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Ich bin dann mal offline

Ich bin dann mal offline

Titel: Ich bin dann mal offline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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die an der Universität Köln unter anderem zu sozialen Beziehungen im Internet und Sex im Netz forscht: »Das Internet verursacht keine Untreue an sich«, sagt sie in einem Interview mit einer Frauenzeitschrift.
    »Dahinter stecken vielmehr unbefriedigte Wünsche beziehungsweise ungelöste Konflikte in der Partnerschaft. Die hat es auch schon vor dem Internet gegeben. Dazu kommt der allgemeine Trend, dass viele in einer Beziehung lebende Menschen das Gefühl haben, dass es noch einen besseren Partner für sie geben könnte.« Trotzdem wird die Fremdgeh-Logistik durch Internet und Handy erheblich vereinfacht. Wer sich auf der Weihnachtsfeier mit jemandem aus dem Kollegenkreis einlässt, hat sofort Mitwisser, wer sich per Festnetztelefon verabreden muss, fliegt viel leichter auf. Bei Affären, die im Internet beginnen (oder vielleicht sogar komplett dort stattfinden), ist es deutlich einfacher, im Geheimen zu operieren. »Wichtig ist heute, das Internet in die Partnerschaft miteinzubeziehen. Definieren Sie auch für das Netz Regeln«, rät die Psychologin deshalb. »Wo beginnt für Sie Untreue?
    Chatten, Kontakte über Communitys oder reale Treffen mit Sex -all das sollten Sie in Ihrer Beziehung ansprechen.«
    Dass nicht einmal Betrug im Spiel sein muss, damit das Internet für Ärger in der Beziehung sorgen kann, musste der amerikanische Rockstar John Mayer erfahren, der eine Zeitlang mit der Schauspielerin Jennifer Aniston liiert war und in einem Playboy-Interview Folgendes über die Trennung zu Protokoll gab: »Einer der größten Unterschiede zwischen uns war, dass ich Twitternutzer war und sie nicht. Es gab ein Gerücht, dass sie mit mir Schluss gemacht hätte, weil ich zu viel Zeit mit Twitter verbracht hätte. Das war es nicht, aber es war ein signifikanter Unterschied. Ihr Erfolg kam vor ( ... ) Twitter, und ich glaube, sie hofft immer noch, dass alles wieder so wird wie 1998. Wenn ich mich mit einer neuen Technologie beschäftigte, sah sie das immer als Konkurrenz, als Ablenkung meiner Liebe. Und ich sagte immer: Das sind die neuen Regeln ... «
    Tag 37 Mein erstes @
    Mein alter Freund Tobias kommt für 36 Stunden in die Stadt. Was insofern bemerkenswert ist, als er inzwischen seit drei Jahren in Brasilien lebt. Als Unternehmensberater ist er auf Effizienz getrimmt und hat vier Bewerbungsgespräche in straffer Folge vereinbart, als freiberuflicher Journalist und Strohwitwer bin ich so ziemlich das Gegenteil und froh, dass ich es vor seiner Ankunft schaffe, die Gästematratze neu zu beziehen und den Kühlschrank einigermaßen anständig zu befüllen. Als er mittags vom Flughafen kommt, hängt er -nachdem wir uns freudig begrüßt haben als allererstes sein Blackberry an die Steckdose. Ich habe ihm schon am Telefon von meinem Selbstversuch erzählt und frage ihn natürlich sofort aus -zum Beispiel, ob sich jemand wie er ein Leben ohne Smartphone und mobiles Internet überhaupt noch vorstellen kann. »Es ist für mich schon sehr wichtig geworden«, sagt er. »Es gibt mir am Wochenende zum Beispiel die Freiheit, mit meiner Freundin auf den Flohmarkt zu gehen, anstatt zuhause zu bleiben und auf eine wichtigeMail warten zu müssen.« Versklavt fühlt er sich durch das Gerät nicht -schließlich sei es ja seine Entscheidung, ob er es mit an den Strand nehme oder wie schnell er eingehende Mails tatsächlich beantworte. »Das Blackberry ist aber auch oft eine reine Zeittotschlagmaschine und die Effizienz nur eine scheinbare«, gibt er zu.
    »Manchmal stehe ich am Flughafengate oder schon im Finger in der Schlange der Passagiere und lese noch bis zum letzten Moment des Einsteigens Online-Nachrichten. Aber ist es für mich in diesem Moment wirklich eine relevante Information, wenn ich in Sao Paulo davon lese, dass bei einem Brand in Saarbrücken eine Familie getötet wurde? Oder sind solche Nachrichten auch nur Ablenkung
    -und ich könnte genauso gut aus dem Fenster starren oder Däumchen drehen?«
    Tobias und ich haben uns vor etwas mehr als 15 Jahren durch Zufall kennengelernt, als wir beide mit Rucksäcken behängt durch Kalifornien reisten und beschlossen, einen Teil unserer Route gemeinsam fortzusetzen. Es handelte sich damals gewissermaßen um den Vorabend der digitalen Revolution und ich erfuhr auf dieser Reise zum ersten Mal von einer spannenden und verrückten Sache namens »Internet«. Ich erinnere mich noch genau, wie Tobias und ich uns nach einigen gemeinsam zurückgelegten Küstenkilometern, nach geteilten

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