlachtschüssel-Essen ein – es soll ein schöner Abend für uns werden.«
Am Samstagabend warfen sich die beiden in Schale. Als sie in ihrer feinen, dunklen Kleidung im Dorfwirtshaus auftauchten, staunten die Gäste nicht schlecht. »Ein Trauerfall in der Familie? «, fragte der Wirt gleich besorgt. »So etwas Ähnliches«, antwortete Georg – mehr verriet er aber nicht, weil der Wirt sonst gedacht hätte, dass ihn der Georg auf die Schippe nimmt.
Dann genossen der Georg und seine Martha die Schlachtschüssel – sie war ein Gedicht. Die beiden langten ordentlich zu: je ein paar Scheiben von der Leber und Niere, von Fett durchzogenes Kesselfleisch, eine Leberwurst und eine dicke Blutwurst und zwei Riesenknödel mit Sauerkraut und viel Soße. Dazu trank der Georg zwei Halbe Bier und als »Niederdrücker« einen Kräuterlikör. Schöner hätte der Kulturabend für ihn nicht anfangen können!
Eine halbe Stunde später saß er mit seiner Frau im Konzertsaal. Kaum hatte das Orchester zu spielen begonnen, da spürte der Georg im Bauch ein von Minute zu Minute
drückender werdendes Völlegefühl. »Das Essen vorhin war wohl doch zu reichlich«, dachte er sich. Bald hing er jedenfalls in seinem Polstersitz wie ein geprellter Frosch. Die Schlachtschüssel, die zwei Biere und der Magenbitter trieben ihm den Schweiß auf die Stirn – und dann kam schön langsam auch seine Verdauung in Gang.
Vorn auf der Bühne strich der erste Geiger zart und gefühlvoll mit dem Fidelbogen über die Saiten – und Georg wand sich in seinem Polstersitz. Je leiser der Geiger spielte, desto lauter rumorte es beim Georg – Donnerwetter, das Sauerkraut! Ringsum wurden die Besucher schon unruhig. »Mit dir muss man sich ja schämen«, flüsterte Martha ihrem Gatten zu, aber zwei Minuten später fingen auch bei ihr die gleichen Geräusche an.
Den Georg bringt ja so schnell nichts aus der Fassung, aber seine und Marthas laute Verdauung war ihm wirklich peinlich. Die beiden saßen im Konzert und gaben Töne
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