Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
nicht für Klaras Tod entschuldigt, sondern für den von Tamara. Die faire Chance bezog sich auf das nächste Opfer. Sam rief sich den Brief noch einmal ins Gedächtnis und glich die Daten ab. Es würde passen. Und das bedeutete, dass …
»Shirin, zeig mir noch einmal das Überwachungsvideo aus dem Café in Monroe, bitte.«
Shirin konnte seinem Gedankensprung nicht folgen, aber tat, worum er sie gebeten hatte. Er nahm ihr den Laptop aus der Hand und platzierte ihn auf seinen Knien. Wieder und wieder spielte er die Szene ab. Klara betrat das Café, ein paar Minuten später ging sie wieder hinaus mit einem großen Becher Kaffee in der Hand, bei dem es sich laut Kassenbon um einen Karamell-Macchiato gehandelt hatte. Klara betritt das Café, befindet sich vier Minuten und achtunddreißig Sekunden außerhalb der Kameraperspektive. Nachdem das Video zum zwölften Mal gelaufen war, klappte Sam sehr langsam den Laptop zu und reichte ihn Shirin. Sie blickte ihn fragend an, aber Sam war noch nicht bereit, ihnen seine Erkenntnis mitzuteilen. Erst musste er selbst damit klarkommen. Dass es nichts weiter gewesen war als ein Unfall. Eine dämliche Ölspur in einer Kurve. Dass ihm der Zufall Klara genommen hatte. Das Unglück. Kein Tom war mehr da, dem er die Schuld geben konnte, höchstens im übertragenen Sinne, weil er sie ohne eigenes Zutun dazu gebracht hatte. Weil Klara Sam unbedingt hatte überzeugen wollen, dass nur er diesen Fall lösen konnte. Deshalb hatte sie seinen Namen in Toms Profil auf seinem Computer geschrieben. Und deshalb hatte sie die Nachricht an Tom abgesetzt, auf die er niemals regiert hatte. Und weil sie keine Reaktion erhalten hatte, brauchte sie einen Plan B. Damit er, Sam Burke, endlich handelte. Damit er endlich das Versprechen brach, dass sie sich gegeben hatten, um für die Gerechtigkeit einzutreten. Klara hatte die Nachrichten selbst abgeschickt. Es hätten Nachrichten für ihn sein sollen. Damit er glaubte, dass Sam hinter ihr her war. Sam, du allein trägst alle Schuld.
Kapitel 48
Beacon, New York
Donnerstag, 11. Oktober
Der schwere Samtvorhang ließ ihr nur einen kleinen Spalt zum Beobachten. Die Zweifel konnte der Vorhang jedoch nicht abhalten, sie trafen sie mit voller Wucht. Es waren mehr Leute gekommen, als sie jemals wirklich gekannt hatte. Sie wusste nicht, ob sie ihr jemals vergeben würden, wenn alles herauskam. Sie hätte niemals erwartet, dass sich Sams Tränen so schmerzhaft anfühlen konnten. Sie war überzeugt gewesen, das Richtige zu tun. Jetzt nicht mehr. Immer wieder versuchte sie sich den Moment ihres Wiedersehens vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. Was würde sie sagen? Was konnte sie sagen, nachdem sie ihn so gesehen hatte? »Und den Engeln im Himmel rufe ich zu: Kommt aus euren Häusern!« Wenn dieser Satz grundlos ausgesprochen wurde, bedeutete er das Fegefeuer? Oder die Hölle auf Erden? »Hallo, Sam«, würde sie sagen. Was auch sonst? Welches Gefühl würde überwiegen? Unverständnis? Ungläubigkeit? Wut? Alles, nur keine Enttäuschung. Es war falsch. Und sie sah die Enttäuschung in seinen Augen und wusste, was kommen würde.
»Sie sind wach«, sagte die ruhige Stimme von Dr. Terence Linwood, dem Gerichtsmediziner von Orange County.
»Ich schlafe selten«, sagte Klara und richtete sich auf. Dafür träume ich umso mehr. Sie hievte ihr geschientes rechtes Bein von dem Schlafsofa. Ein Bänderriss, nicht weiter schlimm. Diese Woche sollte sie wieder ohne laufen können. Was würde sie dann tun? Ihre Lethargie wollte nicht verschwinden. Immer wieder sah sie die Beerdigung vor ihrem inneren Auge, Sams Trauer. Und die Angst, dass er ihr nicht verzeihen würde, wenn er jemals die Wahrheit herausfand. Sie hatte mehrfach mit Pia telefoniert, die in alles eingeweiht gewesen war. Die Einzige, die wusste, dass sie alles geplant hatte. Von der Anzeige in dem Hackermagazin, die sie niemals geschaltet hatte, über die Nachrichten aus dem Café in Monroe, die sie selbst abgeschickt hatte, bis zu der Ölspur. Sie hatte den Boss absichtlich von der Fahrbahn abkommen lassen und war im letzten Moment aus dem Wagen gesprungen, daher der Bänderriss. Sie war einfach nicht mehr in Form. Dabei war der Wagen nicht einmal besonders schnell gewesen. Sie hatte sogar mit etwas Benzin nachhelfen müssen, damit er in Brand geriet. Dann der Sarg mit dem Brandopfer, den Dr. Linwood besorgt hatte, ihre verkohlte Kette. Alles in allem keine zirkusreife Vorstellung, aber immerhin
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