Ich bin dann mal alt
antwortete Franz auf die unerwartete Sinnfrage des Lebens, »Sie stellen vielleicht Fragen! Wer bin ich? Darüber zermartere ich mir seit Jahren den Kopf und komme auf kein Ergebnis.«
Der Wirt schaute den Franz ganz erschrocken an. Der aber grübelte weiter vor sich hin und setzte dann das Gespräch fort: »Wer bin ich wirklich? Ich bin ein Mensch mit einem vergänglichen Leib, aber mit einer unsterblichen Seele. Wer weiß, wie oft ich wegen meines Karmas schon wiedergeboren wurde; und was ich früher auf der Welt gewesen bin – vielleicht ein Rhinozeros in Afrika oder ein Eichhörnchen im Nachbargarten?«
Jetzt schaute der Wirt selbst wie ein Eichhörnchen, wenn es
donnert. »Ich wollte doch bloß wissen, wo Sie herkommen«, entschuldigte er sich bei seinem unbekannten Besucher. Auweh! Mit dieser Frage hatte er schon wieder mitten ins spirituelle Zentrum des Gastes hineingetroffen.
»Wo ich herkomme?«, sinnierte der Franz erneut und richtete seinen Blick hinauf zur Decke. »Wenn ich das wüsste, säße ich nicht hier, sondern wäre Professor und hätte den Nobelpreis bekommen, weil ich dann die Welt enträtselt hätte.« Wer bist du, wo kommst du her? Der Wirt beendete daraufhin den philosophischen Höhenflug seines Gastes mit einer ganz grobstofflichen Frage: »Willst ein Bier?«
Über Franz’ gequältes Gesicht ging ein entspanntes Lächeln. Dann stellte der Wirt ihm eine frische Halbe auf den Tisch – und der Franz spülte seine ungeklärten Fragen über das Woher und Wohin mit einem kräftigen Zug aus dem Bierglas hinunter. Ja, ein kühles Bier kann manchmal sogar den stärksten Wissensdurst nach existenziellen Fragen löschen.
Freude an der Arbeit
Für die meisten erscheint Arbeit als furchtbare Last. Aber man darf die Arbeit nicht als Arbeit empfinden, sondern als Selbstverständlichkeit, die zum Leben gehört.
Lindenwirtin Josefine Wagner
Viele Menschen haben ein falsches Verhältnis zum Beruf und zur Arbeit. Einerseits gibt es die Sehnsucht nach einer erfüllenden Tätigkeit, andererseits empfinden viele die Arbeit als stressig, als zu anstrengend und schlecht bezahlt. Ärger mit dem Chef und mit Kollegen, Mobbing, Überstunden, nicht selten auch Schichtarbeit in der Nacht oder am Wochenende – kein Wunder, dass sich immer mehr berufstätige Frauen und Männer den Ruhestand herbeiwünschen. Sie sehen in ihrer Arbeit keinen Sinn mehr; allein die finanzielle Entlohnung zwingt sie weiterzumachen. Viel zu selten trifft man noch Menschen, die mit Begeisterung ihre Arbeit verrichten und sich morgens freuen, wenn sie in ihre Firma gehen.
Was die Arbeit oft als sinnlos und bedrückend erscheinen lässt, ist die Fremdbestimmtheit: Der Mensch fühlt sich nur noch als Teil eines anonymen Räderwerks, das möglichst störungsfrei und effizient laufen soll. Das entfremdet ihn von der eigentlichen Aufgabe, die er nicht mehr in ihrer Ganzheit überschaut. Sie ist durchorganisiert bis ins letzte Detail und alles zielt allein aufs materielle Endprodukt. Mit dieser Fixierung auf das reine Ergebnis ist die Arbeit leider kein sinnvoller Bestandteil mehr im Lebensrhythmus des Menschen. Viele erledigen ihren Job, ohne dazu eine innere Beziehung zu haben. Im Finanz- und Bankgeschäft ist diese Beziehungslosigkeit besonders ausgeprägt.
Arbeit und Beruf sind wichtig, weil wir Menschen damit in erheblichem Maß unser Leben gestalten. Deshalb ist es ein Irrweg,
diesen Bereich aus unserem Leben herauszulösen und ihn ausschließlich unter die Gesetze von Optimierung und Effizienz zu stellen. Dieser verhängnisvolle Bruch führt dazu, dass die Menschen Arbeit nur noch als Geldbeschaffung empfinden – für sich selbst oder für ihre Firma.
Dabei ist Arbeit ein geistiger Prozess, in dem sich der Mensch in seiner Persönlichkeit entwickeln und entfalten kann. Der Wert der Arbeit liegt vor allem darin, dass sie für den Menschen eine Chance ist, seine Fähigkeiten schöpferisch zu verwirklichen. Durch die Zusammenarbeit mit Kollegen, zu denen wir Beziehungen aufbauen, können wir uns auch sozial entfalten. Das Miteinander in der Werkstatt, der eigene verantwortungsbewusste Beitrag zum Ganzen, das Gespräch mit anderen, das Ausruhen in der Pause – wer Arbeit richtig versteht, erhält dafür einen Lohn, der nicht nur aus Geld und Urlaub besteht. Dass dann sogar besser, fehlerfreier und effizienter gearbeitet wird, weisen viele Untersuchungen nach. Und weil nicht alle Mitarbeiter die gleichen Fähigkeiten besitzen, muss
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