Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg
heißt.
Schnabbel heißt also Ingeborg! Wo er sie denn gelassen habe, will ich wissen. Er zuckt nur mit den Schultern: »Keine Ahnung!? Irgendwann haben mich die Streitereien der beiden so genervt, dass ich sie einfach habe stehen lassen!«
Der Bodenseepilger bleibt sich selber treu, indem er mir wieder einmal ein selten dämliches Gespräch aufzwingt. Bei einem Kaffee will er besorgt herausfinden, was ich denn mit dem kleinen Jungen wolle, mit dem ich jetzt neuerdings unterwegs sei?
»Was für ein kleiner Junge?«, quetsche ich überfordert heraus.
»Na, der kleine Junge mit den roten Stoppelhaaren und dem Fußball-T-Shirt!« Wo ich denn den aufgegabelt hätte, der sei doch höchstens zwölf, gell?
O Gott, er meint Anne! Von weitem sieht Anne wahrscheinlich aus wie ein kleiner Junge. Na großartig! Jetzt denken also alle, ich bin mit einem Kind unterwegs. Der Bodenseepilger schaut mich skeptisch nachforschend an und ich erkläre: »Das ist eine gute Freundin.« Ein Määädchen? Wie ein Mädchen sehe das Kind aber nicht aus, insistiert er.
»Ja, ein Mädchen«, wiederhole ich leicht genervt, »und das Mädchen ist dreiundvierzig.« Das aber will er mir partout nicht glauben, denn er sei ja schließlich nicht blöd. Zum Glück besitzt Anne ein Gespür für perfektes Timing und steht wenig später hungrig in ihrem Lieblingshemd vor uns, sodass ich mit dem Finger auf sie zeigen kann: »Da bitte! Das ist der kleine Junge!« Thomas läuft knallrot an und sucht alsbald das Weite. Als ich Anne die drollige Geschichte erzähle, bekommt sie wieder einen ihrer nicht enden wollenden Lachanfälle und verschluckt sich mehrmals, während sie dabei mit ihrem nach vorne schaukelnden Kopf immer wieder fast auf die derbe Tischplatte zu knallen droht. Der Morgen endet gut und genauso gut fängt der gerade anbrechende Vormittag an. Denn eine Pointe jagt die nächste. Ich weiß, es gibt nichts Langweiligeres, als einen Witz zu erklären, aber ich versuche es jetzt mal. Um die Pointe zu knacken, muss man im Idealfall Spanisch und Englisch beherrschen.
Pilgerweggefährten
Also: Eine knallrote junge Amerikanerin betritt fix und fertig die Pilgerstube. In der argentinischen Gruppe freut man sich über die Ankunft des Mädchens und eine der Frau en springt beherzt auf und läuft ihr entgegen. Die Amerikanerin spricht offensichtlich ein bisschen Spanisch und die Argentinierin kann sich ihrerseits mit Englisch über Wasser halten. So ist die nun folgende Konversation ein Mix aus den beiden Weltsprachen. So und jetzt ganz langsam!
Die Argentinierin streichelt der Amerikanerin sofort zärtlich über den Bauch und fragt auf Englisch: »How is the baby?« – Wie geht’s dem Baby?
Die Amerikanerin ist total verwirrt und fragt zurück: »Baby?« – Welches Baby?
Die Argentinierin sagt: »But you said to me in Spanish: Estoy embarazada!« – Aber du sagtest doch zu mir auf Spanisch, du seiest schwanger.
Die Amerikanerin bestätigt auf Spanisch: »Sí! He dicho: Estoy embarazada.« – Ja, ich habe gesagt: Ich bin schwanger.
Dann fragt die Argentinierin etwas verwirrt zur Sicherheit in Englisch nach: »So you are embarassed?« Eigentlich wollte sie aber auf Englisch sagen: Du bist also schwanger? Auf Englisch bedeutet »embarassed« aber bekanntlich peinlich berührt.
Die Amerikanerin verzieht das Gesicht und kapiert endlich: »Ah! I thought embarazada means embarassed!« – Ach! Ich dachte embarazada heißt peinlich berührt!
Und die Argentinierin versteht aber: Ach! Ich dachte schwanger heißt schwanger! Und hält die Amerikanerin, ohne ihre eigene Unfähigkeit auch nur zu wittern, jetzt für eine komplette Idiotin.
Danach gehen die beiden vollkommen irritiert auseinander und reden kein Wort mehr miteinander. Anne und ich schütten uns bis zum Mittag über diesen Vorfall vor Lachen aus und unser Runninggag ist geboren. Herrlich! In den beiden Originalsprachen ist es ein garantierter Knaller. Während Anne und ich uns gegenseitig unsere komischsten selbst erlebten Geschichten beichten und dabei kichern, husten und heulen, steht irgendwann Sheelagh mit hochrotem Kopf in der Tür und wir brüllen nur: »Hi, Sheelagh, how ist the baby?« Als sie dann wie erwartet ganz konfus »... Baby?«, antwortet, ist unser Runninggag-Glück perfekt.
Sheelagh hat einen harten Wandertag, der früh um sechs begonnen hat, hinter sich. Sie freut sich dennoch über die Maßen, uns wiedergefunden zu haben. Leicht bedröppelt
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