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Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Titel: Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hape Kerkeling
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wie vor meistens den Namen des Ehepartners an? Was ist das anderes als das öffentliche Bekenntnis zur eigenen Sexualität und das klare Geständnis: Damit ihr es jetzt alle wisst, wir schlafen zusammen! Ätsch!
    Die CSU gehört von Amnesty International wenn nicht auf die schwarze, dann aber doch auf eine schöne dunkelgraue Liste gesetzt.
    Auch die Art und Weise, wie die katholische Kirche mit Homosexualität und vielen anderen wichtigen Themen nicht umgeht, ist unmenschlich und geprägt von skandalöser Doppelmoral.
    Ich weiß, dass ich mich mit meiner natürlichen Neigung in völligem Einklang mit der Welt und mir befinde! Also warum sollte ich mich von irgendwem in die Disharmonie zwingen lassen, etwa weil ein katholischer Gott will, dass ich und mit mir unzählige Millionen von Menschen todunglücklich und unnatürlich werden? Glauben die ernsthaft, dass Gott genauso kleingeistig und ideologisch wie sie selber ist? Wer andere zu unnatürlichem Verhalten zwingen will, kann selber auch keine Natürlichkeit verkörpern.
    Alte Männer in wallenden Seidengewändern mit teuren rot und violett schimmernden Samtapplikationen wollen aus mir machen, was sie selber nicht sind: einen Cowboy! Das ist vor allem eins, lächerlich.
    Wann endlich sieht ein Papst ein, dass eine frohe Botschaft nun mal kein Knebelvertrag ist! Dennoch gibt es eine amüsante Parallele zwischen der schwulen Subkultur und der katholischen Kirche; nirgendwo sonst im Abendland gibt es nach wie vor eine so strikte Geschlechtertrennung. Es gibt innerhalb dieser beiden kleinen Gesellschaften entweder nur reine Frauen- oder Männerzirkel.
    Ich kann schlussendlich nur einen Standpunkt einnehmen: Jede These, welche von Diktaturen unterstützt oder aufgestellt wurde, ist unmenschlich und führt ins Verderben!
    Und jede Autorität, die glaubwürdig für Menschlichkeit und Frieden global eintreten will, muss jede einzelne dieser Thesen gänzlich verurteilen.
    Mann, bin ich wütend! Ich haue die Süddeutsche in die Tonne, dabei bin ich gar nicht auf meine Zeitung wütend. Trotzdem, das ist die erste und letzte deutsche Zeitung auf dem Weg, denn selig sind die Sanftmütigen!
    Heute habe ich übrigens auch noch Namenstag. St. Johannes wird in Burgos ganz groß gefeiert, da er der Schutzpatron der Stadt ist, glaube ich. Die ganze Stadt ist ein einziger leuchtender Zirkus, in das Licht von Fackeln getaucht. Später gibt’s dann noch ein Feuerwerk, welches ich leider nicht mitbekomme, weil ich die dämlichen Rollos in meinem Hotelzimmer nicht hochbekomme. Verbrenne mir fast die Finger beim Hochziehen, aber die Dinger bewegen sich kaum. Tja, mit dem Feuerwerk scheint es wie mit der Erleuchtung zu sein. Um das Feuerwerk der Erleuchtung zu sehen, muss man vielleicht auch nur die Rollos hochkriegen!?
    Heute Vormittag hat sich die Sonne spontan entschlossen, wieder gnadenlos auf das bereits ausgetrocknete Land herunterzubrennen. Bin zu spät, erst so gegen elf Uhr dreißig, in Burgos gestartet. Der Weg ist anstrengend und die karge Landschaft, die nur von mageren Birkenhainen unterbrochen wird, eintönig. Es sieht aus wie in Holland, nur ist Holland heute kurz vor dem Verglühen.
    Hab heute alle negativen Gedanken aufgegeben und abgegeben. Ich habe keine Lust mehr, mich hier mit ihnen zu belasten. Ich kann nur noch meinen Rucksack tragen, mehr nicht.
    In dieser Bullenhitze, bei dem Staub, der Lauferei und dem Durst kann man irgendwann auch eh gar nicht mehr anders.
    Nach nur elf zähen Kilometern bin ich mittlerweile in Tardajos angekommen und werde hier bleiben. Heute gibt es auch mal ein richtig nettes refugio , das eine ältere Frau zu einem wahren Juwel herausgeputzt hat. Die Betten bezieht sie jeden Tag frisch und mehr als vier Leute schlafen nicht in einem Raum. In meinem Zimmer bleibe ich sogar alleine.
     
     
    Abendstimmung  
     
    Morgen sollten es dann doch mal wieder zwanzig Kilometer werden. Mehr als zwanzig Kilometer kriege ich allerdings im Moment nicht mehr hin, sonst zwingt die Sommerhitze mich in die Knie. Alles, was darüber hinausgeht, macht mich so fertig, dass ich am darauffolgenden Tag nicht mehr weiterkann.
    Erkenntnis des Tages, frei abgewandelt nach Lore Lorentz:
    Meine Wut ist jung!

25. Juni 2001 – Hornillos del Camino und Hontanas
     
    Heute Morgen hänge ich in der saloonartigen Bar »Ruíz« in Tardajos ab und wäre beinahe gar nicht mehr losgelaufen. Habe zwar sehr gut im Haus der älteren Señora geschlafen, aber die Hitze und der

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