Ich bin dann mal alt
sich ein Team gut aufeinander einstellen und auf Schwächere, Langsamere, Eigenbrötler, vielleicht auch auf Jähzornige oder Drückeberger Rücksicht nehmen. Das erfordert Kreativität und Gemeinsinn – wenn wir solche Werte entwickeln und Schwierigkeiten bewältigen, können wir in unserer Arbeit einen Sinn erfahren. Tarifliche Regeln und eine exakt vorgeschriebene Organisation reichen meist nicht aus, um Störungen und Fehler zu verhindern.
Eine Folge der zunehmenden Entfremdung von der Arbeit ist auch, dass manche Menschen ständig die Firma wechseln. Wenn Geld und Karriere wichtiger sind als die Erfüllung in der Arbeit, dann ist das Angebot, woanders ein paar Euro mehr zu verdienen, für Berufsnomaden verlockend genug, um weiterzuziehen. Diese raschen Wechsel scheinen auch niemanden zu beunruhigen, denn die Austauschbarkeit von Mitarbeitern ist
längst zum Normalfall geworden. Den meisten Menschen ist gar nicht mehr bewusst, dass sie wie Schachfiguren hin- und hergeschoben werden. Der Selbstwert des Einzelnen scheint keine Rolle mehr zu spielen und sein Gefühl für eine sinnvolle Tätigkeit wird mehr und mehr zerstört.
Die Rentner könnten sich zurücklehnen und sagen: »Na gut, so war es auch bei mir. Aber jetzt ist Gott sei Dank alles vorbei, weil ich diese unerfreuliche Arbeitsphase endlich hinter mir habe«. Doch dabei vergessen sie, dass die frühere Einstellung zur Arbeit falsch war und dass die Spätfolgen auch in den Ruhestand hineinwirken. Wer die Arbeit während der Berufszeit materiell überbewertet hat, läuft Gefahr, im Alter gierig und geizig zu werden, alle möglichen Gegenstände anzusammeln in der Annahme, dass er sie eines Tages vielleicht brauchen kann. Es sind allein materielle Interessen, von denen sich solche Menschen im Alter leiten lassen. Ihr Leben hat keine geistige Perspektive, weil sie erstarrt und gefangen sind in ihrer Ausrichtung auf Äußerlichkeiten. Geld, das Auto, der Urlaub, die Rundum-Versicherung des Lebens – mehr scheint sie nicht zu interessieren! Sie beschäftigen sich fast nur mit sich selbst, mit ihrer finanziellen Sicherheit und ihrer Angst vor Krankheiten. Vielen fällt dabei gar nicht auf, dass sie ihr früheres Leben, in dem sie wegen der sinnentleerten Arbeit keinen guten Rhythmus finden konnten, im Alter unverändert fortsetzen – bloß mit dem Unterschied, dass sie nicht mehr ins Büro oder in die Werkstatt gehen müssen, um Geld zu bekommen, aber ansonsten bleibt alles gleich.
Um dieser Enttäuschung zu entgehen, sollte der Mensch bereits in seiner aktiven Berufszeit anders leben und frühzeitig seine Einstellung zur Arbeit überdenken. Doch auch im Alter ist es dafür nicht zu spät. Die Beschäftigung mit geistigen Dingen, äußere und innere Bewegungen und der Aufbau neuer Beziehungen können helfen, von der einseitigen Überbetonung materieller
Güter loszukommen. So kann der Mensch seinem Leben eine neue Perspektive geben. Ohne diese spirituelle Haltung wird das Alter unerträglich.
Blumentöpfe für die armen Seelen
Das Leben der Nonne Leonarda war geprägt von der Hingabe an Gott und die Menschen. Sie hat mit Freude gelebt und ist mit Heiterkeit gestorben.
Bis ins hohe Alter arbeitete Schwester Leonarda in der klösterlichen Landwirtschaft. Als ihre Kräfte nachließen – sie war schon weit über 80 –, arbeitete sie immer noch im Garten. Vor dem Gartenhaus sah man sie oft mit einer großen Wanne voll Wasser sitzen – darin alte Blumentöpfe, die sie voller Hingabe mit einer Wurzelbürste schrubbte. Dabei pfiff und sang sie. Und wenn sie einen Topf fertig geputzt hatte, stellte sie ihn zum Trocknen in die Sonne und sagte im Selbstgespräch : »98 arme Seelen … 99 arme Seelen … 100 arme Seelen. «
Als sie von einem Besucher gefragt wurde, was sie da mache, antwortete Leonarda: »Ich habe mit Gott einen Vertrag: Jedes Mal, wenn ich einen Blumentopf sauber gewaschen habe, wird Gott, der Herr, eine Seele aus dem Fegefeuer erlösen. Heute sind es schon 104.«
Beziehungen im sozialen Engagement
Es ist im Leben wichtig, dass man mit allen Menschen gut auskommt. Das schont die eigenen Nerven. Aber du kannst nicht mit jedem gut auskommen, dann musst du weggehen.
Lindenwirtin Josefine Wagner
Millionen Menschen aller Altersgruppen engagieren sich landauf, landab freiwillig für gemeinnützige Ideen. Auch für ältere Menschen kann ein soziales Engagement zu einer echten Bereicherung ihres Lebensabends werden, weil sie etwas sehr Sinnvolles
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