Ich bin dann mal alt
ihrer Kindheit hören.
Neue Familienformen
Scheidungen, das Zusammenleben ohne Trauschein, wechselnde Lebenspartner – in unserer modernen Gesellschaft finden sich immer häufiger bunt zusammengewürfelte Patchwork-Familien. Ein solcher Verbund ist nicht schlechter und nicht besser als traditionelle Familien, solange im Patchwork Klarheit herrscht:
Jeder muss wissen, wohin er gehört, auf wen er sich verlassen kann, wer in einer Notsituation sein vertrauter Ansprechpartner ist. Wenn im Patchwork die Rollen, die Bezüge und Verantwortlichkeiten nicht geordnet sind, endet die Gemeinschaft im Chaos. Denn ohne diese Klarheit kann das heranwachsende Kind seine Identität nicht finden – ein Zustand, der ein ganzes Leben lang, aber vor allem im Alter Probleme macht. Psychologen vermuten sogar, dass die oft besonders intensive Pflegebedürftigkeit alter Menschen damit zusammenhängt, dass sie als Säuglinge zu wenig Fürsorge und Zuwendung bekommen haben. Dann holt der Mensch als 80-Jähriger nach, was er am Anfang seines Lebens nicht erfahren hat.
Wie das Kind in der Patchwork-Familie, so brauchen auch alte Menschen einen festen Platz und vertraute Bezugspersonen. Wo dies nicht vorhanden ist, versinken die Alten in einer Beziehungslosigkeit, die dem Leben den Sinn nimmt. Die Ursachen dafür liegen meist weit zurück – in Lebensphasen, in denen die Menschen offenbar keine oder nur wenige Beziehungen hatten oder diese ungeordnet waren. Es lässt sich nicht beweisen, ist aber denkbar: Demenz könnte der späte Ausdruck früherer Unklarheiten sein. Wer es nie gelernt hat, in Beziehungen zu leben, und nicht wusste, wo man seinen Platz hat, für den ist das Dilemma im Alter fast unvermeidbar.
Unter diesem Aspekt verliert auch die inzwischen deutlich höhere Lebenserwartung an Wert, weil das Sterben nur zeitlich hinausgezögert wird. Das längere Leben ist dann ein äußerlicher Prozess – ziemlich freudlos, ohne neu gewonnene Würde, ohne spirituelles Wachstum. Der Leib bekommt ein paar Jahre geschenkt und wird versorgt, doch die Seele erhält keine Nahrung und verkümmert. Um den Vorteil eines längeren Lebens wirklich zu nutzen, müssen sich die Menschen frühzeitig darauf vorbereiten, und zwar indem sie sich einen vernünftigen Lebensrhythmus
und eine spirituelle Grundhaltung schaffen und Beziehungen bewusst pflegen. Das ursprüngliche Familienmodell mit Vater, Mutter, Kindern und Großeltern wird von Traditionalisten gerne verklärt. In der Rückschau idealisieren sie eine »heile Welt«, die es aber so nicht gab. Doch diese Familien besaßen meistens eine Beziehungsstruktur, die allen geholfen hat, ihr Leben zu gestalten.
Barbara und ihre vier Nachnamen
Das Mädchen kam in Berlin zur Welt und wurde auf den Namen Barbara Hegenberger getauft. An der Freien Universität studierte sie später Psychologie und heiratete ihren Kommilitonen Hans Schmidt. So wurde aus »Babsi«, wie sie ihre Freunde nannten, Barbara Hegenberger-Schmidt. Nach drei Jahren machte sich der Ehemann allerdings aus dem Staub und Barbara fand bei einem polnischen Adeligen neues Glück. Der Mann trug den Doppelnamen Kraczowek-Czipolinsky. Angeblich entstammte er einem alten Raubritter-Geschlecht. Barbara heiratete ihn – und stand mit ihrem neuen Nachnamen bereits kurz vor dem Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde. Denn sie hieß jetzt Barbara Hegenberger-Schmidt-Kraczowek-Czipolinsky. Leider ging die Ehe nach vier Jahren in die Brüche.
Doch damit war die Odyssee noch nicht zu Ende: Vor einem Vierteljahr feierte Babsi mit ein paar Freundinnen in einem italienischen Restaurant den »Girl’s Day« – und dabei erwischte sie ein bisschen zu viel Prosecco. Gegen Mitternacht kam es jedenfalls drunten im Heizungskeller zu einem Techtelmechtel mit dem charmanten Pizzabäcker. Und seitdem ist die Barbara
schwanger. Albertini heißt der künftige Vater, und man darf gespannt sein, ob das Kind dann den Nachnamen Hegenberger-Schmidt-Kraczowek-Czipolinsky-Albertini tragen wird oder ob die werdende Mutter doch wieder zur Vernunft kommt.
Ein Erlebnis in der Toskana, wo Barbara kürzlich das Seminar »Suche deinen inneren Schmetterling« besuchte, hat sie jedenfalls nachdenklich gemacht. Als sie bei ihrer Ankunft in einem Hotel in Florenz an der Rezeption fragte, ob es noch freie Zimmer gebe, nickte der Portier und schob ihr ein Stück Papier hin. »Hier schreiben bittä Namen«, radebrechte er – und Babsi kritzelte in Blockbuchstaben aufs Papier:
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